Sozialdezernent Rau spricht im Stadtbezirk Kalk über aktuelle Entwicklungen, wie Bürgergeldempfängerquote und dem Pflegenotstand.
„Dramatische Entwicklung“Weniger Bürgergeldempfänger in Köln-Kalk – viele neue Herausforderungen
„Wie viel Zeit haben Sie? Ich könnte hier bis Mitternacht reden“, fragte Dr. Harald Rau scherzhaft in die Runde. Dabei war draußen die Sonne noch nicht untergegangen. Der Sozialdezernent war in die Bezirksvertretung Kalk gekommen, um Rede und Antwort zu stehen zu Fragen über den Stadtbezirk.
Im Bezirk erhalten 20,8 Prozent der Menschen, die dort leben, das sogenannte Bürgergeld. Das ist der niedrigste Anteil seit 2005. Problem: Hier wird sozusagen „gemischt kalkuliert“. Während in Vierteln wie Brück und Rath-Heumar die Zahl der Bürgergeldempfänger niedriger ausfallen wird, ist sie in anderen Stadtteilen des Bezirks höher.
Bezogen auf die einzelnen Veedel verfüge er leider nicht über Zahlen, bedauerte der Dezernent. Er rief dazu auf, die Startchancen der Menschen mit Migrationshintergrund zu verbessern. Allerdings: „Mit kommunalen Mitteln werden wir die Einkommensungleichheit nicht auflösen können.“
Pflegenotstand in Köln: Menschen werden immer älter
Ein anderes Problem sei die Pflege und Versorgung älterer Menschen. In Köln herrsche Pflegenotstand. Es fehlten 4500 Plätze in Senioreneinrichtungen. „Das heißt, wir müssten pro Jahr zweieinhalb neue Einrichtungen bauen.“
In der Regel seien Menschen zwischen 18 und 64 in Arbeit und bezahlten Steuern und Sozialversicherungen. 50 Prozent der Kölnerinnen und Kölner seien aktuell in diesem Alter. Bis 2040 sinke der Anteil auf 40 Prozent. „Das ist eine dramatische Entwicklung.“
Das Thema Gesundheit betreffe natürlich auch die Jüngeren. Was die Zahl der Ärzte angehe, sei der Stadtbezirk nicht schlecht aufgestellt. Es gelte jedoch, wo die Not am größten sei, sei die Zahl der Ärzte am niedrigsten. Aber der Stadt seien die Hände gebunden. „Die Verteilung der Ärzte ist Sache der Kassenärztlichen Vereinigung.“ Man beobachte Arbeitsüberlastungen von Ärzten wegen Bagatellen. „Es kommen Menschen in Notarztpraxen, die unter Kopfläusen leiden.“
Crack in Köln: „Da liegen nicht Spritzen herum, sondern Menschen“
In Sachen Drogen verwies der Dezernent auf zahlreiche Spritzenbehälter, die die Abfallwirtschaftsbetriebe aufgestellt hätten. Auf Crack habe die Verwaltung bisher keine Antworten gefunden. „Da liegen nicht Spritzen herum, sondern Menschen.“ Was den neuen Drogenkonsumraum in Kalk angeht, wünscht sich der Dezernent die Inbetriebnahme noch in diesem Jahr. Die Adresse wird die Dillenburger Straße 27 sein.
Die politischen Beschlüsse stünden, jetzt müsse man einen Träger finden und Personal. Eigentlich bedürfe das einer europaweiten Ausschreibung. „Aber wir möchten die Kompetenz vor Ort“, stellte Rau klar. Deshalb wolle man aus dem Konsumraum ein sogenanntes Förderprojekt machen. Dann müsse man nicht ausschreiben.
Förderung bedeute jedoch, dass der Träger auch einen Eigenanteil leisten müsse. Das wiederum mache die Suche nach einem Träger nicht leichter. Allerdings könne der Eigenanteil auch in ehrenamtlicher Arbeit geleistet werden.
Chistian Robyns, Fraktionsvorsitzender der SPD, merkte an, dass man auf den Drogenkonsumraum in Kalk nunmehr achte Jahre warte. Er forderte ein aufsuchendes Sucht-Clearing. Bei Crack-Erkrankten müsse man mit 15 bis 30 Konsumvorgängen pro Tag rechnen.
Manuela Grube von den Grünen forderte eine gerechtere Einkommensverteilung. „Leute in Armut sterben sechs Jahre früher als die anderen.“ Stefan Müller, Fraktionsvorsitzender der CDU, wünschte sich ein Beratungszentrum wie die „Kümmerei“ in Chorweiler.
Es fehle das Geld, sagte der Sozialdezernent. Aus der Kämmerei habe er die strikte Anweisung, dass für neue Ausgaben die Quelle zu nennen sei, aus der die erforderlichen Mittel stammten. Neue Ausgaben bedeuteten immer Kürzungen an anderen Stellen.