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Innovation aus KölnStartup will Klimabilanzen in gewerblichen Immobilien verbessern

Lesezeit 4 Minuten
Digitales Vorführobjekt: Ein imaginäres Kölner Museum of modern Arts (Moma) dient als Simulationsmodell.

Digitales Vorführobjekt: Ein imaginäres Kölner Museum of modern Arts (Moma) dient als Simulationsmodell.

Im Winter heizen, im Sommer kühlen: Ein Kölner Startup will die Klimabilanz kommerzieller Gebäude verbessern.

Es passiert jeden Tag in Köln, in Deutschland, überall – gerade jetzt, im ersten Jahresdrittel: Bei nasskaltem Wetter bollert die Zentralheizung, und sobald es im April oder Mai etwas wärmer wird, läuft die Klimaanlage im Dauerbetrieb. Vor allem in Bürogebäuden oder größeren Anlagen wird viel Energie verwendet oder verschwendet, um es den Bewohnern, Mitarbeitern oder Kunden so angenehm wie möglich zu machen.

Dabei werden zahlreiche Fehler begangen – die ein Kölner Unternehmen seit einiger Zeit beheben will. Das Kölner Startup „Aedifion“ hat es sich auf die Fahnen geschrieben, die schlechten Klimabilanzen, die durch den hohen Energieverbrauch entstehen, wirksam zu reduzieren. Auch die Stromkosten könnten mithilfe des Unternehmens verringert werden. Das Unternehmen hat eine digitale Plattform entwickelt, die die Anlagen mithilfe von künstlicher Intelligenz (KI) vorausschauend steuert.

Systeme werden überwacht und analysiert

Die Gebäudeautomationstechnik wird zuvor mit kleinen PCs zur Datenabfrage und Steuerung ausgestattet, welcher sämtlichen Systeme überwacht und analysiert. So werden die Betriebsdaten per Funkverbindung und Internet in die Cloud transportiert. Durchschnittlich 22 Prozent der Betriebskosten lassen sich laut Firmenangaben so einsparen, gelegentlich seien es sogar über 40 Prozent. „Aedifion“ konstruiert also praktische Helferlein für den Hausmeisteralltag.

CEO Johannes Fütterer erklärt das Konzept: „Wir bauen ein digitales Abbild der technischen Gebäudeausrüstung, eine Art digitalen Zwilling. So werden die Daten aus den Sensoren maschinenlesbar und wir können Ineffizienzen im Betrieb aufspüren. Zum Beispiel wenn die Heizung im Sommer läuft, es keine Nachtabsenkung gibt oder wenn die Raumlufttechnik am Wochenende läuft.“ Solche Ineffizienz bekämpft das „Aedifion“-Konzept und unterstützt den Facility Manager vor Ort.

Wettervorhersagen werden einberechnet

„Beispielsweise bauen wir Gateways an die Pumpen ein, so dass sich die Heizleistung runterregeln kann. Das System weiß, ob es in den nächsten Stunden wärmer wird, und reagiert darauf.“ Dazu beachtet das System die Wettervorhersagen, aber auch Informationen über den Strompreis des nächsten Tages, um das System sinnvoll auszusteuern. Für seine Komplettdienstleistung verlangt „Aedifion“ eine Lizenzgebühr elf Cent pro Quadratmeter und Monat.

Zudem ist man auf Fehlerbekämpfung spezialisiert, die die Vergesslichkeit mancher Betreiber ausmerzen kann: „Wir haben 43 Prozent eingespart in einem Gebäude in Aachen, wo Heizung und die Kälte gegeneinander gearbeitet haben“, erklärt der promovierte Maschinenbauingenieur Fütterer. Die Grundlage für das Geschäftsmodell entwickelte er an der RWTH Aachen. Bei einer Arbeit am Lehrstuhl für Gebäude- und Raumklimatechnik stellte er fest, dass der Zugriff auf Systeme für Heizung, Klima und Lüftung kompliziert war – zum einen, weil die Hersteller ungewöhnliche Standards anwendeten, zum anderen, weil es an Daten fehlte.

Lösung EU-weit patentiert

Seit 2017 ist „Aedifion“ auf dem Markt, und leistet in gewisser Weise Pionierarbeit: „Unsere Lösung ist EU-weit patentiert. Es ist ein Werkzeug, das für alle Immobilien funktioniert, nicht nur für die modernen Glaspaläste in der Innenstadt. Wir haben in Gebäuden eine virtuelle Batterie, die wir für Energiesysteme von morgen brauchen. Die Strompreise werden immer volatiler, und Gebäude sollten in Zukunft darauf reagieren können. Das ermöglichen wir mit dieser virtuellen Batterie.“

Im Jahr 2024 erhielt „Aedifion“ den Deutschen Digitalpreis „The Spark“. Zum Gründerteam und zur Geschäftsführung gehören neben Fütterer Felix Dorner, Jan Henrik Ziegeldorf und Erik Brümmendorf. 95 Mitarbeitende zählt das Unternehmen mit Sitz am Friesenplatz. „Wir arbeiten für verschiedenste Bundesbehörden, haben wiederkehrende Umsätze von rund fünf Millionen Euro im Jahr“ betont Fütterer.

Kölner Startup ist in 450 Projekten aktiv

Das Startup verweist darauf, dass es in rund 450 Projekten aktiv sei. Zu den namhaftesten Kunden zählen Eon, BNP Paribas und der Immobilienspezialist ECE, aber auch zahlreiche Kölner Unternehmen. Im Januar 2023 erhielt „Aedifion“ in einer Finanzierungsrunde rund zwölf Millionen Euro Risikokapital, unter anderem vom Wagniskapitalgeber World Fund, der auf Klimatechnologie spezialisiert ist.

An Selbstbewusstsein mangelt es Fütterer als Firmenchef nicht: „Wir sind technologisch sowie von den betriebswirtschaftlichen Zahlen Marktführer in Deutschland. Und wir möchten Marktführer in Europa werden.“ Der dreifache Familienvater aus Klettenberg fasst die Vorteile des Startups zusammen: „Es steuert die Anlagen autonom, basierend auf den Betriebsdaten, Wetterprognosen und Raumbuchungsplänen. Und es stellt, quasi als Nebenprodukt, die Daten für den Nachhaltigkeitsbericht zur Verfügung. Wir haben es geschafft, eine sehr einfache Lösung zu bauen, die sowohl die Wirtschaftlichkeit als auch die Nachhaltigkeit von Bestandsimmobilien adressiert. So gewinnen alle – der Vermieter, der Mieter und der Betreiber, der das Objekt effizienter machen kann.“