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„Elvis Tribute Artist World Tour“Elvis verteilt Küsschen in der Kölner Philharmonie

Lesezeit 3 Minuten
Emilio Santoro als junger Elvis.

Emilio Santoro als junger Elvis.

Gleich drei Elvis-Darsteller brachten die größten Hits des Kings auf die Bühne. Und gingen auf Tuchfühlung mit dem Publikum.

Vor Erregung in Ohnmacht fällt ersten Erkenntnissen nach niemand an diesem Abend. Wenn sich der gutaussehende Brite Emilio Santoro als junger Elvis seines gold-glitzernden Jacketts entledigt, der Schweiß seine nackte Brust herunterläuft und er gefährlich häufig an seinem ebenfalls goldenen Hosenbund herumfummelt, dann ist das Philharmonie-Publikum dem freudigen Kollaps gefühlt schon lange nicht mehr so nah gewesen.

Die Hüfte kreist zum „Jailhouse Rock“, die Füße steppen zu „Blue Suede Shoes“ übers Parkett - und dann immer wieder diese verführerischen Blicke in die Reihen: Santoro beherrscht das Einmaleins des rebellischen Superstars, des Sexsymbols der 50er Jahre, im Schlaf. Er ist einer von drei Darstellern der „Elvis Tribute Artist World Tour“, die am Dienstag Premiere in der Philharmonie feierte.

Die Show kommt ohne große Moderation und auch ohne Bühnenbild aus. Sie ist weder Theater noch Musical. Wer die Geschichte von Elvis nicht kennt, wird sie auch nach der Show nicht kennen. Die Musik ist die Geschichte und steht für sich. Ein Konzept, das mit der Unterstützung der fünfköpfigen Band, vier Background-Sängerinnen und vereinzelt sechs Bläsern hervorragend aufgeht. Denn wie sich die Auftritte des „Kings“ im Laufe der Jahre verändert haben, spiegeln die drei Darsteller – allesamt mit unzähligen Auszeichnungen geschmückt - perfekt wider.

„Elvis Tribute Artist World Tour“: Küsschen für das weibliche Publikum

Und auch, wenn die Darsteller mit der Figur Elvis verschmelzen, so sind sie auf der Bühne immer noch sie selbst. „Wir werden ein paar Elvis-Hits zusammen singen. Alle 850. Wir werden bis nächste Woche hier sein“, scherzt Ben Thompson, der im schwarzen Leder-Jumpsuit den mittleren Elvis verkörpert. Thompson hat noch einmal eine Schippe mehr Power in der Stimme als Santoro. Er widmet sich schmachtend-zuckend den Hits des Live-Comebacks 1968, das Elvis nach seinem Ausflug in die Filmbranche und siebenjähriger Bühnenabstinenz beim Fernsehsender NBC gab.

Thompson steht zu „Heartbreak Hotel“ oder „Hound Dog“ breitbeinig-wippend auf der Bühne und spaziert Küsschen verteilend durch die Reihen. Am stärksten ist er, wenn nicht seine Bewegungen, sondern seine Stimme im Vordergrund steht. So wie zum Abschluss bei der Power-Ballade „If I Can Dream“, das die Philharmonie mit stehenden Ovationen quittiert.

Der zweite Akt gehört allein Shawn Klush, der die sogenannten Konzertjahre in den 70ern repräsentiert. Von „Elvis, The Pelvis“ (Elvis, das Becken) und seinem Hüftschwung ist nicht mehr viel übrig, das Ohnmacht-Potenzial schwindet, doch die Flirts mit den Zuschauerinnen sind geblieben. Die beschränken sich vor allem auf einen Stapel weißer Schals, der auf der Bühne bereitliegt. Klush schwitzt einen nach dem anderen voll und verschenkt ihn. Die eine findet’s großartig, die andere lässt das feuchte Stück Stoff peinlich berührt unter dem Sitz verschwinden.

Genau wie Thompson findet Klush seine besten Momente in den ruhigen Tönen. Begleitet vom Piano etwa bei „Bridge Over Troubled Water“, „Always on My Mind“ oder „Can’t Help Falling in Love“. „Vor 47 Jahren ist der größte Entertainer aller Zeiten von uns gegangen“, sagt Klush. „Das ist für dich.“

Wahre Liebe für den „King“

Hin und wieder fehlt es der Show aber an Schwung. Als es Klush gelingt, große Teile der Philharmonie mit einem der vielen Hits von den Sitzen zu reißen und sogar zum Mittanzen zu bewegen, gönnt sich der „alte“ Elvis erstmal eine ausgiebige Trinkpause. Als er weitermacht, sitzen alle wieder.

Der Begeisterung des Publikums schadet das in Summe nicht. Die Elvis-Fans fühlen sich zurückversetzt in die 60er und 70er Jahr und sind dadurch ganz offensichtlich völlig aus dem Häuschen. Die Begeisterung schwappt vor allem deswegen über, weil man den Darstellern die Liebe und die Bewunderung für ihr großes Idol zu jedem Zeitpunkt abkauft. Selten dürfte der Mitwipp-Faktor in der Philharmonie größer gewesen sein. Man muss ja nicht immer gleich in Ohnmacht fallen. Der „King of Rock'n'Roll“ funktioniert fünf Jahrzehnte später auch gut im Sitzen.