Demo gegen WohnnotDiese Kölner gehen gegen den „Mietwahnsinn“ auf die Straße
- Knapp 1000 Menschen haben am Wochenende in der Innenstadt gegen den überhitzten Wohnungsmarkt demonstriert.
- Wir haben einige von ihnen interviewt: Wie ist ihre Wohnsituation und was fordern sie von der Politik?
Köln – Auf dem Heumarkt demonstrierten am Samstag etwa 1000 Kölner für bezahlbaren Wohnraum. Einige erzählten der Rundschau von ihrer schwierigen Suche nach einer Wohnung, von ihren Sorgen angesichts steigender Mieten und von ihren Wünschen an die Politik und die Stadt Köln.
Das Bündnis „Wir wollen wohnen“, bestehend aus Deutschem Mieterbund, Deutschem Gewerkschaftsbund sowie Wohlfahrts- und Sozialverbänden, hatte zu dem Protest auf dem Heumarkt aufgerufen. Gefordert wurden unter anderem der Ausbau des Mieterschutzes und mehr öffentlich geförderter Wohnraum. Bundesweit gab es ähnliche Veranstaltungen. In Köln war mit etwa 5000 Teilnehmern gerechnet worden. Nach der Kundgebung zog ein Protestzug, der von weiteren Organisationen unter dem Motto „Gemeinsam gegen Verdrängung und Mietenwahnsinn“ initiiert worden war, ab 16.30 Uhr von Heumarkt durch die Innenstadt.
Darina Dimitrov (45), wohnt mit ihrem Mann und den beiden Töchtern Greta (5) und Mika (10) in Deutz:
„Wir haben zwei Jahre lang von Wuppertal aus nach einer Wohnung gesucht. Zwischendurch dachten wir, wir schaffen es nicht mehr, nach Köln zu ziehen. Die Suche war zum Teil sehr diskriminierend. Wir haben von den Maklern Sätze gehört wie ‚Ja, wenn Sie nur ein Kind hätten...‘. Oder dass 110 Quadratmeter für uns zu klein seien. Zum Glück haben wir doch noch einen Vermieter gefunden, der nichts gegen eine Familie hatte. Jetzt haben wir eine Wohnung in Deutz und darüber sind wir sehr glücklich. Aber auch in Deutz sind die Mieten gestiegen. Im Prinzip geht ein ganzes Gehalt für die Miete drauf, dann kommen noch die Kita und das Schulessen dazu. Man schaut als Familie immer, dass man über den Monat kommt. Ich wünsche mir mehr sozialen Wohnungsbau und ein Ende der Spekulationen mit der Not der Menschen. Es darf kein Privileg sein, in der Stadt zu wohnen. Aus meiner Sicht ist es ein Menschenrecht, dass ich in der Stadt ein Dach über dem Kopf habe.“
Eleonore Unverzagt (67), wohnt gemeinsam mit Christine Riek (71), Elke Mörs (67) und anderen in Niehl:
„Ich bin glückliche Mieterin einer Sozialwohnung mit Wohnberechtigungsschein in Niehl. Wir leben in einem tollen Mehrgenerationenhaus der GAG. Damit haben wir schon mal einen Sechser im Lotto. Was uns jetzt bedroht, ist, dass nach 15 Jahren die Mietpreisbindung ausläuft. Dann könnten die Vermieter die Mieten anheben. Aber wir sind alle 15 Jahre älter geworden, haben weniger Einkommen und können nicht mehr Miete zahlen. Wenn sich die Leute die Miete nicht mehr leisten können, beschädigt das auch das Zusammenleben in unserem Wohnprojekt.“
Christine Riek: „Wir haben sehr viel Engagement in unser Wohnprojekt gesteckt. Hier können auch Familien, Rollstuhlfahrer und Alleinerziehende zusammen leben. Was passiert jetzt damit?“
