Insolvenz in KölnKölner Musikhaus Tonger schließt Ende Februar

Das Musikhaus Tonger hat Insolvenz angemeldet.
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Köln – Eine Prognose mag Thomas Giehl nicht abgeben. Der Geschäftsführer des Musikhauses Tonger in der Zeughausstraße sitzt an einem alten Holztisch zwischen Streichinstrumenten und einem Flügel. In den kommenden Tagen werde sich wohl entscheiden, ob doch noch ein Käufer für das Kölner Traditionsunternehmen gefunden wird. Im Dezember 2018 hatte Giehl Insolvenz angemeldet, weil auch das Weihnachtsgeschäft keine Wende gebracht hatte. Neun Mitarbeiter gehören noch zum Geschäft, ab Samstag soll der große Schlussverkauf beginnen.
In den sozialen Netzwerken hatte das Unternehmen am Mittwoch das Aus verkündet. „Liebe Freunde des Musikhauses Tonger, ich muss euch heute leider eine traurige Nachricht mitteilen“, beginnt die Stellungnahme. Vom „schwarzen Tag für die Kulturlandschaft in Köln“ ist die Rede. „Stand heute verschwindet eine Kölner Institution nach 197 Jahren aus dem Stadtbild“, teilt Tonger mit. Am 27. oder 28. Februar soll Schluss sein. Tonger ist eines der ältesten deutschen Musikhäuser.
Finanzielle Probleme in der Vergangenheit
In den vergangenen Jahren hatte Tonger immer wieder mit finanziellen Problemen zu kämpfen. Mitte 2014 war schon mal Insolvenz angemeldet worden, daraufhin hatte Thomas Giehl zum 1. Januar 2015 die „Tonger - Haus der Musik GmbH“ gegründet. Es folgten der Umzug aus der Brückenstraße zur Zeughausstraße und die Schließung der Filiale in Bonn. Die Ursachen der Insolvenz seien vielschichtig, meint Giehl. „Es ist eine Verkettung von vielen Umständen, ähnlich wie bei einem Flugzeugabsturz“, sagt er und räumt „eigene Fehler“ ein.
Anfangs sei die Zahl der Mitarbeiter zu hoch gewesen, und damit die Personalkosten. „Ich war der Annahme, dass der Umsatz schneller wieder steigen wird“, sagt Giehl heute. Zudem sei es fahrlässig gewesen, einigen Lieferanten zu vertrauen. „Sie haben Stein und Bein geschworen, nicht bei Amazon zu verkaufen, dann wurden Notenhefte dort angeboten“, erzählt er. Der Versuch, selbst im Online-Handel Fuß zu fassen, habe vielversprechend begonnen. Tonger hatte eine digitale Notenplattform an den Start gebracht. Noch ein bis zwei Jahre hätte er benötigt, um den Rückgang des herkömmlichen Geschäfts-Umsatzes durch die Online-Aktivitäten aufzufangen. „Dafür hätten wir Kredite benötigt, aber die haben wir nicht bekommen“, sagt er frustriert.
Auf das Online-Geschäft konzentriert
Thomas Giehl hatte sich mit der Übernahme des Unternehmens auf klassische Instrumente und das Online-Geschäft konzentriert. In seiner Stellungnahme klagt er nun über „Musiklehrer, die Ihren Schülern empfehlen bei Amazon zu kaufen“ statt in den Laden zu gehen. Hinzu käme „billige und qualitativ schlechte Ware aus Fernost“, die den Markt flute.
Nun möchte Giehl seine Stammkunden noch einmal beglücken. Ab Samstag gibt es 25 Prozent auf Instrumente, Noten und Literatur, bis Ende Februar sollen die Rabatte auf bis zu 99 Prozent steigen. „Bevor die Ware für wenig Geld an einen Nachfolger geht, sollen lieber die Kunden profitieren. Was am Ende übrig ist, wird zu einem symbolischen Obolus abgegeben“, kündigt Giehl an.
Am 1. Juli 2022 bestünde Tonger seit 200 Jahren. Doch dazu wird es wohl nicht kommen. Die Anteilnahme ist groß – natürlich im Internet.