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Immer ans Kino-Comeback geglaubtDie Macher über das Film Festival Cologne

Lesezeit 4 Minuten
Richter Hensen

Direktorin Martina Richter und Programmchef Johannes Hensen. 

Köln – Für „Pan Tau“ gibt‘s schon keine Karten mehr, und überhaupt läuft der Vorverkauf fürs Film Festival Cologne (1. - 8.10.) nach Auskunft der Macher gut. Dabei hatte Corona zur Absage von Cannes, zu Drehstopps und Kinoschließungen geführt. Wann wussten Direktorin Martina Richter und Programmchef Johannes Hensen, dass ihr Festival stattfinden würde? „Eigentlich von Anfang an“, sagt Hensen.

„Als die Kinos zumachten, waren wir noch sechs Monate vom Festival entfernt und sehr zuversichtlich, dass es diesen Lockdown nicht so lange geben würde.“ Martina Richter hält ohnehin wenig von Festivals nur im Netz, „denn dann verliert man den Mehrwert eines realen Ereignisses. Also war unsere Überlegung, so viel real stattfinden zu lassen, w ie es unter Corona-Bedingungen möglich ist.“

Festival von anderthalb auf 8 Tage gewachsen

Richter kann sich noch gut ans Debüt der Cologne Conference erinnern. „Mein alter Freund Lutz Hachmeister, damals Chef de Grimme-Instituts, hat 1989 Wolfgang Clement (Chef der NRW-Staatskanzlei, d. Red.) unbedingt einen Fernsehteil des Kölner Medienforums empfohlen, und Lutz hat mich gefragt, ob ich mitwirken wollte.“

Um die deutsche Unkenntnis internationaler Programmtrends zu beenden, „haben wir gleich bei der ersten Ausgabe 1991 ,Twin Peaks‘ gezeigt, auch das britische Original von ,House of Cards‘“. Von damals anderthalb Tagen ist man jetzt auf acht Tage gewachsen, „außerdem haben wir uns vom reinen Branchentreff zu einem publikumsoffenen Festival entwickelt, das auf gutem Weg ist, noch größer zu werden“.

Mads Mikkelsen kommt

2016 wurde die Cologne Conference in Film Festival Cologne umbenannt, und trotzdem feiert man nun 30-jähriges Jubiläum. „Wir knallen aber nicht groß die 30 auf unsere Plakate, denn da würde sich das Publikum fragen, wo wir vor 2016 waren“, relativiert Richter.

Diesmal hat man mit Regisseur Dominik Graf und Schauspielerin Sandra Hüller zwei deutsche Preisträger, als weitere Gewinner kommen Thomas Vinterberg und Mads Mikkelsen mit dem gleichen Film („Another Round“) nach Köln. Ist da Corona-tauglich juriert worden? Hensen räumt ein, „dass wir Transatlantikflüge vermieden haben, aber in Europa hätten wir auch anders entscheiden können. Aber Mads Mikkelsen hatten wir sowieso schon lange auf unserem Zettel.“

Film aus NRW eröffnet das Festival

Richter fügt hinzu: „Dies sind alles würdige Preisträger, und Dominik Graf hat uns mit seinen extrem unterschiedlichen Filmen all die Jahre begleitet und ist gerade zum Jubiläum der ideale Gewinner des Filmpreises Köln“. Zumal er den Spagat zwischen Fernsehen (etwa die „Tatort“-Folge „Frau Bu lacht “) und Kino („Die geliebten Schwestern“) virtuos beherrscht.

Mit Alice Winocours Astronautinnendrama „Proxima“ eröffnet ein Film aus der Sektion „Made in NRW“ das Festival. „Wir haben am Anfang ja internationales Knowhow an den Medienstandort bringen wollen“, erinnert sich Richter, „haben dann aber irgendwann entschieden, auch dem Standort eine Plattform zu geben. Wobei man das von Jahr zu Jahr nach Qualität entscheiden muss.“

Umbenennung sollte Strahlkraft stärken

Die Umbenennung sollte über die Landesgrenzen hinaus die Strahlkraft der Veranstaltung stärken. „Tatsächlich haben die Verleiher und Weltvertriebe das Festival jetzt auf dem Schirm“, sagt Hensen. Zumal man mit dem „European Work in Progress“ eine interessante Kontaktbörse für internationale Geschäfte angedockt hat. „Wir sind überrascht, wie viele Menschen da anreisen möchten“, ergänzt die Direktorin. „Die Norweger sagen, dass es ihnen egal sei, ob sie danach in Quara ntäne müssen.“

Die Filmauswahl war anfangs wegen des Marktstillstands schwierig, „aber der Neustart mit ,Tenet‘ und dem Festival von Venedig hat dies geändert“, resümiert Hensen. Da Köln nun als zweites großes Festival stattfindet und es einen Start-Stau gibt, kann man taufrische Filme zeigen, deren Kinoauswertung ungewiss ist.

Corona-Regeln beim Festival

Auf Empfänge und Menschentrauben im Foyer muss das Festival verzichten. In den Kinos herrscht Maskenpflicht, die erst am Platz entfällt. Zwischen verschiedenen Besuchergruppen bleibt je ein Sitz frei. Tickets sollten vorab online gekauft werden (filmfestival.cologne), Personalisierung ist obligatorisch. Überraschungs-Tüten sollen die Besucher entschädigen, und im Umfeld des Cineplex Filmpalasts gewähren Cafés und Läden über ein Gutscheinheft kleine Rabatte. „Mit so einer Art Festivalmeile kann man den Ort aufwerten“, hofft Martina Richter. (EB)

Auf seine Programmauswahl konnte das Leitungsteam schon 2019 stolz sein. Hensen: „Da haben wir die Dokumentarfilmreihe etabliert und erst hinterher gemerkt, dass unter unseren zehn Beiträgen auch die acht wichtigsten Werke waren, die dann alle Filmpreise abgeräumt haben. Das könnte mit unserer diesjährigen Auswahl so ähnlich sein.“

Martina Richter sieht ein markantes Alleinstellungsmerkmal des Festivals auch darin, „dass wir uns sehr intensiv um die Entwicklungen von Storytelling und Ästhetik kümmern.“ Dies sie gerade heute wichtig, „da die Grenzen zwischen Kino, Fernsehen und Games immer durchlässiger werden“.

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Und welche drei Beiträge dieser Ausgabe sollte man keinesfalls verpassen? Da sind sich beide rasch einig: „Another Round“, „Des“ und „Ema“.