33 vergessene, verlassene und unheimliche Orte in Köln stellt das Buch „Lost & Dark Places“ vor.
Vergessene Orte in KölnVon Geistervilla bis Friedhof – den „Lost Places“ in Köln auf der Spur
Das Gerücht, Köln sei keine schöne Stadt, hält sich hartnäckig. Immer wieder wird beklagt, wie dreckig Köln ist, voller Baustellen, marode. Aber Schönheit liegt ja bekanntlich im Auge des Betrachters. Oder der Betrachterin. Für diejenigen, denen „Lost & Dark Places“, verlorene und düstere Plätze, am Herzen liegen, ist Köln eine wunderschöne Stadt. Für solche Menschen wie Bettina Sons und Manuel Jansen.
In „Lost & Dark Places Köln“ stellen die beiden „33 vergessene, verlassene und unheimliche Orte“ der Domstadt vor. Wer sich darauf einlässt, wird mit einem faszinierenden Stadtführer der etwas anderen Art belohnt. Bauwerke und/oder deren Inneres, Industriebrachen und Parks, Kirchen, Befestigungsanlagen und einstige Sportstätten entwickeln dabei einen ganz eigenen, morbiden Charme. Mitunter wecken sie auch nostalgische Gefühle, weben poetischen Zauber oder wirken so verwunschen wie aus einem Märchen.
Was der öffentlichen Wahrnehmung entrissen, dem Verfall preisgegeben oder gar zum Schauplatz tödlicher Ereignisse wurde, bietet der Magazinautorin und Fachfrau für „Lost Places“ und dem Rechtsanwalt mit der Leidenschaft für Orte mit einer spannenden Geschichte einen reichhaltigen Fundus.
Lost Places in Köln: Geschlossen, kaputt oder verwittert
Wie schaurig und realitätsnah dieser Streifzug durch die dunkle Seite von Köln ausfallen soll, muss jede und jeder für sich entscheiden. Vieles von dem, was Sons und Jansen vorstellen, ist eher dazu angetan, Gefühle von Traurigkeit und Verlust zu empfinden, als Gänsehaut zu spüren. Wie die baufällige, einst so noble, 1997 geschlossene „Bastei“. Das Kölner Tivoli in den Riehler Rheinauen, an das nur noch ein Aufgang, ein Trafohäuschen und ein kaputter Zaun erinnern. Oder der verwitterte Parcours im Wäldchen in Vogelsang, der in den 1980ern das Dorado der BMX-Racer war.
Vieles fristet sein Dasein im Verborgenen, wie der Kronleuchter im Saal unter dem Theodor-Heuss-Ring. Der zum Kölner Abwassersystems gehört – und deswegen zudem ein „anrüchiger“ Ort ist. Eine fast mystische Schönheit besitzt das einstige Fabrikgelände von Klöckner-Humboldt-Deutz im Sonnenuntergang. Inmitten bröckelnder Mauern, unterm schweren wolkenverhangenen Himmel, gleißt es golden zwischen den Bäumen. Darin erscheint, wie von einem Rahmen eingefasst, der Dom und schickt seine Grüße auf die „schäl sick“ hinüber.
Auch beinahe vergessen: die ehemalige Glanzstoff Courtaulds GmbH an der Neusser Landstraße in Niehl. Mitsamt der Tatsache, dass dort zur NS-Zeit Kriegsgefangene zwangsweise arbeiten mussten. Heute bezeugen das nur noch das einstige Verwaltungsgebäude – und die „Betonzigarre“. Ein Turm, der so heißt, weil er ähnlich geformt ist wie der Tabak-Kloben und während des Zweiten Weltkriegs als Hochbunker diente. Ob all die Rock- und Pop-Fans, die es wegen eines Konzerts in der Kantine aufs Gelände zieht, das wissen?
Sons und Jansen haben Hinrichtungsstätten, Tatorte und, ganz klassisch fürs Grusel-Segment, Friedhöfe besucht. Sie erforschen eine Geistervilla und eine Geisterautobahn, stoßen in Roggendorf auf die Spuren von Cowboys und in Worringen auf eine verlassene Schule. St. Gereon in der City oder St. Amandus in Rheinkassel warten mit schaurigen Legenden auf.
Zu jedem dieser Orte werden die geschichtlichen Hintergründe packend und detailliert erläutert. Umso stärker wirkt der Kontrast zu dem, was heute so verwahrlost, abbruchreif und bemitleidenswert, vermüllt, überwachsen oder besprayt daherkommt. Insofern es überhaupt noch Reste gibt. Bevor Sons und Jansen zur „Dark & Lost“-Tour bitten, geben sie Neulingen umfängliche Verhaltensregeln an die Hand und listen die richtige Ausrüstung auf. Beides macht unbedingt Sinn. Ansonsten kann es nämlich, in echt, zu schaurigen Erfahrungen kommen.
Bettina Sons und Manuel Jansen: Lost & Dark Places Köln. 33 vergessene, verlassene und unheimliche Orte. Bruckmann, 160 S., 22,99 Euro.