Elke Mörs: „Das Wohngeld passt nicht mehr zu den Miethöhen. Ich muss jeden Monat 60 Prozent meiner Einkünfte für die Miete ausgeben. Dabei habe ich 45 Jahre gearbeitet, ein Kind alleine großgezogen und habe jetzt so wenig zum Leben.“
Christine Thewes (34), wohnt mit Felix von Looz (34) und Lasse (elf Monate) in der Altstadt-Nord:
„Viele Familien in Köln brauchen Wohnungen, in die sie mit einem oder zwei Kindern einziehen können. Wir suchen seit mehr als einem Jahr nach einer Wohnung im Kunibertsviertel. Das, was auf dem Mietmarkt ankommt, ist nicht bezahlbar. Erst recht nicht, wenn noch die Kosten für die Kita dazukommen. Wir haben uns schon nach einem Kita-Platz umgeschaut. Sollten wir wegziehen, war das vergebens. Im Moment haben wir zwei Zimmer mit 69 Quadratmetern, wir möchten eine Wohnung mit drei oder vier Zimmern. Wir sind für eine Verdichtung des Wohnraums in der Innenstadt: Man könnte auf viele Häuser noch ein oder zwei Stockwerke draufsetzen.“
Felix von Looz: „Meine Eltern wollten mit der größer werdenden Familie damals in Zollstock bleiben, aber sie waren schon in den 1980er Jahren in der Situation, dass sie sich eine Wohnung in der Innenstadt nicht mehr leisten konnten.“Birgit Morgenrath (65), wohnt in Nippes:
„Wir haben eine Wohnung in Nippes in einem Altbau. Ich kann mich glücklich schätzen, dass ich zu einer Ausnahme gehöre, denn bei uns sind die Mieten noch günstig. Unsere Wohnung ist teilsaniert, wir leben dort seit Anfang der 1990er Jahre und haben 100 Quadratmeter Fläche für zwei Personen. In der Nähe des Leipziger Platzes zahlen wir sieben Euro Miete pro Quadratmeter. Da werden wir wahrscheinlich nie wieder ausziehen. Wir hoffen, dass das Haus nichtverkauft wird und die Miete angehoben wird. Ich habe großes Verständnis für die Menschen hier auf dem Heumarkt. Die Mieten steigen auch auf der Schäl Sick – dort passiert inzwischen das Gleiche wie in der Innenstadt. Die Entwicklung in der Stadt Köln mit dem Abbau von Sozialwohnungen ist eine Katastrophe. Es müsste stattdessen mehr städtisch finanzierten sozialen Wohnungsbau geben. Die Wohnungen sollten auch erschwinglich sein für Leute mit mittleren und niedrigen Einkommen.“
Ugur Kahraman (30), wohnt in Poll:
„Ich habe keine Lust mehr auf Massenbesichtigungen. Wenn einem selbst das WG-Zimmer zu teuer ist, stehen da noch 40 andere. Die Vermieter können verlangen, was sie wollen. Ich bin Student und gebe mehr als 50 Prozent meines Geldes für Miete aus. Für ein WG-Zimmer zahlt man oft schon 500 Euro, da muss man 1000 Euro haben, um über die Runden zu kommen. Ich habe es nicht geschafft, linksrheinisch etwas zu bekommen. Wenn ich mit dem Fahrrad unterwegs bin, sehe ich oft, wie viel Leerstand es bei Wohnungen gibt. Da frage ich mich – wem gehört das? Die Stadt sollte ihre App ‚Sag’s uns‘ so erweitern, dass damit auch Leerstand gemeldet werden kann.“
Marc Pütz (25), wohnt in Porz: „Ich gebe 50 bis 70 Prozent meines Einkommens für Miete aus und es wird immer knapper. Ich bin inzwischen ganz an den Stadtrand gezogen. Auch ich sehe oft, wie Gebäude vergammeln. Es gibt zu viele Häuser, die nicht für Wohnungen genutzt werden.“