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Weil Einsturz drohtHallen Kalk in Köln sollen per 3D-Scan dokumentiert werden

Lesezeit 4 Minuten
Die einsturzgefährdeten Hallen 75-77 von Klöckner-Humboldt-Deutz in Kalk.

Die einsturzgefährdeten Hallen 75-77 von Klöckner-Humboldt-Deutz in Kalk.

Die Hallen Kalk sind seit Jahren einsturzgefährdet, die Politik wirft der Stadt Köln Nichtstun vor. Nun sollen die Denkmäler wenigstens per 3D-Scan dokumentiert werden – für den Fall, dass sie wirklich einstürzen.

Bevor ein Haus abgerissen oder eine Brücke gesprengt wird, machen manche Menschen gerne noch ein Foto, um das verschwundene Gebäude wenigstens im Bild für die Nachwelt zu bewahren. Im Fall der alten Industriehallen von Klöckner-Humboldt-Deutz am Ottmar-Pohl-Platz in Kalk, die mittlerweile in so schlechtem Zustand sind, dass der Einsturz droht, hat die Bezirksvertretung (BV) Kalk nun etwas Ähnliches im Sinn.

Ob es daran liegt, dass man den Glauben daran verloren hat, die Stadtverwaltung werde noch etwas unternehmen, um die denkmalgeschützten Hallen vor der Zerstörung zu retten? Jedenfalls fordern die Grünen in der BV, „dass die Hallen Kalk sukzessiv, beginnend bei den Hallen 75-77, mit einem 3D-Laserscanningverfahren zeitnah (bis Ende September 2024) erfasst werden und die Ergebnisse auf einer öffentlichen Plattform (Internetseite der Stadt) zur Verfügung gestellt werden“. In ihrem Antrag heißt es dann auch lakonisch, die 3D-Scans „sollen bei einem Einsturz der Hallen auch als Rekonstruktionsanleitung für einen Wiederaufbau dienen“.

3D-Scan für originalgetreuen Wiederaufbau

Zur Begründung schreiben die Bezirksvertreter: „Aus zahlreichen Anfragen, Anträgen und Fachgesprächen ist die unmittelbare Einsturzgefährdung dokumentiert. Da es sich bei den Hallen um Industriedenkmäler handelt, sind diese zumindest visuell zu sichern.“ Ein 3D-Laserscan habe „auch den Vorteil, wenn die Hallen eingestürzt sind, einer Investorengruppe als Planungsgrundlage zu dienen, damit der Aufbau originalgetreu realisiert wird“.

Der Wortlaut des Antrags lässt schon Galgenhumor erkennen, er verdeutlicht, wie viel Frust über die Stadtverwaltung sich   in der Politik angestaut hat. Trotz mehrerer Beschlüsse zu ihrer Rettung verfallen die Hallen seit Jahren immer mehr. Die Hallen 76 und 77 sind mit Bauzäunen abgesperrt, dort hängen Schilder mit der Aufschrift „Achtung Lebensgefahr“, denn Menschen könnten von herabfallenden Steinen getroffen werden. Geplant war mal, dass das Museum Ludwig hier eine Dependance bekommt, auch für andere kulturelle Nutzungen und die Volkshochschule sollten die Hallen dienen, doch es geht nicht voran.

Im September 2021 hatte der Stadtrat die Verwaltung mit der Planung von Sicherungsmaßnahmen beauftragt. Weil es seitdem keine erkennbaren Ergebnisse gab, beschloss die BV Kalk am 25. April 2024 einstimmig einen Dringlichkeitsantrag unter dem Motto „Hallen 75-77 vor Einsturz bewahren“. Der Rat sollte beschließen, 33 Millionen Euro nicht verausgabte Mittel aus dem städtischen Wohnungsbauförderprogramm „für den Erhalt, die grundlegende Sanierung und Revitalisierung der Hallen 75-77 in der Neuerburgstraße, Köln-Kalk, umzuwidmen“. Außerdem solle die Verwaltung nach neun Jahren Leerlauf „endlich ein oder mehrere Nutzungskonzepte“ für die Industriedenkmäler vorstellen.

Standsicherheit nicht mehr gewährleistet

Im Stadtrat wurde der Antrag am 16. Mai hitzig diskutiert. Ulrich Breite (FDP) betonte, die Politik habe längst 18 Millionen Euro für den Erhalt der Hallen zur Verfügung gestellt. Doch die Verwaltung habe davon „null Cent“ ausgegeben. Und dass, obwohl sie selbst erklärt habe, ab Anfang des Jahres 2025 sei die Standsicherheit der Hallen Kalk „nicht mehr gewährleistet“. Es müsse dringend etwas passieren, sonst würden die Hallen bald einstürzen.

Brigitta von Bülow (Grüne) sagte: „2015 war schon klar, die Hallen sind einsturzgefährdet.“ Es sei zwar eine Projektgruppe eingerichtet worden, aber geschehen sei nichts, obwohl es klare Beschlüsse der Politik gebe. „Ich finde es wirklich schlimm, dass da nichts passiert, dass man sehenden Auges diese Hallen verfallen lässt.“ Für Kalk seien die Hallen extrem wichtig, es führe kein Weg daran vorbei, die Hallen zu sanieren. Von Bülow betonte, dass der Beschluss von 2021 weiterhin gelte „Ich weiß nicht, warum er nicht umgesetzt wird.“ Es handele sich schließlich um Baudenkmäler, da habe die Stadt einen Auftrag und könne sich nicht einfach „wegducken“.

Birgit Dickas von der oft mit satiririschen Mitteln arbeitenden Fraktion „Die Fraktion“, forderte gar den Abriss der Hallen, sie sagte: „Die Stadt arbeitet konsequent daran, kulturelle Einrichtungen platt zu machen. Kneipen, Clubs und so weiter. Nunmehr seit zehn Jahren schaut die Stadt dem stetigen Verfall der mittlerweile einsturzgefährdeten Hallen Kalk zu, ohne tätig zu werden.“ Nun sollten laut Antrag 33 Millionen Euro Wohnungsbaugelder zweckentfremdet werden, „ohne dass ein sinnvolles Nutzungskonzept vorliegt“. Besser sei es, die Stadt würde die Hallen „unverzüglich abreißen“ und mit den 33 Millionen Euro auf dem Gelände Wohnungen bauen. Denn für Kunst und Kultur, so Dickas ironisch, können die Kalker „ja immer noch in die Stadt fahren“.

Maria Helmis-Arend (SPD) wollte im Rat von Kulturdezernent Stefan Charles wissen, wo denn das Konzept für die kulturelle Nutzung bleibe. Der Beigeordnete blieb die Antwort vorerst schuldig. Die Verwaltung muss nun am 17. Juni im Betriebsausschuss Gebäudewirtschaft Rede und Antwort stehen.