Der 84-jährige Sam Oschkowsky reiste aus Los Angeles an, um persönlich an der kleinen Zeremonie in der Kämmergasse im Griechenmarktviertel teilzunehmen.
Dem Holocaust entkommen84-Jähriger kam aus den USA zur Stolpersteinverlegung nach Köln
Es ist inzwischen selten geworden, dass Holocaust-Überlebende aus Köln persönlich anwesend sein können, wenn Stolpersteine für sie und ihre Familien verlegt werden. Am Donnerstag war so eine seltene Gelegenheit. Der 84-jährige Sam Oschkowsky reiste am Vortag aus Los Angeles, USA, an, um persönlich an der kleinen Zeremonie in der Kämmergasse im Griechenmarktviertel teilzunehmen.
Dass dies möglich wurde, ist auch der Kölnischen Rundschau zu verdanken. Sam kam 2005 als Gast des damaligen Oberbürgermeisters Fritz Schramma. Weil Karneval war, brachte Schramma seine Gäste mit zur traditionellen Weiberfastnachtsparty im Rundschau-Haus in der Stolkgasse. Dort traf Sam Rundschau-Mitarbeiterin Ulrike Weinert, die zwei Jahre lang in Kalifornien studiert hatte. Daher kamen beide schnell ins Gespräch und blieben in Kontakt. Über die Jahre reifte die Überlegung heran, die Familie Oszkowski, so die frühere Namensschreibweise, mit Stolpersteinen zu ehren. Sams Vater Abram führte ein Schuhmachergeschäft im Haus Kämmergasse 4-6 gegenüber dem heutigen Agrippa-Bad, wo die Oszkowskis auch wohnten. Da Menschen jüdischen Glaubens in der NS-Zeit der Zugang zu öffentlichen Einrichtungen verwehrt wurde, kam Sam am 11. September 1938 im damaligen Israelitischen Asyl an der Ottostraße in Neuehrenfeld zur Welt.
Dort befindet sich heute das Wohlfahrtszentrum der Synagogengemeinde. Er, seine Mutter Ester und seine Schwestern überlebten den Holocaust nur knapp, das Schicksal des Vaters Abram ist unbekannt. 1939 warnte ein Beamter die Familie vor der Gefahr, deportiert zu werden, so dass die Eltern Sams ältere Schwestern Toni, Jahrgang 1931, und Maria, 1933, mit dem nächsten Kindertransport nach England schickten. Vermutlich 1941 wurde der Vater verhaftet, die Mutter täuschte einen Selbstmord im Rhein vor, indem sie einen Mantel mit einem Abschiedsbrief darin ins Wasser warf. So gelang ihr die Flucht mit dem knapp dreijährigen Sam nach Frankreich und über die Schweiz in die USA. Das Haus wurde bei einem Bombenangriff im Zweiten Weltkrieg völlig zerstört.
Stolpersteinverlegung aus tragischem Grund verschoben
Die Stolperstein-Verlegung durch den Künstler Gunter Demnig war ursprünglich für Anfang März vorgesehen, musste jedoch verschoben werden, da Sams einziger Sohn Daniel im Februar verstarb. Statt durch den Initiator der Stolpersteine wurden die fünf Gedenksteine von einem Bauhof-Mitarbeiter eingelassen, wobei es Sam selbst und Oberbürgermeisterin Henriette Reker ein Anliegen war, zu assistieren. „Dieser Ort hat einen besonderen Platz in meinem Herzen“, sagt Sam Oschkowsky. „Heute hier zu sein, ist wie nach Hause kommen.“ Über die Sozialen Medien nahmen der große Freundeskreis und sein Rabbiner in Los Angeles regen Anteil an der Zeremonie. (EB)