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Schull- und Veedelszöch8500 gehen  mit - Das sind die Sieger für den Rosenmontagszug

Lesezeit 5 Minuten

Den Ikarus-Mythos stellte das Friedrich-Wilhelm-Gymnasium mit prächtigen Kostümen dar.

46 Schulgruppen und 51 Vereine zogen am Sonntag durch Köln.

„Die Stadt platzt aus allen Nähten“, jubelt Benedikt Conin, Pressesprecher der Freunde und Förderer des Kölnisches Brauchtums. Erstmals kommentierte er am Sonntag auf der Rathaus-Tribüne die Schull- un Veedelszöch. Strahlend blauer Himmel, Sonne satt und fast lauschige Temperaturen locken die Jecken zuhauf in die Stadt. Hunderttausende säumen den Weg der Zöch, die um 11.11 Uhr am Severinstor starten − und so bunt, fröhlich und positiv daherkommen wie schon lange nicht mehr.

„FasteLOVEnd – Wenn Dräum widder blöhe“ , das diesjährige Karnevalsmotto, hat eine Steilvorlage für die Kostüme der Schulen und Vereine geliefert. Wurde in den Vorjahren bei den Schulen viel lamentiert über Missstände wie marode Gebäude, Raumnot oder Verzögerungen beim Bau, steigen auffällig viele in diesem Jahr um in einen locker-leichten „Love and Peace“-Modus. Auf Flower-Power besinnt sich gleich gefühlt ein Dutzend der bunten, phantasievollen Schulgruppen, von denen 46 mitgehen. Das sind satte zehn Gruppen mehr als im vergangenen Jahr, in dem die Beteiligung der Schulen etwas schwächelte.

Der Stammdesch Südstadtjecke liest Omas Verzällcher vor.

So viele Blumen gab es wohl noch nie

So viele Blumen gab es wohl noch nie bei den Gruppen. „Loss Peace blöhe“ fordert die Sankt-Nikolaus-Schule. Die prächtigen Kostüme mit Gießkanne und Blütenmeer sind eine Augenweide. Die Botschaft, ist ernst: „Wir wünschen uns ein friedliches Zusammenleben aller Menschen so sehr“, hat die Schule ihr Motto begründet. Der Ernst der Weltlage gepaart mit dem Sessionsmotto hat viele beim Basteln beflügelt. Vielfalt, Diversität und die Kraft der Träume werden zahlreich thematisiert. „Mir zaubere die Welt, su wie se uns gefällt“, hat das Apostelgymnasium sich als Motto gegeben. „Ihr seid sehr schön!“, ruft eine Frau spontan als die Gruppe mit den blauen Umhängen und den riesigen Zauberhüten vorbeikommt.

Künstliche Intelligenz hat das Erich-Kästner-Gymnasium als Motto gewählt. Die Schülerinnen und Schüler tragen Fragen auf dem Kopf, die KI beantworten können soll. Eine lautet: „Kann die AfD in einem schwarzen Loch verschwinden?“ Eine ganze Handvoll Schulen feiert 2025 Jubiläum – und thematisiert das auch gleich im Zug. Kölns ältestes Gymnasium, das Dreikönigs-Gymnasium, kommt zum stolzen 575-jährigen-Bestehen mit goldenen Umhängen und Kappen. Das Friedrich-Wilhelm-Gymnasium greift zum 200-Jährigen den Ikarus-Mythos auf − verkleidet als prächtige und phantasievolle Flügelgestalten. 125 Jahre feiert die Katholische Grundschule Zugweg mit Zylindern und roten Schleifen, während das Gymnasium Rodenkirchen zum 60-Jährige die Teilnehmer in Tortenstücke gesteckt hat. Richtig viel Kopfarbeit zeigt das Heinrich-Mann-Gymnasium – mit goldenen Perücken-Ungetümen aus Schaumstoff.

