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Fastelovend wie vor 70 Jahren?So sehen die Notfallpläne für die Kölner Session aus

Lesezeit 5 Minuten
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Die Kölner Karnevalisten schmieden schon Pläne für die kommende Session.

  1. Der Coronavirus lässt es momentan nur schwer zu, einen Blick nach vorne zu werfen.
  2. Auch der Kölner Karneval steht vor einer ungewissen Zukunft. Dass die Session stattfinden soll - wie auch immer - ist zumindest klar.
  3. Wir beantworten die wichtigsten Fragen zu Karneval 2021.

Köln – Der Motto-Mundschutz, den die Firme Deiters zur neuen Session gefertigt hat, liegt am Montagabend als Präsent auf den weit auseinandergezogen Tischen im Gürzenich. Wo normalerweise bis zu 1300 Jecke feiern, sitzen nun 100 Vertreter von Karnevalsvereinen beim traditionellen Präsidentenabend. Es geht um einiges, denn auf der Tagesordnung stehen die Sessionsvorbereitung unter Corona-Vorzeichen und neue Kriterien zu Gruppengrößen im Rosenmontagszug. Wir geben Antworten auf die wichtigsten Fragen:

Steht eine Absage der Session zur Debatte?

Nein, denn das Festkomitee sieht sich gar nicht in der Position, dies in Betracht zu ziehen. „Karneval, das ist nicht eine große Party oder ein großer Zug. Der Karneval in Köln, das sind teils spontane, teils organisierte Feierlichkeiten, die sich über Tage in jeden Winkel der Stadt ausbreiten. Der Karneval findet mit oder ohne uns statt, soviel ist klar“, meint Festkomitee-Präsident Christoph Kuckelkorn. Ähnlich sehen es auch die Verantwortlichen in den rheinischen Karnevalshochburgen Aachen, Bonn und Düsseldorf. Sie setzen ihre Vorbereitungen fort, stellen aber fest, Karneval werde dieses Mal sicherlich „anders“ gefeiert.

Neue Teilnahmekriterien für Rosenmontag

12.000 Teilnehmer gehen beim Rosenmontagszug mit, hier liegt seit Jahren die Obergrenze, weil auch der Prinz auf dem letzten Wagen vor Einbruch der Dunkelheit das Ziel erreichen soll. Zuletzt hatten die Vereine die Aufnahme neuer Gesellschaften beim Festkomitee abgelehnt, um sich keine neue Konkurrenz um die Plätze im Zug zu verschaffen. Nun wurden Kriterien verabschiedet, die laut Zugleiter Holger Kirsch „transparent und fair“ sein sollen.

3 Punkte sind ausschlaggebend für die Berechnung der Teilnehmerzahl im Zug. Das Alter der Vereine, die Zahl der Mitglieder und die Höhe der Veranstaltungsabgabe ans Festkomitee. Dies ist eine Gebühr, die von jeder verkauften Sitzungskarte an die Dachorganisation fließt. Hinzu kommen Bonuspunkte für die Mitnahme von Musikkapellen und Tanzgruppen, ebenso können Nachwuchsarbeit oder umweltschonende Projekte positiven Einfluss haben.

9 Traditionskorps gibt es im Karneval, etwa Rote und Blaue Funken oder die Prinzen-Garde, die zum Teil mit bis zu 700 Mitgliedern pro Gruppe im Zug vertreten sind. Auf sie wirkt sich das neue System sehr unterschiedlich aus, manche werden deutlich Plätze einbüßen, andere nicht. „Es ging nicht um Besitzstandswahrung. Der Punktekatalog ist ein Appell an den Solidaritätsgedanken. Wer Plätze nicht benötigt, sollte darauf verzichten“, sagt Kirsch. Nun ist es auch möglich, dass manche Vereine nur alle zwei oder drei Jahre mitgehen, ohne ihren Anspruch auf eine Zugteilnahme einzubüßen.

