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Sommerfestival in der PhilharmonieDas bietet die Revue „Berlin Berlin“ in Köln mit einem ESC-Star

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Jendrik Sigwart auf der Bühne von „Berlin Berlin“.

Jendrik Sigwart auf der Bühne von "Berlin Berlin".

Der Musiker nahm 2021 für Deutschland am Eurovision Song Contest teil. Jetzt spielt er in der Revue über die goldenen 20er Jahre mit.

Tabufreie Vergnügungslust, in Paillettenkleidern und Knickerbocker. Feste, die in ekstatischen Clubnächten kulminierten. Rückblickend war alles golden, opulent und die Menschen rastlos im Rausch. Kaum eine vergangene Dekade versprüht postum so viel Faszination, wie die 1920er Jahre. Die Revue „Berlin Berlin – Die große Show der Goldenen 20er“ haucht dieser Zeit erneut Leben ein. Vom 28. Juni bis 2. Juli können sich die Kölner und Kölnerinnen auf eine Zeitreise dorthin begeben. Dann gastiert die Revue in der Kölner Philharmonie und eröffnet das 34. Kölner Sommerfestival.

Ein Teil von „Berlin Berlin“ ist Musiker und Musicaldarsteller Jendrik Sigwart. Breitere Bekanntheit erlangte der 29-Jährige durch seinen Auftritt beim Eurovision Song Contest 2021, bei dem er gemeinsam mit seiner Ukulele Deutschland mit dem Beitrag: „I dont feel hate“ vertrat. Zu „Berlin Berlin“ kam er aber schon vor dem ESC, wie er erzählt. „Ich habe bei der Uraufführung 2019 mitgemacht. Ich bin normal zur Audition gegangen, habe mich vorgestellt, vorgesungen und das tatsächlich damals auch mit meiner Ukulele und Steppschuhen. So kam ich an diesen Job und seitdem mache ich ihn sehr gerne.“

Durch Corona nahm sein Engagement jedoch zwangsläufig ein jähes Ende. Nun kann er mit seiner Ukulele wieder auf der Bühne stehen und Teil der Show sein, die ihn fasziniert, wie er erzählt. „Die Revue bringt den Zuschauern besonders dieses spezielle Clubleben der 1920ern in Berlin nah. Wir tauchen ein wenig in die damalige Zeit ein und stellen dem Publikum verschiedene reale Charaktere aus dieser Zeit vor. Unter anderem Marlene Dietrich, die Comedian Harmonists, Bertolt Brecht, Kurt Beil oder Anita Berber.“

Nicht nur Party und Freude

Die bunte Revue mit vielen Tanz-, Theater- und Akrobatik-Shownummern präsentiert aber nicht nur Partystimmung und Freude, so Sigwart. „Unterschwellig merkt man auch, dass vor den Clubtüren Unzufriedenheit herrscht und dass sich die ganze Clubgemeinde versucht, vor der Politik und Unzufriedenheit von außen zu verstecken und eine Utopie auslebt, die sie sich für Berlin wünschen.“

Für ihn ist das Stück besonders, weil es viele Parallelen zwischen früher und heute gibt. „In den 20ern hat es schon begonnen, dass die deutsche Bevölkerung ihre Unzufriedenheit einem Feind zugeschoben hat. Irgendwann war der Jude schuld. Ich habe das Gefühl, dass wir in einer Zeit leben, in der auch viele ein Feindbild suchen. Ich glaube, das zeigt so ein bisschen, dass wir auch heutzutage vorsichtig sein müssen, dass wir nicht auch solch einen Umbruch erleben, ein neues Feindbild finden und das zerstören, was eigentlich wunderschön ist.“

Sigwart verkörpert in der Revue ein Mitglied der Comedian Harmonists – ein sechsköpfiges Berliner Vokal-Ensembles, deren Lied „Mein kleiner grüner Kaktus“ noch heute bekannt ist. Und auch seine Ukulele hat in einer Zwischennummer ihren Auftritt, während des Lieds „Der Bruder macht den Tonfilm“.

Jendrik Sigwart

Jendrik Sigwart

Was Sigwart persönlich am meisten an den 20er-Jahren mag, ist die Musik. „Mich fasziniert, wie sich die Genres vermischt haben. Einflüsse von Jazz und amerikanischer Musik haben Deutschland erreicht. Daraus hat sich eine neue Form von Musik herauskristallisiert.“ Dabei lässt Sigwart ein Gedankenspiel nicht los. „Es ist spannend zu überlegen, was passiert wäre, wenn es den Zweiten Weltkrieg nicht gegeben hätte und die ausländischen Musik-Einflüsse nicht verboten worden wären. Was wäre dann aus deutscher Musik geworden? Ich glaube, sie wäre heute ganz anders. Bei der Musik der 20er spürt man ein bisschen, in welche Richtung es hätte gehen können.“

Zurück in der Gegenwart freut sich Sigwart auf die Vorstellung in der Kölner Philharmonie. „Dort liebe ich ja die Story, dass man während einer Veranstaltung nicht oben über den Platz gehen darf. Ich glaube, bei uns wird das nicht der Fall sein, weil wir sehr laut sein werden.“