Lassen die Straße blühen: Die Veedelsfründe vom Pantaleon

Wischmöppe und Bloslämpche

Auch unter den 51 Veedelsgruppen gibt es in diesem Jahr wenige, die wie sonst harte Kritik an der Stadt und ihren Problemzonen üben. Vielmehr wird getreu dem Motto viel gewünscht und geträumt — warum auch nicht in einer Zeit, in der Hetze und Hass immer salonfähiger werden. So haben sich die Wiever der KG Apollonia ihre Träume und Alpträume auf über ihnen schwebende Ballons geschrieben, der Bund der Deutschen Katholischen Jugend aus Köln hat sich seine Träume direkt an den Hut gepinnt — damit sie auch ja umgesetzt werden. Die KG Ponyhof hat sich stattdessen als Pusteblumen (kölsch: „Bloslämpche“) kostümiert und damit das Motto in nur einer Verkleidung abgedeckt.

Natürlich wird auch das kölsche Brauchtum von den Gruppen gewürdigt. So rollt der Stammdesch Südstadtjecke mit Omas auf gemütlichen roten Plüschsesseln an, die Kölner Geschichten vorlesen. Die Kölsche Fründe vun 1995 zeigt den kölschen DNA-Strang, in dem sogar Ludwig Sebus einen Platz gefunden hat. Dass man für den Besuch in Köln auch Geld nehmen könnte, wie beim prominenten Vorbild Venedig, hat sich der Stammtisch „Nie gehässig“ aus Mülheim überlegt. In Gondeln sammeln sie die Spenden ein — die man zum Beispiel auch für den Dom oder die Oper nutzen könnte.

Im Konfettiregen ging es über die Severinstraße.

Auch das Thema Müll beschäftigt die Jecke: „Mer han janz Kölle gewisch“, sagt die Katholische Jugend rund um den Chlodwigplatz, als tanzende Wischmöppe. Der Verein Hellenia Colonia fürchtet, dass die Bäder zu wenig Personal haben, und geht daher als Bademeister neben Schwimmbecken und Sprungtürmen mit. „Sonst suffe mer aff!“ Ums Klima geht es den De raderdollen Merheimer, bei denen durch die globale Erwärmung Ananas durch Köln tanzen und Flamingos und Palmen zum Domblick gehören. Der Stammdesch De Knollendorfer geht als tropisches Getier aus dem Rhein. Denn wenn auch der wärmer wird haben wir bald Kraken und Seepferdchen, na klar.


Die Sieger für den Rosenmontagszug

Eine Jury hat auch in diesem Jahr die Gruppen in den Schull- un Veedelszöch bewertet.

210 Punkte hat die Katholische Jugend rund um den Chlodwigplatz bei der Wertung des Originalitätspreis bekommen und es damit auf den ersten Platz geschafft. Den zweiten Platz erhielt der Stammdesch Kölsche Klüngel e.V. von 1999. Den dritten Platz belegt das Kumede-Theater des Heimatverein Köln.

Den Kostümpreis erhielten De raderdollen Merheimer. Hier wertete die Jury den Stammdesch de Knollendorfer als Zweitplatzierten und den Stammdesch Südstadtjecken als Drittplatzierten.

Den Goldenen Lappenclown erhielt ebenfalls das Kumede-Theater des Heimatverein Köln.

Im Rosenmontagszug dürfen die ersten Preisträger von Kostüm- und Originalitätspreis mitgehen.

Die Goldene Nähmaschine als Auszeichnung für eine besonders originelle Schulgruppe wurde in diesem Jahr zu ersten Mal von der Jury als Anerkennung vergeben. Preisträger der Goldenen Nähmaschine sind auf dem ersten Platz das Heinrich-Mann-Gymnasium, das 500 Euro erhält. Die Montessori-Schule Gilbachstraße erhält den zweiten Platz mit einem Preisgeld von 300 Euro. Der Verbund von sechs rechtsrheinischen Hauptschulen, die in diesem Jahr zum ersten Mal mitgegangen sind, wird mit dem dritten Platz geehrt und erhält 200 Euro. (als)