Neben Kölnisch Wasser, Köln Zucker und Klosterfrau Melissengeist gibt es demnächst ein weiteres Produkt ‚Made in Cologne‘: den Köln-Sneaker.
Sneaker made in CologneKreative Kölner produzieren in Kalk das Modell „Draufgänger“
Der Schuh erinnert an die Sneaker-Modelle aus den 80er und 90er Jahren. Er wurde in Kalk entworfen, wird dort aktuell bis zur Produktionsreife fortentwickelt und kommt im Herbst auf den Markt. Der Sneaker besteht ausschließlich aus Materialien, die aus Nordrhein-Westfalen kommen: Das Gummi für die Sohle stammt aus Hameln, das Rind- und Ziegenleder aus Mönchengladbach, die Schnürsenkel aus Wuppertal und der Kleber aus Köln.
„Wir möchten ganz bewusst regional und ressourcenschonend produzieren. Unser Sneaker ist komplett recyclebar und bekommt einen digitalen Produktpass, in dem nachzulesen sein wird, welches Material verbaut wurde“, sagt Rolf Rainer, der aus einer Schuhmacherfamilie stammt und das Handwerk in dritter Generation betreibt. Gemeinsam mit drei weiteren engagierten Kollegen, die als Maßschuhmacher, Täschner und Designer arbeiten, versucht Rainer, das klassische Lederhandwerk neu zu beleben und für die Zukunft zu sichern.
In Workshops in Köln-Kalk können Kunden das Handwerk selbst erlernen
Im Machwerkhaus in Köln-Kalk hat der geborene Düsseldorfer mit seinen Partnern eine etwas andere Schuhmacherwerkstatt aufgemacht. Neben der Entwicklung des neuen Sneakers werden in der riesigen Halle auch Reparaturen aller Art durchgeführt und maßgefertigte Schuhe für betuchte Kunden gebaut. Außerdem bieten die Handwerker „do it yourself-Workshops“ an, in denen man lernen kann, wie Maßschuhe, Taschen, Portemonnaies und Gürtel hergestellt werden. Dadurch soll das Handwerk durch eigenes Tun eine neue Wertschätzung erfahren.
„Wir haben für unsere Werkstatt und den neuen Sneaker lange nach einem passenden Namen gesucht, waren uns aber schnell einig, dass ‚Leisetreter‘ keine Option ist. Jetzt heißen wir und unsere Produkte ‚Draufgänger’. In dem Namen steckt Dynamik, denn wir wollen in den Köpfen der Menschen etwas bewegen. Die Botschaft lautet: lieber ein Paar bequeme und passgenaue Schuhe als 20 Paar drückende“, sagt Jürgen Gerber, der selbst erst nach einer Banker-Karriere zum Handwerk gefunden hat.
In der Kalker Halle werden Schuhe für jeden Fuß maßgefertigt, ob breite, schmale, mit hohem Spann oder Fehlstellungen. Der Kunde braucht in jedem Fall Geduld: Bis der Schuh passgenau angefertigt ist, braucht es 300 Arbeitsschritte. Diese dauern mehr als sieben Tage. Die Symmetrie der Zehen, die Höhe des Spanns, der Umfang des Ballens, die Fußwölbung - alles muss exakt vermessen werden. Daraus wird dann ein individueller Leisten hergestellt, eine hölzerne Nachbildung des Fußes.
400 Leisten gibt es in der Werkstatt in Köln-Kalk
Über 400 Leisten hängen an der Wand der Werkstatt, das sind 400 potenzielle Kunden. Auch wenn ein maßgefertigter Schuh ab 2.500 Euro kostet, sind Umsatz und Gewinn in diesem Bereich überschaubar, deshalb setzen die Geschäftsleute auch auf Reparaturen. Die vier Gründer haben verschiedene Annahmestellen in den Innenstädten etabliert. Man kann die kaputten Schuhe aber auch per Post in die Kalker Zentrale schicken.
Schon 2015 hat Maßschuhmachermeister Rolf Rainer den Runden Tisch Reparatur mitgegründet. Die bundesweite Initiative aus Handwerkern und Umweltschützern setzt sich dafür ein, dass die Hersteller gesetzlich verpflichtet werden, in einem Produktpass das verwendete Material zu deklarieren und die Dinge so zu produzieren, dass sie reparierbar sind. Dabei geht es nicht nur um Waschmaschinen, Toaster oder Fahrräder, sondern auch um Kleidung und Schuhe.
„Die meisten konfektionierten Schuhe sind Sondermüll und gehören nicht in die Restmülltonne. Die wenigsten von uns wissen, dass weltweit allein 700 Millionen Tonnen CO2 Treibhausemissionen auf das Konto von Schuhen gehen. Wir möchten, dass die Leute nachdenken, welche Schuhe sie kaufen.“ Rolf Rainer ist nicht nur Visionär. Der 70-Jährige weiß, dass seine maßgefertigten Schuhe für 2500 Euro pro Paar keine Option und auch Lösung für den normalen Kunden sind. „Aber wenn man weniger kaufen und die alten reparieren lassen würde, da wäre ich schon sehr zufrieden.“
Im Gegensatz zu den maßgefertigten Schuhen ist der neue Köln-Sneaker von der Stange und wird preislich zwischen 400 und 500 Euro liegen, inklusive der ersten Ersatz-Besohlung. „Wir planen ein Modell aus vegetabil gegerbtem Leder, in drei verschiedenen Weiten. Wir glauben an unseren ‚Draufgänger‘, und trauen uns zu, in dem hart umkämpften weltweiten Sneaker-Markt zu bestehen. Er muss kein Massenprodukt werden, gerne aber eine Kultmarke“, sagt Designer Rudolf Scherf, der schon Modelle für namhafte Hersteller entworfen hat. Jürgen Gerber, der Quereinsteiger, würde sich freuen, wenn es demnächst heißt: ‚Was hast du für einen geilen Schuh?‘ und die Antwort lautet: ‚Ich habe einen „Draufgänger‘.
Machwerkhaus , Dillenburger Straße 97, 51105 Köln