2022 soll das neue System erstmals Anwendung finden. Allerdings lässt sich das Festkomitee leichten Spielraum. In einer langen Session – und damit einem späten Rosenmontagstermin – soll die Teilnehmerzahl im Zug auf 12.500 aufgestockt werden. In kurzen Sessionen - und damit einem früheren Einsetzen der Dunkelheit - ist eine Reduzierung auf 11.500 vorgesehen. Ziel sei es nach wie vor, „die Vielfalt des karnevalistischen Treibens“ zu präsentieren. Um das jeweilige Sessionsmotto im Zug zur Geltung zu bringen, stehen dem Zugleiter ohnehin 200 bis 400 Plätze zur freien Verfügung.

2010 war im Festkomitee bereits der „Arbeitskreis Platzjabbeck“ gegründet worden, Ziel war eine Attraktivierung des Rosenmontagszugs. „Nun ist der Ball bei mir gelandet. Aber ich bin erleichtert über die positiven Reaktionen“, sagt Kirsch. (tho)

Gibt es Alternativen für Großveranstaltungen?

Erstmals hat das Festkomitee am Montag einen Plan B für traditionelle Sessionshöhepunkte genannt. Sollten die Abstandsregelungen und Kontaktbeschränkungen auch im Herbst noch oder wieder gelten, planen die Verantwortlichen eine Rückkehr zum kleinen, ursprünglichen Karneval. Die Sessionseröffnung soll dann nicht vor großer Bühne auf dem Heumarkt stattfinden, sondern am Ostermannbrunnen – so wie vor 60 Jahren. Auch für die Proklamation des Dreigestirns gibt es eine Alternative: Statt im Gürzenich könnte das Trifolium im Rathaus im kleinen Kreis vom Stadtoberhaupt die Insignien der närrischen Macht erhalten – das Spektakel soll dann per Livestream übertragen werden.

Wie liefen die Feiern damals ab?

Rund um den Brunnen hatten sich ein paar Dutzend Karnevalisten getroffen. Am 11.11.1958 hatte beispielsweise Hans Jonen, Vorsitzender der „Muuzemändelcher“ die Jecken mit den Worten begrüßt: „Liebe Kölnerinnen und Kölner und solche, die es gerne sein möchten.“ Anschließend hatten die „Vier Botze“ musiziert, das alles zwar mit Mikrofon, aber ohne große Tonanlage. Auf den Alter Markt beziehungsweise Heumarkt ist die Willi-Ostermann-Gesellschaft als Veranstalter erst vor 50 Jahren gewechselt, vor allem in den vergangenen 15 Jahren hat das Fest stetig an Anziehungskraft gewonnen.

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An welchen Traditionen wird nicht gerüttelt?

Die Verantwortlichen haben sich in Abstimmung mit den Vereinen festgelegt, dass es ein Dreigestirn und auch ein Kinderdreigestirn geben wird. Demzufolge gebe es auch eine Proklamation, also eine Inthronisierungs-Feier für die Trifolien. Und: Auch einen Karnevalszug soll es geben – wie auch immer der dann aussieht.

Welche Empfehlung gibt es für die Vereine?

Säle sind längst gebucht, die Sitzungsprogramme stehen. Nun wiederholt das Festkomitee die Empfehlung, zweigleisig zu planen. „Wir planen ein Best-Case- und ein Worst-Case-Szenario und raten auch den Vereinen dazu“, heißt es in einer Mitteilung. Niemand könne heute schon ahnen, welche Corona-Bestimmungen Anfang des kommenden Jahres zu beachten sind. Es sei aber denkbar, dass die Sonderregeln „bekannten Formaten einen Strich durch die Rechnung machen“, heißt es. „Hier ist sicherlich viel Kreativität von Seiten der Gesellschaften und aller Karnevalisten gefragt. Wir als Interessenvertretung sind in Gesprächen mit Künstleragenturen, Veranstaltern und Saalbetreibern, damit die Rahmenbedingungen umsetzbar sind und auch kleinere Vereine die Krise gut überstehen“, sagt Kuckelkorn. Denn die Sitzungsprogramme kosten durchschnittlich 20.000 bis 25.000 Euro. Das Festkomitee will vermitteln.