Kommentar zum Ukraine-KriegWarum wir dennoch Karneval feiern dürfen
Köln – Karneval und Krieg, Raketenangriffe und Trömmelchen – dieses Nebeneinander von Gewalt und Frohsinn ist nur schwer auszuzuhalten. Wie 1991 während des Golfkrieges stehen die Jecken vor der Entscheidung, ob Feiern und Trauern um die Opfer eines wahnsinnigen Krieges zusammengehen kann. Das Festkomitee hat früh an diesem Weiberfastnachtstag Position bezogen. Man werde sich die Grenzen der guten Laune nicht von einem Despoten diktieren lassen.
Das klingt nach Wehrhaftigkeit, nach Trotz, der den Karneval seit jeher kennzeichnet. Diese Haltung ist richtig. Es gehört zu den besten Traditionen des Karnevals, dass er auch Despoten angreift. Erinnert sei nur an Karl Küpper, den Widerstand gegen den Nationalsozialismus im Festsaal. Den Mächtigen und auch den Kriegstreibern ein wenig von ihrem Schrecken zu nehmen, das ist eine wichtige Funktion des rheinischen Brauchtums. Karneval findet nicht nur trotzdem statt, sondern ist bei allem Frohsinn und aller Leichtigkeit auch immer Kritik an den Mächtigen.
Auch ohne Putins Marschbefehl leben wir in bewegten Zeiten. Viele haben in der Pandemie um Angehörige trauern müssen, viele haben finanzielle Sorgen, einfach Angst vor der Zukunft. Der Karneval kann da ein Lichtblick sein. Weil es immer gut ist, die Nöte für einen Moment zu vergessen, so ausgelassen wie möglich zu feiern. Das heißt nicht, dass man die Pandemie und die Menschen in der Ukraine vergisst. „Wir schunkeln nicht an den Sorgen der Menschen vorbei“, sagt das Festkomitee, das trifft es.
Ohnehin ist es mehr als je zuvor die Entscheidung jedes Einzelnen, ob er feiern geht oder nicht. Jeder Jeck darf in den nächsten Tagen ruhig etwas Freude und Leichtigkeit spüren. Die Zeiten sind hart genug.