Im Modehaus SauerWie das Stadtmuseum Kölns Geschichte neu erzählen will
Köln – Alles muss raus. Das Kölnische Stadtmuseum an der Zeughausstraße ist ein Sanierungsfall. Ein Wasserschaden hat vor vier Jahren zur Schließung der Dauerausstellung geführt, langfristig soll das Haus in der Historischen Mitte am Dom eine neue Heimat finden. Doch zunächst zieht das Stadtmuseum ins frühere Modehaus Sauer an der Minoritenstraße. Erstmals erläuterte das Team nun die Pläne für den Neustart.
Wie soll Stadtgeschichte erzählt werden?
Ganz anders als heute. „Wir wollen die Geschichte nicht an die Wand hängen und uns durch die Jahrhunderte kämpfen“, sagt Kurator Stefan Lewejohann.
Im Zeughaus standen Ritterrüstungen und ein alter Ford Taunus im zentralen Schaubereich, die Ausstellungsarchitektur von 1984 hat sich beharrlich gehalten. Das Prinzip im Haus Sauer: Geschichte soll erlebbar sein, durch Objekte greifbar gemacht werden. Emotionen und Gefühl (klar: Jeföhl) sind die leitenden Elemente im Energiekreislauf der Schau.
Das Stadtmuseum
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Jahre wird das Stadtmuseum mindestens an der Minoritenstraße bleiben. Die Miete beträgt anfangs 725 000 Euro pro Jahr, steigt dann an. Langfristig soll das Museum in der Historischen Mitte am Roncalliplatz zu Hause sein, zu dem Komplex zählen Verwaltungsräume des Römisch-Germanischen Museums und der Domkirche. Baubeschluss: nicht vor 2022. Völlig offen ist, was mit dem Zeughaus passiert. Das Festkomitee hatte lose Interesse angemeldet, davor steht die teure Sanierung.
Ein Auftaktraum mit einem großen Stadtmodell führt eher überblicksartig durch 2000 Jahre Kölner Geschichte, dazu werden in acht Themenräumen Fragen beantwortet wie: Was macht uns Angst? Was verbindet uns? Der Rucksack eines syrischen Flüchtlings kann neben einer Lebensmittelmarke aus dem Zweiten Weltkrieg zu finden sein. In einem Workshop mit Kölnerinnen und Kölnern hat das Team Positionen erarbeitet. Zum Thema Angst hat ein Mädchen einen gebrochenen Fahrradhelm mitgebracht. Er wird in der Ausstellung zu sehen sein.
Man sei durch die baulichen Schäden zu dem Neuanfang gezwungen worden, sagt Lewejohann, der mit seinem Kollegen Sascha Pries die Neugestaltung verantwortet. Diese Chance wolle man nutzen. „Wir wollen das Museum neu denken.“
Wie sehen die Räume aus?
Im Modehaus wird das Stadtmuseum 750 Quadratmeter Ausstellungsfläche haben, dazu 400 Quadratmeter für Sonderausstellungen. Zum Vergleich: Im Stadtmuseum waren es 2000 Quadratmeter (plus 400 in der Alten Wache), in der Historischen Mitte sollen es 3000 Quadratmeter sein. Das Haus Sauer ist ein dreiteiliger Gebäudekomplex, das Haupthaus hat fünf Etagen.
Bespielt werden Untergeschoss, Ebene und erste Etage, weitere Ausstellungsräume schließen sich im ersten Hinterhaus an. Das zweite Untergeschoss ist den Depots vorbehalten, die oberen Etagen werden für Büros und Verwaltung genutzt. Die Gestaltung der Räume übernimmt in Abstimmung das Berliner Büro Neo-Studio Neumann Schneider Architekten. Es hatte sich in einem Wettbewerb durchgesetzt.
Wo beginnt die Ausstellung?
Im Foyer, was den neuen frischen Geist des Hauses verdeutlichen soll. Der Besucher wird im so genannten „Open Space“ (offener Raum) in die Schau starten. Neben der Kasse, Garderobe und einem kleinen Shop mit seltenen Köln-Stücken im Zentrum wollen die Ausstellungsmacher Themen anreißen. Dieser offene Raum steht auch am Abend für den Diskurs (Debatten, Vorträge oder Filme) zur Verfügung. Die Stadt will den mit Partnern kooperieren: Künstler. Vereine, Initiativen oder auch Firmen. Das Haus soll „ein Ort der Begegnung und der Diskussion für alle“ sein.
Was passiert derzeit im Haus Sauer?
Das Haus ist eine Baustelle. Dass die Herrichtung so lange dauert hat in der Politik bereits für Ärger gesorgt. Für die Neunutzung müssen Arbeiter eine neue Technik, neue Stromleitungen, neue Beleuchtungssysteme und Vernetzungen, installieren. Die Aufteilung der Räume bleibt gleich, Wege-Verbindungen müssen barrierefrei gebaut werden. Bis zum Sommer ist an einen Ausstellungsbetrieb nicht zu denken.
Das Haus soll im dritten Quartal des Jahres vom Besitzer, der Deutsche Rückversicherung, zur Nutzung freigegeben werden. Mietzahlungen der Stadt werden mit der Übergabe fällig.
Wann soll das Museum einziehen?
Nach der Sommerpause beginnt der Umzug. Auch die Graphische Sammlung mit 170 000 Blättern, die Bibliothek mit 50 000 Medien sowie Restauratorenwerkstatt und Verwaltung räumen das Zeughaus. Eine erste Pop-up-Ausstellung („Modehaus goes Stadtmuseum“) könnte Ende des Jahres für einige Wochen zu sehen sein. Ein Appetithappen, der Lust auf mehr machen soll.
Bei der Festlegung auf einen Eröffnungstermin hält sich die Stadt zurück. Zu unsicher sei die Situation in der Corona-Krise. Und zu oft hat die Stadt lange Verzögerungen bei Bau- und Sanierungsprojekten erlebt. Ziel ist das Frühjahr 2022.