Die Radroute um Kalk enthüllt die verborgene Geschichte Kölns wie Trümmerberge aus dem Zweiten Weltkrieg und den ehemaligen Wohnort der Kelly Family.
Touren in KölnAuf dieser Radtour rund um Kalk erlebt man Köln in allen Facetten
Das ist ja der Gipfel. Oben angekommen, darf man auch mal etwas schneller atmen. Der Anstieg auf den Vingster Berg ist kurz und knackig. Auf sage und schreibe 64 Meter über Normalnull schiebt man sein Rad. Der Berg ist die höchste Erhebung während einer Radtour rund um Kalk, die die Stadtverwaltung ausgearbeitet hat. Er erinnert an unheilvolle Zeiten. Die Kölner schütteten dort nach dem Zweiten Weltkrieg die Trümmer aus den zerstörten Stadtvierteln auf. Ende der 50er Jahre wurde der Trümmerhügel begrünt und in den Äußeren Grüngürtel integriert. Man darf staunen über die üppige Vegetation mit großen Bäumen, die auf den Trümmern entstanden ist.
Radtour: Auf 24 Kilometern die Metropole Köln erleben
Die 24 Kilometer lange Tour könnte kaum urban-quirliger beginnen. Start ist der Wiener Platz, der oft negativ in die Schlagzeilen gerät. Die Wohngebiete Mülheims lässt man schnell hinter sich und fährt in Richtung Rheinufer.
Über die weithin sichtbare Brücke, von allen nur „Katzenbuckel“ genannt, gelangt man in den Mülheimer Hafen. Die 180 Meter lange Fußgängerbrücke aus Spannbeton wurde 1955 errichtet. Über sie gelangten die Rechtsrheinischen 1957 zur Bundesgartenschartenschau in den Rheinpark.
Güter werden im Mülheimer Hafen seit der Aufgabe der großen rechtsrheinischen Industriestandorte nicht mehr umgeschlagen. Der Hafen dient der Reparatur von Schiffen und als Nachtliegeplatz. Berühmt wurde der Hafen, als in den 90er Jahren die Kelly-Family dort auf einem Hausboot lebte. Ein Altar mit Devotionalien an der Hafenstraße erinnert an bewegte Zeiten.
Vorbei am Jugendpark führt die Radtour unter der Zoobrücke hindurch auf das ehemalige Bundesgartenschaugelände Rheinpark. Wer mit Kindern unterwegs ist, kommt an einem Stopp am großen Spielplatz nicht vorbei. Eine Fahrt mit der Kleinbahn durch den Park ist Kult.
Rheinaue in Köln-Poll: Ein provencalischer Moment
Im weiteren Verlauf der Tour kann man jetzt etliche Kilometer lang nicht mehr viel falsch machen. Immer geradeaus lautet die Devise. Den Rhein zur Rechten unterquert man die Hohenzollernbrücke, berauscht sich am immer wieder imposanten Blick auf Dom und Altstadt, lässt Deutzer und Severinsbrücke hinter sich und wirft auch einen Blick auf die Kranhäuser.
Wer die Rundstrecke in „Gegenrichtung“ in Angriff nimmt, kann abends das Glück haben, hinter den Kranhäusern die Sonne untergehen zu sehen. Radfahrerglück: Die Drehbrücke ist wieder passierbar. An der Alfred-Schütte-Allee steht samstags und sonntags regelmäßig ein Kaffeemobil.
Weiter geht die Fahrt am Rhein. In der Poller Rheinaue erhebt sich ein Reiher vor einem großen Sonnenblumenfeld in die Lüfte. Ein provencalischer Moment op der Schäl Sick.
Man fährt unter der Rodenkirchener Brücke hindurch in Richtung Westhovener Aue. Hier wird der Weg zum Pfad, weil die Stadtverwaltung an dieser Stelle offensichtlich die Grünpflege eingestellt hat. Das nimmt das Brombeergestrüpp dankbar zur Kenntnis und überwuchert den Asphalt.
Weite Wiesenflächen mit zahlreichen Baumgruppen prägen die Aue am Rand von Westhoven. Genau der richtige Ort für ein Picknick auf einer der vielen Bänke. Bis 1995 lebten in der Aue belgische Soldaten in Kasernen. Die wurden nach dem Abzug der Streitkräfte abgerissen, die Aue wurde renaturiert. Auf Tafeln wird über Geschichte und Gegenwart der Grünfläche informiert.
Ein weiteres grünes Kleinod auf der Tour erwartet die Radler nach Überquerung der Siegburger Straße: Das Gremberger Wäldchen. „Freundlich lockt der grüne Forst“, heißt es in einem Zeitungsbericht aus den 20er Jahren. Und in der Tat: Die Buchenbestände von damals haben sich bis heute gehalten.
Ehrlicherweise muss man aber auch sagen, dass das Wäldchen mitgeprägt wird vom Lärm der östlichen Zubringerstraße und der nahen Autobahn. Die soll zwischen den Autobahnkreuzen Köln-Süd und Gremberg ab 2030 erweitert werden. Gegen die damit einhergehende Abholzung haben Aktivisten jüngst ein Protestcamp im Wäldchen errichtet, das Anfang Juli von der Polizei geräumt wurde. Der Tourweg führt ein wenig ungemütlich hinter Leitplanken am vielbefahrenen Vingster Ring entlang und dann über besagten Berg wieder ins Grüne.
Gartenlabor in Ostheim
Das Fort X liegt im Wald. Das lässt man rechts liegen, überquert die Olpener Straße und steht schon mitten im Gartenlabor. Das Labor hat die Stadtverwaltung auf einem ehemaligen Acker eingerichtet. Städter und Städterinnen können hier 75 bis 100 Quadratmeter große Schollen bewirtschaften. Gemeinschaftlich sogar 300 Quadratmeter.
Nach anfänglicher Euphorie vor zwei Jahren scheint die Begeisterung zwar ein wenig abgeebbt zu sein. Trotzdem sind noch etliche illustre Krautgärten zu bewundern. „Das macht viel Arbeit“, bestätigt ein freundlicher Gärtner, der Gießkannen von einer Wasserzapfstelle mit einem Handwagen zu seinem Garten zieht.
Das Gartenlabor ist der Türöffner für die Merheimer Heide. Die war mal ein Exerzierplatz. Immer wieder erstaunlich, wie viele Grünanlagen in Köln eine militärische Geschichte haben. Die Heide ist heute Naherholungsgebiet. Vor allem während der Grillsaison.
Die Heide entspricht dem in den 20er Jahren entwickelten Konzept des Volksparks. Nun neigt sich der Ausflug seinem Ende zu. Der 1912 angelegte Mülheimer Stadtgarten ist erreicht. Ebenfalls ein Volkspark, wie der Klettenbergpark und eben der Volksgarten in der Südstadt. Vom Stadtgarten geht es zurück zum Wiener Platz.
Das Streckenprofil der Tour
Start und Ziel: Wiener Platz
Länge: 24 Kilometer
Streckenprofil: Meist flach und autoarm. Steile Anstiege und Abfahrten am „Katzenbuckel“ und am Vingster Berg.
Zur Serie
Die Stadtverwaltung hat 16 Radtouren rund um Kölner Veedel ausgearbeitet. Karten, Geodaten und Streckenbeschreibungen findet man im Netz. Wir stellen die Touren in einer Serie vor.