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Nachwuchs in KölnAuszubildende bekommen ihr eigenes Feuerwehrauto

Lesezeit 4 Minuten
Köln, RSK, Feuerwehr-Azubis

Unterwegs auf dem neune Löschfahrzeug: Die Auszubildenden Fabian Schmid (v.l.), Matthias Leistenschneider und Tim Schreiner.

In Köln gibt es nun ein spezielles Ausbildungsfahrzeug für zukünftige Feuerwehrkräfte. Damit sammeln die Azubis unter realen Bedingungen Erfahrungen im Einsatz.

Manche Abläufe wirken schon recht routiniert. Fabian Schmid (24) entfaltet einen mobilen Rauchvorhang und klemmt den gardinenartigen Schutz mit einer verstellbaren Teleskopstange im Türrahmen. Normalerweise müsste er diese Handgriffe blind können, um sie auch in einer verrauchten Wohnung zu beherrschen. Doch Rauch ist nicht in Sicht. Weil kein Alarmton erklingt, hat die Besatzung des neuen HLF 11.1. Zeit für kleine Übungen in der Kalker Feuerwache. Und Übungen sind wichtig, denn dies ist das erste Feuerwehrauto nur für Auszubildende.

Nach erfolgreicher Pilotphase gibt es nun auch in Köln ein Feuerwehrfahrzeug, mit dem sich beim Scrabble viele Punkte sammeln ließen: das Ausbildungshilfeleistungslöschfahrzeug. Weil die Plätze auf den elf Kölner Feuerwachen für die dreimonatigen Wachpraktika nicht mehr reichen, sind nun jeweils sechs Azubis im wöchentlichen Wechsel mit dem neuen Fahrzeug unterwegs. „Wir wollen die Auszubildenden mit dem Einsatzalltag in Berührung bringen. Das Wissen kann nun 1:1 in echten Einsätzen angewendet werden“, sagt Feuerwehrchef Dr. Christian Miller. Aufgrund des demografischen Wandels habe die Feuerwehr „große Nachwuchssorgen“, so Miller.

Köln, RSK, Feuerwehr-Azubis

Köln, RSK, Feuerwehr-Azubis

Die Schicht für die Auszubildenden beginnt um 7 Uhr auf der Wache in Weidenpesch. Eine halbe Stunde können sie das Fahrzeug vorbereiten und prüfen, dann wechseln sie in die Wache nach Kalk. „Jede Wache hat andere Sonderfunktionen, die Höhenretter, die Taucher. So erhalten die Azubis viele Einblicke“, erklärt Ausbilder Carsten Keller. Und: Das Ausbildungsfahrzeug darf auch zu weiter entfernten Einsatzorten ausrücken und das Personal anderer Wachen unterstützen. „Die erfahrenen Kollegen sind bislang sehr freundlich zu uns und versuchen uns einzubinden. Eine Ölspur auf einer Fahrbahn dürfen wird auch alleine beseitigen“, berichtet Tim Schreiner (24), der als Notfallsanitäter zur Feuerwehr gekommen ist.

Etwa 150 Auszubildende beginnen jedes Jahr bei der Feuerwehr, so viele wie noch nie. Matthias Leistenschneider (30) kommt aus dem Saarland und ist gelernter Elektriker. „Für Köln habe ich mich wegen der vielen Besonderheiten entschieden. Die Stadt lockt aus Feuerwehrsicht mit vielen Sonderaufgaben, der Rhein ist etwas Besonderes, der Chemiegürtel, Containerbahnhof, Flughafen und Autobahnring“, gibt er Einblick in die Wahl seines Ausbildungsorts. Begonnen hat seine Ausbildung im Februar. Nach einem halben Jahr Theorie und praktischen Übungen folgte die viermonatige Sanitätsausbildung. Nun hat das erste Wachpraktikum für seinen Grundausbildungslehrgang begonnen.

Kölner Ausbilder: Wir schicken keine Azubis in die Hölle

Die Azubis tragen Feuerwehr-Schutzkleidung, im Löschfahrzeug sitzen sie hinten, denn Ausbilder Carsten Keller lenkt das Auto, neben ihm sitzt Maschinist Thomas Cremer - beides erfahrene Feuerwehrmänner. „Es geht vor allem um das Kennenlernen von Abläufen an größeren Einsatzorten. Wir beurteilen die Gefährdungslage, denn wir schicken keine Azubis in die Hölle“, sagt Keller. Vor allem im Wachalltag lernt er die Auszubildenden sehr gut kennen. „Die Ausbildung ist auch ein Charaktertest. Denn im Ernstfall vertrauen wir uns gegenseitig unser Leben an“, meint er.

Als am Donnerstagnachmittag der Alarmgong ertönte, rückten die Auszubildenden zur Unterstützung eines Löschzugs nach Sülz aus, wo ein Feuer in einem Fahrradkeller ausgebrochen war. „Wir durften unter Atemschutz am Einsatz teilnehmen. Es ist ein Riesenvorteil, Erfahrung zu sammeln und das Gelernte auch direkt anwenden zu können“, betont Matthias Leistenschneider. Die Auszubildenden dürfen sich auch mit besonderen Gebäuden vertraut machen - dem Dom, Hochhäusern. Wo sind die Zugänge? Und wie ist die schnelleste Anfahrt?

Etwa 1700 Feuerwehrleute gibt es in Köln, die Frauenquote ist noch immer minimal. Das ist auch in den aktuellen Ausbildungsjahrgängen nicht anders. Noch immer ist die Feuerwehr eine Männerdomäne. „Wer zur Feuerwehr möchte, sollte Lust an körperlicher Fitness haben und sich bewusst sein, dass auch Dienste an Feiertagen zum Job gehören“, betont Thomas Cremer. Auf die Grundausbildung folgt meist noch die Ausbildung zum Notfallsanitäter, die nochmals zweieinhalb Jahre dauert. „Es dauert sechs Jahre, bis Neulinge perfekt im Wachalltag eingesetzt werden können“, hat Cremer festgestellt.

Das HLF 11.1, auf dem die Azubis sitzen, ist voll ausgestattet. Im Tank befinde sich 1600 Liter Löschwasser, es gibt eine Schaumzumischanlage, einen Überdruckbelüfter, verschiedene Leitern und ein großes Polster, das Sprünge aus 16 Metern Höhe abfedern kann. „Das Fahrzeug ist scharf“, sagt Carsten Keller im Feuerwehrjargon, also bereit für Einsätze aller Art. Das gilt auch für die junge Besatzung.