Als „apokalyptisch“ bezeichnet Andreas Hupke, Bezirksbürgermeister der Innenstadt und Anwohner des Quartier Latäng, den Anblick der Uniwiesesagt er. Wir treffen uns mit dem Bezirksbürgermeister und mit Markus Vogt, Vorstand der IG Gastro Kwartier Latäng, zum Spaziergang durchs Viertel. Eine Bilanz.
Elfter im Elften„Märchenträumerei“ – Politik und Gastronomen kritisieren die Stadt
Nein, es war nicht alles schlecht, darauf legt Markus Vogt wert. „Vor allem am Rathenauplatz hatten einige Anwohnende durch die Sperrungen mehr Ruhe“, lobt er. Doch unter dem Strich hält er das Sicherheitskonzept der Stadt für verfehlt. „Der Elfte im Elften hat inzwischen Festivalcharakter in der ganzen Stadt erreicht. Und hier im Viertel wird der Druck der Massen auf die verkleinerte Feierfläche immer größer“, stellt er fest. Andreas Hupke sieht „eine Grenze überschritten“ und sagt: „Der Grüngürtel ist für die Feierlichkeiten geopfert worden“. Zudem übt er scharfe Kritik an Oberbürgermeisterin Henriette Reker: „Ich bin sehr enttäuscht von den Worten der Oberbürgermeisterin, die ins Univiertel kommt und nicht einen Halbsatz des Mitgefühls für die Menschen im Viertel übrig hat. Es gibt keine Empathie für das, was die Menschen hier aushalten müssen“, so der Bezirksbürgermeister.
Neues Sicherheitskonzept führt zu Verkehrschaos
Erstmals war die Feierzone nur über die Uniwiesen zu erreichen, die Feiernden wurden von den Ringen entsprechend geleitet. Doch dies führte dazu, dass im Laufe des Tages auch die Luxemburger Straße gesperrt werden musste. Sogar der Stadtbahnverkehr wurde in der Innenstadt eingestellt. Bürger berichten davon, dass ihre Kinder nicht mehr zur Schule oder in die Kita kamen, Reisende verpassten ihre Züge, weil keinen Bahnen mehr zum Hauptbahnhof fuhren. „Es kann nicht sein, dass unter dem Deckmantel des Karnevals der Verkehr zusammenbricht und die Stadt lahmgelegt wird. Im Grunde müssen die Verantwortlichen ab Montag besprechen, wo die Reise hingehen soll“. Fordert Hupke. In einem vorab vom Ordnungsamt in Auftrag gegebenen Gutachten war das Ziel formuliert worden, den Barbarossaplatz frei zu halten, um den Stadtbahnverkehr in jedem Fall gewährleisten zu können.
Gastronomen bieten sich erneut als Veranstalter an
Schon bei den Planungen für die diesjährige Sessionseröffnung hatten sich die Gastronomen im Univiertel als Veranstalter angeboten, die Stadt hatte die Hürde hierfür durch verschiedenste Auflagen jedoch sehr hoch gelegt und anschließend argumentiert, keinen Veranstalter gefunden zu haben. Markus Vogt reagiert entsprechend verständnislos. „Wir hatten nie ein Eigeninteresse, sondern haben uns als eine Art Friedensangebot an die Stadt als Veranstalter angeboten. Wir hätten unser Hausrecht ausüben und die Besucher besser auswählen können. Diese Pläne sind von der Verwaltung komplett zerschossen worden“, kritisiert er. Das Angebot der Gastronomen gelte jedoch weiter. Hupke und Vogt plädieren für eine alternative Veranstaltungsfläche und eine Imagekampagne, um vor allem die minderjährige Klientel aus dem Univiertel fernzuhalten.
Anwohner berichten von Exzessen
Gebrauchte Kondome auf einem Spielplatz, Müll, Scherben – die Auswirkungen der Feierlichkeiten schockieren Ben B., Anwohner des Brüsseler Platzes. „Wir sahen zahllose minderjährig erscheinende Personen, die so stark alkoholisiert waren, dass sie entweder in der Ecke lagen, von Freunden getragen wurden oder randalierten“, schildert er seine Beobachtungen rund um den Aachener Weiher. Viele Feiernde hätten ihm „vor die Terrasse gepinkelt“. Am Nachmittag hätten an der Kreuzung Aachener Straße/ Moltekestraße ein Scherbenteppich gelegen. „Es so viele Flaschen zerbrochen auf dem Boden, dass man nicht mehr über den Gehweg konnte ohne in Scherben zu treten“, berichtet er. Bezirksbürgermeister Andreas Hupke stellt klar: „Kein Sicherheitskonzept der Welt reicht für diese Menschenmassen, das ist Märchenträumerei. Die Stadt verkraftet diesen Ansturm nicht“.
Stadtspitze will analysieren und bilanzieren
Die Aufarbeitung des Elften im Elften wird schon in dieser Woche beginnen. „Wir werden in den kommenden Tagen alle Einsatzbilanzen zusammentragen, daraus ergibt sich dann ein Gesamtbild. Wir werden es analysieren und beraten, was gut und was weniger gut funktioniert hat, damit wir für den Straßenkarneval gegebenenfalls notwendige Anpassungen vornehmen können. Selbstverständlich werden wir dabei auch die Erfahrungen der Anwohnenden, von Gastronomie und Gewerbetreibenden im Kwartier Latäng und in der Altstadt einbeziehen“, sagt Stadtdirektorin Andrea Blome.