Sänger Daniel „Dän“ Dickopf von der Band „Alte Bekannte“ gibt im Interview bewegende Einblicke in die Entstehung des neuen Albums „Stabil“.
Interview mit Kölner Band„Jemand der Wise Guys Songs gemocht hat, wird Alte Bekannte Songs mögen“

Die Band „Alte Bekannte “: Daniel „Dän“ Dickopf, Clemens Schmuck, Friedemann Pette, Björn Sterzenbach, Ingo Wolfgarten (v.r.).
Copyright: Ingo Wolfgarten
Alte Bekannte ist die Nachfolgeband der Wise Guys, beide sind A-Capella-Gruppen. Was unterscheidet sie?
Zum einen ist es die Tatsache, dass Wise Guys eine Schülerband war, die mit einer ganzen Menge Charme und Unbekümmertheit Erfolge gefeiert hat. Die Mitglieder von Alte Bekannte sind versierte Musiker. Das ist eine andere Liga. Zum anderen sind Alte Bekannte auch in einem anderen Alter als die Wise Guys es zu ihrer erfolgreichen Zeit waren. Wir sind Familienväter, ich bin über 50 und die nächsten Kollegen ziehen bald nach. Es hat naturgemäß nicht mehr diesen Lausbubencharme.
Der Klang ist aber ähnlich?
Bei den Wise Guys habe ich fast alles getextet und komponiert. Bei Alte Bekannte ist der Textanteil auch recht viel. Ich habe mich als Texter und Komponist nicht neu erfunden, sondern bin mir in vielen Punkten treu geblieben. Jemand der Wise Guys Songs gemocht hat, wird Alte Bekannte Songs auch mögen.
Was hat es mit dem neuen Albumtitel „Stabil“ auf sich?
Auf dem Album ist ein Song der ‚Bleib stabil‘ heißt. Wir fanden den Begriff ‚stabil‘ für uns passend, weil wir schwierige Jahre hinter uns haben – wie die meisten Musiker. Durch die Pandemie gab es de facto Berufsverbote. Auf der Bühne stehen ist aber der schönste Teil des Musikerdaseins. Diese Zeit ging deshalb sehr an die Psyche. Das durchgestanden zu haben und jetzt Licht am Ende des Tunnels zu sehen, zeigt, dass wir Stabilität an den Tag gelegt haben.
Auf dem Song „Lehrerkind“ geht es um ein unangenehmes Gespräch mit einem Besserwisser. Ist Ihnen das wirklich passiert?
Mit dem Song nehme ich mich selbst auf die Schippe, weil ich aus einer totalen Lehrerfamilie komme. Es gelingt mir nicht immer Korrekturen im sprachlichen Bereich zu unterdrücken. Ich kann nur selbst darüber lachen, dass ich deshalb manchmal etwas nervig bin.
Ist Selbstironie ein roter Faden auf dem Album?
Es ist sehr wichtig für uns, sich nicht zu ernst zu nehmen - auch auf der Bühne. Wir versuchen dem Publikum klarzumachen, dass wir mit ihm Spaß haben wollen und uns nicht für etwas Besseres halten.
In Ihren Texten kommt oft der FC vor. Wie viel Köln steckt in Ihrer Musik?
Mein Kölnersein habe ich auch in der Vergangenheit immer wieder textlich einfließen lassen. Ich kriege den Kölner weder aus mir selber noch aus den Songtexten raus.
Mit „Wer braucht denn schon“ von Clemens Schmuck ist auch ein Herzschmerz-Song auf dem Album. War Ihnen ein breites Themenfeld wichtig?
A capella haftet oft das Image von oberflächlichem Klamauk an. Dafür gibt es aber eigentlich keinen Grund. Bei einem Konzertbesuch sollte es Stellen zum Lachen geben, aber auch welche, an denen man sein Hirn anschaltet und vielleicht auch traurig ist. Das macht den Abend erst zu einem Erlebnis.
In gleich zwei Songs kritisieren Sie ein traditionelles Männlichkeitsbild. Warum hat Ihre Band das beschäftigt?
In Sülz und Klettenberg hatte ich viel Kontakt mit anderen Vätern. Der Songs ‚Echte Männer hassen A capella‘ handelt davon, dass viele sich bemühen einem zu Recht geforderten Männertyp zu entsprechen. Man hat begriffen, dass Machotum der Welt nicht gut tut und manche tragen das auch sehr stark vor sich her. Es aber doch Momente, in denen das alte Männerbild aufbricht. Ich glaube davon können sich viele, genau wie ich selbst, nicht frei machen.
Auf dem finalen Song heißt es im Refrain: „Solang ich noch was fühle, sag ich ja.“ Was bedeutet dieses Mantra?
Für mich bedeutet es, nach Rückschlägen immer wieder aufzustehen. Vor anderthalb Jahren hatte ich einen Schlaganfall. In der Reha war es unglaublich mühevoll, dass Sachen nicht mehr funktionieren, die vorher selbstverständlich waren. Da gibt es natürlich Moment, in denen man die Neigung hat, zu resignieren. An dieser Stelle Kraft aufzubringen, um wieder in die Spur zu kommen, ist die Botschaft des Songs.
Beeinflussen Sie die Folgen noch?
Sehr stark. Meine linke Körperhälfte ist stark beeinträchtigt. Die linke Hand ist fast nicht einsatzfähig. Akkorde auf der Gitarre zu greifen, geht nicht mehr. Im Kopf ist Gott sei Dank alles so schlecht wie vorher. Der Song ‚Eigentlich‘ war der erste, den ich in der Reha geschrieben habe.
Was will die Band mit dem neuen Album vermitteln?
Zuversicht. Ich hoffe, dass die Leute gut unterhalten werden und optimistischer in die Zukunft schauen.
Infos zur Band
Die A-cappella Gruppe „Alte Bekannte“ gibt es seit 2017. Mitglieder sind neben Daniel „Dän“ Dickopf die Sänger Clemens Schmuck, Björn Sterzenbach, Ingo Wolfgarten und Friedemann Petter, der im TV-Format „The Voice of Germany“ bekannt wurde. Musik und Texte kommen von allen Sängern, Dickopf schrieb jedoch acht der 17 Songs des neuen Albums. Als die A-Cappella-Band „Wise Guys“ 2015 ihr Ende verkündeten, gründete Dickopf mit zwei weiteren ehemaligen Mitgliedern die Band „Alte Bekannte“.