EhrenamtspreisDer Kölner Jugendring verfechtet die Stimme junger Menschen in der Stadt

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Zwei Jugendliche stehen auf einer Bühne,

Auf dem Demokratiefestival des Jugendrings können jungen Menschen mit Politikerinnen und Politikern sprechen.

Der Verein erklärt Jugendlichen wie sie Köln mitgestalten können und vertritt sie im Jugendhilfe-Ausschuss. Dafür zeichnete die Stadt ihn mit dem Ehrenamtspreis 2024 aus.

„Klick“ nennt sie den Moment, der sie für ihr Ehrenamt entlohnt. „Manchmal kannst du den Jugendlichen ansehen, wenn sie verstehen, dass sie mitbestimmen können“, erklärt Julia Körfgen euphorisch. „Krass!“, würden die dann oft sagen. Der Verein Kölner Jugendring setzt sich mit zahlreichen Aktionen dafür ein, dass junge Menschen überhaupt wissen, was sie in ihrer Kommune bewegen können. Dank drei Stimmen im Jugendhilfeausschuss der Stadt verfechtet der Verein außerdem Rechte von Kindern und Jugendlichen in der Lokalpolitik. Für seine demokratiefördernde Arbeit wird der Jugendring mit dem Ehrenamtspreis „Köln Engagiert 2024“ ausgezeichnet. 

Körfgen ist eine der Stimmen im Ausschuss und Teil des Vereinsvorstandes: „Wir machen Arbeit mit jungen Menschen, damit wir deren Meinung einholen können und schlagen dann die Brücke in die Politik“, erklärt die 23-Jährige ihr Ehrenamt. „Wir machen die Lobbyarbeit für Kinder und Jugendliche in der Stadt.“ Der Verein ist ein  Zusammenschluss von insgesamt 22 Jugendverbänden und -organisationen aus Köln. Zielgruppe seiner Arbeit sind Menschen im Alter von sechs bis einschließlich 27 Jahren. 

Das Demokratiefestival „Turn Up in CGN“ ist eines der besonders prominenten Aktionen des Vereins. Hier können Gäste mit Politikerinnen und Politikern aus Bundes-, Landes- und Kommunalpolitik ins Gespräch kommen. „Der Jugendring will Räume schaffen, in denen Politik mal auf junge Menschen zugeht und nicht andersrum. Auf dem Festival können sie zum Beispiel einfach mal mit der Oberbürgermeisterin quatschen“, erklärt Andrej Braun (39) aus dem Jugendring-Vorstand und Ausschuss-Stimme. Auf dem Pariser Platz in Chorweiler fand das Festival im vergangenen Jahr statt, dieses Jahr steigt es in Porz. „Wir versuchen immer in eher prekäre Viertel zu gehen“, sagt Körfgen. 

Katarina Barley und zwei Jugendliche sitzen auf einer Treppe.

Für Erstwählerinnen und Erstwähler organisierte der Jugendring vor den EU-Wahlen ein Event, bei dem Jugendliche Spitzenkandidatin Katarina Barley ihre Fragen stellen konnten.

Köln will kinderfreundliche Kommune werden 

Politikverdrossenheit bei Jugendlichen? „Meine Erfahrung ist, wenn man mehr Transparenz in Kölner Politik bringt, haben junge Menschen schon Lust, sich einzubringen“, erklärt die Ehrenamtlerin. Oft entstehe Frustration, wenn Jugendliche sich für konkrete Projekte wie Skateboard-Rampen oder Sportplätze einsetzen, und diese erst Jahre später realisiert werden. Aufklärung über politische Prozesse, sowie deren Aufwand und Dauer, mildere diesen Effekt ab, erklärt Braun. „Die Dinge kommen eben nicht vom Himmel gefallen“, sagt er.

Köln hat das Siegel kinderfreundliche Kommune inne. Was bedeute, dass die Stadt sich in dieser Hinsicht auf den Weg gemacht hat. Baustellen gibt es laut dem Ehrenamtler genug. Freiräume für junge Menschen in der Öffentlichkeit sei eine davon. „Das ist ein riesengroßes Defizit. Es gibt weniger Förderungen für Jugendtreffs, die Turnhallen sind kaputt und die Sportplätze marode.“ Das Geld fehle in den Jugendeinrichtungen, auch für sie sind die Kosten in letzten Jahren gestiegen. Strom und Personal seien ohne genügend Förderung nur schwer zu finanzieren.

Auch, dass Jugendliche von öffentlichen Plätzen verdrängt werden, sieht er kritisch. „Wo sollen sie nach 10 Uhr hin? Vom Brüsseler Platz wird man dann zum Beispiel verjagt.“ Auch die Rheintreppe sei so ein Fall: „Da haben wir für viel Geld diese Treppe gebaut, damit die Leute sich da hinhauen können. Und dann heißt es ‚Aber mit Shisha und Musikbox nicht‘. Bestimmte Zielgruppen werden also verjagt und meistens trifft es junge Menschen. Dann brauchen wir so einen ‚Ort für alle‘ nicht bauen.“

Finanzielle Mittel für Jugendhilfe in Gefahr

Rosig sehen die Aussichten für die Förderung von Jugendeinrichtungen nicht aus. Im Jugendhilfeausschuss sei die Aufstellung des kommunalen Haushalts für 2025/26 gerade dominierendes Thema, erklärt Körfgen. Und der fällt knapp aus. „Im Ausschuss geht es jetzt viel darum, dass eben nicht bei der Jugendarbeit gekürzt wird, weil sie sehr wichtig ist, weil es dabei um die Zukunft geht.“ Auch der Fachkräftemangel in Kitas und im Offenen Ganztag beschäftige die Mitglieder. Vor allem mit Blick auf den Rechtsanspruch auf einen Ganztagsplatz ab 2026. 

Die „Lobbyarbeit“ des Vereins, sei etwas ganz Besonderes. „Es ist nicht typisch, dass Vereine wie wir in Ausschüssen sitzen“, erklärt Braun. „Erkämpft und erstritten“ wurden die drei politischen Stimmen des Jugendrings. Damit hat der Verein genauso viele Stimmen wie die vertretenden Wohlfahrtsverbände, der sogenannten „Liga“. Insgesamt gibt es 15 Stimmen. 

Tugba Tekkal und Toni Schumacher stehen nebeneinander.

Tugba Tekkal und Toni Schumacher freuen sich über die Patenschaft für den Ehrenamtspreis.

Gerade in heißen Phasen, wie der aktuellen Haushaltsdebatte, sei ihr Ehrenamt besonders zeitaufwendig, erklärt Körfgen. „Das sind echt viele Termine, oft auch abends. Manchmal tagen wir schon vorher untereinander und besprechen die Tagesordnung. Alleine sich die durchzulesen kann schon Stunden dauern.“

Stunden, die es allemal wert sind, wenn es nach den beiden Ehrenamtlern geht. Eines ihrer nächsten politischen Ziele für mehr Mitbestimmung junger Menschen steht laut Braun fest: „Dass Jugendliche unter 18 in der EU wählen dürfen, war ein großer Erfolg. Das wollen wir auf allen anderen Ebenen schaffen, auch auf der kommunalen.“