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„Wir leben ewig“100. Geburtstag der Auschwitz-Überlebenden Esther Bejarano gefeiert

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Mit Musik und Erzählungen erinnerte auch Joram Bejarano an seine Mutter, Esther Bejarano.

Mit Musik und Erzählungen erinnerte auch Joram Bejarano an seine Mutter, Esther Bejarano.

Für die KZ-Überlebenden organisierte der Kölner Frauengeschichtsverein eine Gedenkveranstaltung, bei der Musik, Reden und Anekdoten ihr Engagement gegen Rechtsextremismus in den Vordergrund stellten.

Sie war eine bekannte Mahnerin wider das Vergessen, eine unermüdliche Kämpferin gegen Rechtsextremismus und Rassismus. Am 15. Dezember hätte Esther Bejarano, die am 10. Juli 2021 starb, ihren 100. Geburtstag gefeiert. Anlass für den Kölner Frauengeschichtsverein, eine Erinnerungsveranstaltung für die streitbare Aufklärerin über den Faschismus im NS-Dokumentationszentrum anzuregen.

Köln: Esther Bejarano mit Reden und Musik gewürdigt

Mit Reden, Musik und Fotos würdigten Claudia Wörmann-Adam vom Förderverein EL-DE-Haus, Esther Bejaranos Sohn Joram und Kutlu Yurtseven von der Kölner Rap-Band „Microphone-Mafia“ das Wirken der aus Saarlouis stammenden und zuletzt in Hamburg wohnenden Friedensaktivistin. Ganz im Sinne der Sängerin und Buchautorin überwog trotz aller Grausamkeiten, die sie als Verfolgte des NS-Regimes durchstehen musste, die Feier einer Unbeugsamen. Im voll besetzten Saal, in dem die Bewegung „Omas gegen Rechts“ stark vertreten war, durfte auch oft gelacht werden über Anekdoten von den Zeitzeugen-Tourneen durch Deutschland, Europa und bis nach Kuba mit der „Microphone-Mafia“. Wie von der KZ-Überlebenden dank ihrer Mitwirkung im Mädchenorchester Auschwitz gewünscht, erklang zu Beginn des Abends das Lied der israelischen Friedensbewegung „Shir laShalom“. Dazu erklärte der 72-jährige Joram Bejarano die Haltung seiner Familie: „Wir sind große Kritiker der israelischen Regierung, denn sie hat dem palästinensischen Volk viel Böses angetan. Wir haben immer für eine Zweistaatenlösung plädiert.“ Claudia Wörmann-Adam zitierte Leitgedanken von Esther Bejarano wie „Es ist nicht deine Schuld, dass die Welt kaputt ist, aber es ist deine Aufgabe, dass sie ganz wird.“

Esther Bejaranos Motto: Das Leben geht weiter

Einige Kölnerinnen und Kölner erlebten die zierliche Frau mit der kraftvollen hellen Stimme noch live auf der Bühne. „Wir wollen, dass ihr lacht, weil das Leben weitergeht“, lautete ihr Motto. Deshalb öffnete sie sich im März 2008 für das Rap-Projekt des türkischstämmigen Kölners Kutlu Yurtseven, einem Musikerkollegen ihres Sohnes Joram. Damals war sie bereits seit 30 Jahren als Zeitzeugin unterwegs, ausgelöst durch eine Neonazi-Kundgebung in Hamburg, bei der sie der Umgang der Polizei mit Gegendemonstranten empörte. „Wir waren zuerst ein Projekt, dann eine Band und schließlich eine Familie“, erinnerte sich Yurtseven an 13 intensive gemeinsame Jahre. So sah das auch die Trägerin des Bundesverdienstkreuzes. Daher blieb sie hartnäckig, als die Stadt Köln ihr allein die Ehre zuteilwerden lassen wollte, sich ins Goldene Buch einzutragen. Ohne „die beiden Mafiosis“ (neben Yurtseven Rossi Pennino) wolle sie verzichten, sagte sie, und setzte sich durch.

In Vorträge von Songs aus dem Widerstand, der Arbeiterbewegung und jüdischen Volksliedern spielten die Musiker Gesangspartien von Esther Bejarano ein, überwiegend in der Sprache Jiddisch, wobei sie sich Künstlicher Intelligenz bedienten, um ihre Stimme aus einer älteren Aufnahme herauszufiltern und neu zu instrumentieren. Mitsingen war angesagt beim kölschen Song „Wann jeiht d'r Himmel widder op“, den die Höhner der „Microphone-Mafia“ für eine Rap-Version überließen. Das Abschlusslied „Mir leben ejbig (Wir leben ewig)“ wurde zur Botschaft der Hoffnung, dass die Gedanken und Werte der Esther Bejarano überdauern. Zum 100. Geburtstag hat der Kölner Künstler Benjamin Marx derweil eine Esther-Bejarano-Figur in eine Weihnachtskrippe in Saarbrücken gestellt.