Individuelle Urnen aus Nippes„Man kann auch schön sterben“

Der Gestaltung der individuellen Urnen, die Yvonne Schroeder anfertigt, sind kaum Grenzen gesetzt. Würdevoll sollen sie aussehen und nicht kitschig. Das Material muss sich innerhalb von 25 Jahren zersetzen und darf die Umwelt nicht belasten. (Fotos: Hanano)
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Köln – Noch vor ein paar Jahren wollte Yvonne Schroeder nichts mit dem Tod zu tun haben. Die Produktdesignerin verdiente ihr Geld mit Accessoires fürs Badezimmer oder essbarer Unterwäsche. "Themen, die man verdrängt, wachsen", sagt Schroeder heute. Als ihre Tochter als Frühchen auf der Intensivstation lag, begann sich die 38-Jährige mit dem Sterben zu beschäftigen. Auch mit ihrem eigenen Tod. "Mir ist bewusst geworden, dass man eigentlich nichts selbst in der Hand hat." Für ein Praktikum ging sie ins Hospiz und begleitete andere auf deren letztem Weg. "Dort wurde mir klar: Man kann auch schön sterben."
Yvonne Schroeder hat seitdem keine Angst mehr, diesen Gefühlen und Gedanken zu begegnen. Im August bezog sie ein Atelier in Nippes, in dem sie Urnen und Gedenkobjekte anfertigt. Ihr Angebot geht von persönlicher Trauerberatung bis hin zu Kursen, in denen sie mit den Hinterbliebenen die Urnen anfertigt. "Jeder Mensch ist einzigartig", findet die Designerin, und so soll auch das letzte Behältnis sein. Egal ob aus Papier, Holz, Stoff, Metall oder Salzteig, der Gestaltung sind kaum Grenzen gesetzt. Die deutsche Friedhofsordnung schreibt allerdings vor, dass sich das Material der Urnen innerhalb von 25 Jahren zersetzt und die Umwelt nicht belastet. Plastikteile werden also nicht verarbeitet.
"Die Bestattungskultur ist derzeit im Wandel", weiß auch Manfred Kaune, Leiter des Kölner Grünflächenamtes. Auch die ältere Generation zieht mittlerweile oft eine Feuerbestattung einer Erdbestattung vor. Schon rund 60 Prozent der Kölner lassen sich in einer Urne beisetzen. "In den letzten vier Jahren gab es da noch mal einen großen Schub." Manfred Kaune ist für die 55 Kölner Friedhöfe zuständig, insgesamt 485 Hektar. "So viele Friedhöfe, die alle betrieben werden, gibt es nirgendwo in Deutschland." Auch auf die Stadt kommen große Veränderungen zu: Der Trend gehe weg von klassischen Gräbern in Reihen, hin zu Baumgrabstätten und Bestattungsgärten. "Wir werden von Nachfragen überrollt." Vor allem die Nutzungszeiten haben sich verändert. "Nach 25 Jahren ist Schluss", weiß Kaune. Danach werden die Flächen meist nicht weiter vermietet. Ungenutzte Flächen auf den Friedhöfen müsse man künftig anders nutzen, so Kaune. "Langfristig werden die Friedhöfe auch als Parks genutzt werden."
Yvonne Schroeders Urnen zeugen von der Veränderung in der Friedhofskultur: Die Asche wird im Bauch von R2D2 aus "Star Wars" begraben oder in einem mit Bonbons beklebten Würfel. Pflanzen oder Blumen schmücken die Oberflächen oder Schwärme von Papierschmetterlingen. Würdevoll und auf keinen Fall kitschig soll es sein. Die Urnen kosten ab 90 Euro. Kurse zur Herstellung in ihrem Atelier am Erzbergerplatz 9 dauern zwei Stunden und kosten 20 Euro. Irgendwann will die Designerin einen Tag des offenen Friedhofs organisieren. Um das Sterben mehr ins Bewusstsein der Menschen zu bringen. Und um das Potenzial dieser Orte zu würdigen: "Es gibt wenige, die sich nach dem Tod eines geliebten Menschen nicht nach einem Anlaufort sehnen."