Köln Mundartautorin Paula HiertzNachschlag eines bewegten Lebens
Ihre Autobiografie hatte Paula Hiertz eigentlich bereits 2015 geschrieben: „Paula, Ein Leben“ heißt sie. An sich nicht zu früh, denn die Verfasserin konnte da schon auf beinahe 85 Jahre Lebenszeit zurückblicken. Doch in dem gut 150 starken Bändchen hatte die Autorin, die unter anderem auch als Komponistin, Regisseurin, Stadtführerin und Produzentin von Radiosendungen aktiv war – und vor allem ist – , längst nicht alle Geschichten und Anekdoten unterbringen können. Obendrein ist in den vergangenen sechs Jahren noch einiges passiert. Nicht nur Lustiges.
So hat Paula Hiertz mit „Paula, Ein Leben II“ einen ähnlich starken Band nachgelegt, den sie kürzlich im „Jade“ ihres Hauses vorstellte. Bis in die Nachkriegszeit geht sie zurück, etwa in der Geschichte „Trümmerliebe“ über ein Pärchen, das seine Zuneigung nächtens im zerschossenen Haus in der Clemensstraße nicht vor den Mitmenschen verbergen kann. Aber das Buch enthält auch Eindrücke von „Fronleichnam 1946“ oder die Darstellung eines Konflikts der Autorin mit der Akademie för uns kölsche Sproch“.
Rückblick auf Kölsch-Thiater
Erfreulicher ist da schon der ausführliche Rückblick auf ihr 1981 in Neubrück gegründetes „Kölsch-Thiater“ und Stücke wie „Die Fündlinge vum Neppes“, „De Schlaach vun Worringen“ oder „Kölle em Jlanz der Hanse“. Bei der Erinnerung an die Inszenierung von „Romeo und Julia“ steht eine Panne im Mittelpunkt, denn leider hatten die Hilfskräfte bei der Premiere vergessen, den eigens von „Vereinsschringer Hubäät“ für die große Balkonszene gezimmerten Balkon rechtzeitig auf die Bühne zu stellen. Diane Haarmann, Darstellerin der Julia, war nach Betreten der Bühne nichts anderes übrig geblieben, als laut zu rufen: „Hubäät, kannste mer ens minge Balkon bränge?“Das habe für anhaltende Lacher im Publikum gesorgt, so dass „dä verjessene Balkonopbau“ fester Bestandteil wurde.
Paula Hiertz freute sich besonders, dass unter den rund 20 Gästen der Präsentation Gabriele und Lothar Grellmann waren, die sehr engagiert die Arbeit der Thiater“-Abteilung für „Eraanjewaaßene“ unterstützt hatten. Dafür gab es Sonderapplaus von den übrigen Anwesenden, die bei schönem Spätsommerwetter von der Gastgeberin bestens beköstigt wurden.
Ein Bruch in der Biographie war der Tod des Gatten Hubert Hiertz im Jahre 2017. Paula Hiertz schildert auch, wie sie durch die unermüdliche Fortsetzung ihrer bisherigen Aktivitäten wie Gartenlesungen, Führungen, oder die monatlichen Verzällcher für eine Tageszeitung über den Schmerz hinwegkam. Und sie begann mit ihrer Marmeladen-Produktion.
Sturz und Operation
„Dann kam der Hammer“ ist ein anderer Abschnitt überschrieben, und mit dem „Hammer“ ist Corona gemeint. Denn aufgrund der Pandemie musst die Verzällcher-Rubrik eingestellt werden, die Paula Hiertz ein breites Publikum gesichert hatte.
Außerdem stürzte sie 2020 auf dem Weg zur Bushaltestelle, brach sich unter anderem zweimal den linken Arm. Als die Brüche nicht problemlos verheilten über und eine weitere Operation diskutiert wurde, fragte die Ärztin einer Klinik in der Innenstadt: „Sie glauben doch wohl nicht, Frau Hiertz, dass für Sie mit ihren 89 Jahren eine OP noch sinnvoll wäre?“
Paule Hiertz ließ sich davon aber keineswegs entmutigen, schrieb den zweiten Band zu Ende. Als Zugabe zur Lesung ratterte sie bestimmt 50 „Kölsche Alderdümer“ herunter – Listen vom Aussterben bedrohter kölscher Ausdrücke, die übers Buch verteilt sind. Darunter „fimpschich Eichhoon“, „Fressklötsch“, „Klaafmul“ „Jeck Jebrötsch“ „Schäl Kiwittsche“ . Am Ende des Buchs steht noch der Hinweis auf einen möglichen dritten Teil: „So Gott will“ werde sie ihn schreiben, „wenn ich Kölsche 111 Jahre alt werde.“