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Interview zu Schulplatzvergabe„Ich wünsche mir auch, dass meine Kinder nicht drei Stunden jeden Tag unterwegs sind“

Lesezeit 5 Minuten

Dezernent für Bildung, Jugend und Sport, Robert Voigtsberger.

Es gab Proteste, Tränen und Ärger. Schuldezernent Robert Voigtsberger im Interview.

Weil es vor an Gymnasien und Gesamtschulen in Köln zu wenig Plätze gibt, war die Anmeldung an den weiterführenden Schulen für viele Eltern eine Zitterpartie. Jetzt ist das Verfahren abgeschlossen.

Wie ist der Stand beim Anmeldeverfahren der weiterführenden Schulen?

Robert Voigtsberger: Das Vergabeverfahren für die weiterführenden Schulen ist abgeschlossen. Wir konnten jedem Kind, das sich an einem Gymnasium, einer Haupt- oder Realschule angemeldet hat, einen Schulplatz an der gewünschten Schulform anbieten.

Wie sind die konkreten Zahlen?

7827 Kinder wurden an städtischen weiterführenden Schulen aufgenommen. 3795 Kinder haben einen Platz an einem Gymnasium bekommen, 2322 auf Gesamtschulen, 1478 auf Realschulen und 232 auf Hauptschulen. Beim vorgezogenen Anmeldeverfahren an den Gesamtschulen gab es 705 Absagen.

In diesen Fällen hat bei Bedarf das Amt für Schulentwicklung unterstützt, so dass jetzt alle versorgt sind.
Schuldezernent Robert Voigtsberger

Wie sah es bei den Anmelderunden für die Gymnasien aus?

In der ersten Runde gab es 3909 Anmeldungen. Davon wurden 3579 Kinder an ihrer Erst- oder Zweiwunschschule angenommen. 330 Kinder erhielten Ablehnungen. In der zweiten Runde wurden 216 Kinder angemeldet. Die Diskrepanz von 114 Kindern erklärt sich dadurch, dass Eltern Kinder beispielsweise an Schulen anderer Träger, in anderen Kommunen oder an Realschulen angemeldet haben. 179 Kinder wurden angenommen. 37 Kinder hatten nach der zweiten Anmelderunde leider immer noch nicht den gewünschten Gymnasialplatz. In diesen Fällen hat bei Bedarf das Amt für Schulentwicklung unterstützt, so dass jetzt alle versorgt sind.

Woher kamen die 37 Kinder, die nach der zweiten Runde keinen Platz hatten?

Ein Großteil kam aus dem Bereich Innenstadt, es waren aber auch Kinder aus anderen Stadtteilen betroffen.

Es gibt den Fall einer alleinerziehenden Mutter aus Nippes, die ihren Sohn nach Widdersdorf auf das Gymnasium schicken soll. Fahrzeit mindestens 45 Minuten pro Strecke. Was sagen Sie dazu?

Die Schülerfahrkostenverordnung des Landes besagt, dass bei weiterführenden Schulen eine Fahrzeit von eineinhalb Stunden pro Wegstrecke zumutbar ist. Dass Eltern das als zu lang empfinden, kann ich absolut nachvollziehen. Ich bin selbst Vater und wünsche mir auch, dass meine Kinder nicht drei Stunden jeden Tag unterwegs sind, sondern diese Zeit sinnvoller nutzen können.

Ganz zu schweigen von den organisatorischen Herausforderungen, vor die eine solche Fahrtstrecke die Familien stellt. Für Grundschülerinnen und Grundschüler hingegen hält das Land einen Schulweg von 30 Minuten pro Wegstrecke für zumutbar. Wenn es einzelne Härtefälle gibt, rate ich eindringlich, dass Familien das Beratungsangebot des Amts für Schulentwicklung nutzen.

Wird es so etwas wie Taxigutscheine geben?

Grundsätzlich gibt es das Schülerticket. Bei besonderen Härtefällen prüfen wir individuell.

Wie ist Ihr Fazit?

Insgesamt kann man sagen, dass neun von zehn Kindern einen Platz an ihrer Wunschschule, also Erst- oder Zweitwunsch, bekommen haben. Und wir sind zum ersten Mal seit 15 Jahren ohne eine einzige Mehrklasse an den Gymnasien ausgekommen. Das ist den Kolleginnen und Kollegen der Task Force Schulbau zu verdanken. Früher hat es acht Jahre gedauert, in Köln eine Schule zu bauen, jetzt sind wir wesentlich schneller. Das zeigt, dass wir mit Hochdruck unterwegs sind.

Aber neue Schulplätze lassen sich leider nicht über Nacht schaffen. Ich habe großes Verständnis für die Sorgen der Familien, die keinen Wunschplatz erhalten haben – und für die Enttäuschung der Schülerinnen und Schüler. Jede Absage ist eine zu viel. Nichts ist mir wichtiger, als die Situation weiter zu verbessern. Wir haben aber noch einen weiten Weg vor uns.

Wir gehen kreative Wege, um neue Schulplätze zu schaffen.
Schuldezernent Robert Voigtsberger

Dabei gibt es keinerlei Denkverbote, und wir gehen kreative Wege, um neue Schulplätze zu schaffen. Das Anmeldeverfahren selber lief geordneter und schneller als im vergangenen Jahr. Da ging es bis weit in den Mai. Dass die Landesregierung die Mehrfachanmeldungen dann auf unsere Initiative hin verboten hat, hat zu einer deutlichen Straffung geführt.

Wie ist die Perspektive für das kommende Jahr?

Wir planen drei Gesamtschulen mit insgesamt 378 Plätzen und zwei Gymnasien mit 189 Plätzen jeweils in den Eingangsklassen, teilweise im Interim. Wir arbeiten mit Hochdruck an den Vorlagen für die Ausschüsse. Die Gymnasien sollen in den Stadtbezirken Rodenkirchen und Nippes entstehen. Zwei Gesamtschulen kommen nach Ehrenfeld, eine nach Nippes.

Außerdem soll mit dem Bildungscampus Kalk in Trägerschaft des Erzbistums schon im kommenden Jahr eine weitere Gesamtschule mit 108 Plätzen an den Start gehen. Damit ist eine deutliche Verbesserung der Schulplatzsituation an den weiterführenden Schulen zu erwarten. Wir nutzen jede Möglichkeit, den Schulplatzausbau zu beschleunigen. Das Anmeldeverfahren kann immer nur so gut sein, wie die Schulplatzsituation.

Wie war die Schulplatzvergabezeit für Sie persönlich?

Natürlich geht mir als zweifacher Vater die Situation sehr nahe und ich habe großes Verständnis für die Familien.

Für wann sehen Sie eine Entspannung?

Wenn wir unsere Stärkungspakete so umsetzen, wie wir sie jetzt in der Planung haben, wird sich die Situation bis zum Schuljahr 2025/26 entscheidend verbessern – mit sechs weiteren Gymnasien und fünf Gesamtschulen.


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