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InnovationsfreudeKölner Design-Studierende zeigen ihre Projekte

Lesezeit 3 Minuten
Eine junge Frau hinter einem Holz-Modell für die Möblierung eines öffentlichen Platzes.

Den Josef-Haubrich-Hof zu einem sozialen Ort machen möchte Jana Valentina Hortian mit dem Konzept „Veedeln“.

Wer wissen will, warum Olaf Scholz öffentlich Bratwurst isst, sollte die Ausstellung in der KISD besuchen.

„Ich habe mich damit beschäftigt, wie Politiker Nahrungsmittel zur Kommunikation nutzen.“ Das, was Jule Marie Schacht über ihre Masterarbeit sagt, macht klar: An der Köln International School of Design (KISD) geht es um mehr als eine ästhetische Formgebung. Die KISD hat einen ganzheitlichen, integrativen Ansatz rund um gestalterisches und forschendes Schaffen. Dementsprechend vielschichtig und vielfältig sind die Abschlussarbeiten, die noch bis zum Sonntag dort präsentiert werden. Entdeckungen und Anregungen sind garantiert.

Schacht beispielsweise hat Unmengen von Bildern von Politikerinnen und Politikern aus den USA und Europa analysiert und herausgefunden, wie sie sich am liebsten essend in der Öffentlichkeit zeigen. Dabei überlassen sie in der Regel wenig dem Zufall. Denn: „Die Dokumentation von Essenshandlungen ist zu einem mächtigen Medium der politischen Kommunikation geworden“, stellt die Master-Studentin fest. Bei deutschen Politikern besonders beliebt: die Bratwurst.

Eine Frau am Schreibtisch, darauf zwei Montitore.

Jule Marie Schacht hat über Essen als Kommunikationsmedium geforscht.

„Die Bratwurst bringt den Politiker auf menschliches Maß“, erklärt Professor Jenz Großhans, Studienleiter an der KISD. Zusammen mit KISD-Direktor Professor Andreas Wrede verschaffte er sich am Donnerstag einen Überblick über die Abschlussprojekte. Gut 100 Bachelor- und Masterabschlussarbeiten sind ausgestellt. So viel wie sonst nie. Das liegt am Corona-Aufhol-Effekt. Auf allen fünf Etagen der Design-Schule gibt es etwas zu sehen, zu erleben und zu denken.

Geführte Touren

Damit die Besucherinnen und Besucher Hintergründe erfahren, sind die Jung-Designerinnen und -Designer vor Ort. Geführte Touren durch den so genannten KISD-Parcours liefern Einblicke in das Beste aus verschiedenen Lehrgebieten wie Produktdesign, Ökologie und Identität, Typografie und Layout, Interface- oder Service Design. Und aus Gebieten, die sich überschneiden.

Eine Frau mit Sprühflasche vor dünnen Holzstäbchen.

Lea Gründler hat sich mit Verwitterung beschäftigt und macht diese erfahrbar.

„Unsere Studierende sind Generalisten“, sagt Großhans. Der übergreifende, integrative Ansatz, der an der Kölner Design-Schmiede verfolgt wird, sorge dafür, dass die Absolventen weniger „Arbeitsbienen“ seien, sondern überproportional häufig in Führungspositionen in Unternehmen landeten.

Über den Tellerrand schauen

Ihre Besonderheit: Sie schauen über den Tellerrand, denken ganzheitlich - und so eben auch innovativ. Hinzu kommt, dass die KISD einen außergewöhnlich hohen Anteil internationaler Studierender hat. „Rund 40 Prozent sind ausländische Studierende“, sagt Direktor Wrede. Auch das fördert den Austausch, hilft, neue Perspektiven einzunehmen. Unterrichtssprache ist Englisch. „Ein schlechtes Englisch“, scherzt Großhans.

Korallen-Attrappen stecken in Befestigungsringen.

Korallen können variabel befestigt werden an der Riff-Stabilisierung von Carlos Rivera Pineda.

Dass das so wohl nicht stimmt, zeigt der Mexikaner Carlos Rivera Pineda, wenn er seine Riff-Stabilisierung in gutem Englisch erläutert. Pineda hat ein Klemm-System entwickelt, dass wiederverwendbar und somit nachhaltig ist. Am Rhein hat das System seine Feuerprobe bestanden.

Idee für den Josef-Haubrich-Hof

Inmitten der Stadt am Josef-Haubrich-Hof möchte Jana Valentina Hortian ihr Abschlussprojekt am liebsten umsetzen. Sie nennt ihr Projekt „Veedeln“ und es soll sowohl der Einsamkeit und Vereinzelung in der Stadt entgegenwirken als auch einen eher unwirtlichen Platz beleben. Durch ein gemeinsames Weben soll ein erstes Zusammenkommen auf dem Platz nahe dem Neumarkt eingeleitet werden. Dann sollen Strukturen geschaffen werden, die den gemeinsamen Aufenthalt fördern. Hortians Vision für den Josef-Haubrich-Hof: „Durch die Intervention wird ein Startschuss für eine Transformation in einen Sozialen Ort gesetzt.“

Ob die Konzepte und Projekte der Studentinnen und Studenten nur in den Räumen der KISD bleiben oder groß in der Realität herauskommen, ist offen. Immer wieder aber schaffen es Projekte aus der Ideenschmiede am Ubierring hinaus. Der beliebte Tauschschrank „Geben-und-Nehmen“ am Eierplätzchen in der Südstadt war ein solches Projekt.


Die Ausstellung mit den Abschlussarbeiten in der KISD, Ubierring 40,ist am Samstag und Sonntag von 10 bis 17 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei.