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Kölner AmtsgerichtDreijährige verschwindet in Kalk – Prozess gegen Senior

Lesezeit 3 Minuten
11.05.2024, Nordrhein-Westfalen, Köln: Ein Spielplatz liegt auf dem Gelände des Bürgerparks in Köln-Kalk. Ein Spielplatz liegt auf dem Gelände des Bürgerparks in Köln-Kalk.

Ein Spielplatz liegt auf dem Gelände des Bürgerparks in Köln-Kalk. Hier verschwand das kleine Mädchen.

Im Mai 2024 verschwand ein dreijähriges Mädchen in Kalk und wurde später bei einem 71-Jährigen gefunden. Dieser steht nun vor Gericht.

Bei einem Besuch in einem Park in Kalk verschwindet im Mai 2024 eine Dreijährige. Über Stunden ist das Kind nirgends aufzufinden. Erst im Rahmen einer Personenfahndung wird das Mädchen rund zwölf Stunden nach seinem Verschwinden von Polizeibeamten in der Wohnung eines 71 Jahre alten Mannes in unmittelbarer Nachbarschaft zu dem Park angetroffen. Gegenüber den Beamten behauptete der Mann, es habe sich um eine Verwechslung gehandelt, er habe das Mädchen für eine seiner Enkeltöchter gehalten.

Am Donnerstag wurde der kuriose Fall nun vor dem Amtsgericht verhandelt. Dem 71-Jährigen legt die Staatsanwaltschaft Entziehung Minderjähriger zur Last. Das Verfahren wurde aber bereits nach rund einstündiger Verhandlung vertagt. Ein Sachverständiger soll im Auftrag des Gerichts die geistigen Kapazitäten des Mannes untersuchen. Laut der Gerichtsakte könnte auch der Verdacht einer Demenzerkrankung bei dem Senior im Raum stehen.

Angeklagter bewirtete das Mädchen mit Cola und Chips

Laut der Anklageschrift soll das Mädchen, das sich vor seinem Verschwinden mit seiner Mutter, der Großmutter und einem Bruder in dem Park aufhielt, unter bislang ungeklärten Umständen in die Wohnung des 71-Jährigen gelangt sein. Weiter geht die Anklagebehörde davon aus, dass der Mann noch am gleichen Abend, spätestens jedoch in der Nacht, bemerkt habe, „dass es sich bei dem Kind nicht um ein Familienmitglied, sondern um ein ihm fremdes Kind handelte“, sagte die Staatsanwältin bei der Anklageverlesung. Und weiter: „Dennoch verschwieg er den Aufenthaltsort des Kindes und erklärte auch gegenüber der Polizei, dass es sich um seine Enkelin handelte“.

Verteidiger Christian Kemperdick erklärte für seinen Mandanten: „Der Vorwurf wird bestritten.“ Es stimme einfach nicht, was in der Anklage stehe. Zwar sei das Kind in der Wohnung des 71-Jährigen gewesen, es habe sich aber um eine Verwechslung gehandelt. Das Mädchen habe an der Wohnungstür seines Mandanten geklingelt und er habe es irrtümlich für eine seiner Enkeltöchter gehalten. „So viel sollte mal gesagt werden: Dem Kind ist nichts passiert.“ Das Mädchen habe vielmehr „Chips und Cola“ bekommen, habe sich irgendwann schlafen gelegt und auch der Mandant sei irgendwann eingeschlafen.

Mehrere gesundheitliche Einschränkungen

Das Kind sei nach dem Auffinden durch die Polizei am nächsten Morgen umfassend untersucht worden und es habe keine Anzeichen für einen irgendwie gearteten Übergriff gegeben, betonte Kemperdick: „Keine Fingerabdrücke, keine DNA-Spuren“ vom Angeklagten seien an dem Kind festgestellt worden. „Es war ein Missverständnis. Dem Mädchen geht es gut und da sind wir auch alle erleichtert“, so Kemperdick.

Als die Vorsitzende den Angeklagten fragte, ob er verstanden habe, was der Verteidiger in seinem Namen erklärt habe, antwortete der Senior auf italienisch: „Non capisco.“ Auf Deutsch: Ich verstehe nicht. Der 71-Jährige beklagte, dass er seine Hörgeräte vergessen habe. Kemperdick vermutete aber, dass „beschränkte intellektuelle Fähigkeiten“ des Mandanten Grund für das Nichtverständnis seien. Ein Sohn (46) des Angeklagten klärte das Gericht umfänglich über die Krankheitsgeschichte des 71-Jährigen auf, der verschiedene altersbedingte Leiden mit sich trägt. So leide seine Sehkraft wegen einer Zuckererkrankung. Auch von der geistigen Fitness her, sehe es nicht so gut aus, so der 46-Jährige weiter. Die Richterin vertagte daraufhin den Prozess und ordnete eine Begutachtung des 71-Jährigen durch einen Sachverständigen an. Der Prozess soll voraussichtlich in der zweiten Jahreshälfte erneut verhandelt werden.