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Seit 100 JahrenDie Anuga präsentiert, was wir in Zukunft essen können

Lesezeit 3 Minuten

2015 Ria probiert an einem Stand ein Tellerchen mit Quinoa – eine Samenart, die viel Eiweiß enthält und vor allem in Südamerika angebaut wird. Vegetarisches Essen ist eines der Top-Themen auf der Anuga 2015. Der Wirtschaftsminister von Paraguay, der die Handelsbeziehungen zu Deutschland intensivieren will, präsentiert glutenfreies Eis aus seiner Heimat – und schwärmt von deutscher Wurst: „Am liebsten mag ich die weißen Würstchen mit Senf und Brot“, sagt Gustavo Leite.

  1. „Taste the future“ ist das Motto des diesjährigen Allgemeinen Nahrungs- und Genussmittel-Ausstellung, kurz Anuga.
  2. Seit nun 100 Jahren sagt die Messe voraus, was auf dem Lebensmittelmarkt zum Trend wird.
  3. Wir blicken zurück auf die Geschichte der Anuga.

Köln – Die Aufforderung ist klar: „Taste the Future“ steht als Motto über der Lebensmittelmesse Anuga. Also etwa: „Schmecke die Zukunft“ oder „Probiere die Zukunft“. Dazu rückt auf der Webseite eine Gabel ins Bild, von der nebeneinander ein paar Streifen herunterbaumeln. Bunte Spaghetti? Köstliche Kabel?

1999 Tequila aus der Tüte, samt Salz und Zitronensaft. Soll auch für Astronauten geeignet sein.

Vieles ist möglich bei der Allgemeinen Nahrungs- und Genussmittel-Ausstellung (Anuga). 1999 gibt es Harzer Käse in Pralinenform. Würstchen, die sich durch eine chemische Reaktion in der Dose selbst aufwärmen. 2001 verzieht Verbraucherschutzministerin Renate Künast das Gesicht nach einem Schluck Trend-Bier. Jahre zuvor beschränkt sich der damalige Kanzler Helmut Kohl aufs vorsichtige Nippen, wie ein Messe-Video dokumentiert.

Industrie

179,6 Milliarden Euro hat die Ernährungsindustrie im vergangenen Jahr in Deutschland umgesetzt. Laut der Bundesvereinigung der Ernährungsindustrie (BVE) stagnierte der Umsatz: Die Absatzmengen gingen sogar leicht um 0,1 Prozent zurück. „Erstmals seit zehn Jahren konnte der Wachstumsmotor der Branche, das Exportgeschäft, nicht ausgebaut werden“, erklärt die BVE. Es lag wohl auch an Unsicherheiten durch den Brexit. Seit Anfang 2019 zieht die Nachfrage wieder an, vor allem im Inlandsgeschäft. Bei den Verbrauchern stehe laut BVE „der nachhaltige Genuss im Alltag im Fokus“.

608 533 Menschen waren im vergangenen Jahr rund um die Lebensmittelproduktion beschäftigt, die meisten von ihnen arbeiten in der Backwaren-Branche (29,6 Prozent), gefolgt vom Bereich Fleisch und Fleischprodukte (20,3 Prozent). (kl)

Von 40 000 Neuheiten bleiben nach zwei Jahren 13 000 übrig

Die wenigsten Neuheiten schaffen es, sich im Handel zu behaupten, erklärt die Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie: Von 40 000 neuen Lebensmitteln sind nach zwei Jahren nur noch 13 000 in den Regalen. Bei manchen kann man aus heutiger Sicht erleichtert sein: „Kartoffelsalat in Mayonnaise“ aus der Dose wurde in den 1950er Jahren „als letzter Schrei“ auf den (Test-) Teller serviert.

2007 Das erste Partnerland der Anuga ist Thailand, der größte Reisproduzent der Welt. Bei einem Pressetermin vor dem Messestart werden internationale Lebensmittel präsentiert: Kölsch, Nudeln, Wiener Würstchen und Thunfischdosen sind auch dabei. Thailand ist mit 146 Anbietern vertreten. Die meisten Aussteller reisen aus Italien (1050), China (481) und Spanien (477) an.

Gegründet wird die Anuga 1919 in Stuttgart. „Die Zeit scheint reif für eine Ausstellung, auf der sich der Kaufmann über das Angebot informieren kann“, kommentiert die Lokalpresse damals. Es folgen Stationen in München, Berlin oder Breslau. Seit 1951 ist die Messe in Köln: Nach dem damaligen Erfolg mit 360 Ausstellern und 40 000 Besuchern entscheiden sich die Organisatoren für Köln als dauerhaften Standort. Die Schwerpunkte des Angebots werden schon damals gesetzt: Neben Nahrungs- und Genussmitteln sind Koch- und Backapparate, Verpackungsmittel, Ladeneinrichtungen, chemische und kosmetische Präparate sowie Werbeartikel zu sehen.

2003 99,5-prozentiger Sauerstoff aus der Druckluftdose wirkt angeblich nach fünf Atemzügen kräftigend.

Seit 1975 nur noch für das Fachpublikum geöffnet

2017 kommen 7400 Aussteller aus 107 Ländern und 165 000 Besucher. Für dieses Jahr werden ähnliche Dimensionen erwartet. Die Messe, die alle zwei Jahre stattfindet, schlägt einen großen Themenbogen, „ob vegetarisch und vegan, gluten- und laktosefrei, Superfoods oder ready-to-go-Products“.

1971 Die Hostessen einer Brauerei – neun Kölner Studentinnen und drei Hausfrauen – sind in Orange gekleidet. In den Gläsern befindet sich kein Kölsch, sondern Dortmunder Pils. 1971 gibt es noch zwei Messetage für Jedermann.

Die Anuga bezeichnet sich als „Leitmesse für die globale Ernährungswirtschaft“, sie sei eine „weltweit konkurrenzlose Veranstaltung“. Privatbesucher sind schon seit 1975 nicht mehr zugelassen. Die Anuga richtet sich seitdem ausschließlich ans Fachpublikum.