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Historische Mitte in KölnNeubau am Dom würde Stadt 167 Millionen kosten

Lesezeit 5 Minuten
Visualisierung der Historischen Mitte vom Kurt-Hackenberg-Platz aus gesehen.

Visualisierung der Historischen Mitte vom Kurt-Hackenberg-Platz aus gesehen.

Im Februar soll der Kölner Stadtrat über das Projekt am Roncalliplatz entscheiden. Die Kosten sind gestiegen.

Der Kölner Stadtrat wird voraussichtlich am 6. Februar 2024 eine Entscheidung über die Historische Mitte Köln (HMK) treffen. Das wäre fast zehn Jahre, nachdem der frühere Oberbürgermeister Jürgen Roters das Projekt im März 2014 erstmals angeregt hat. Wie berichtet, geht es bei der HMK um ein Gemeinschaftsvorhaben der Stadt Köln und der Hohen Domkirche am Roncalliplatz. Geplant sind dort zwei neue Gebäude: ein neues Domizil für das Kölnische Stadtmuseum sowie ein Bürohaus für Mitarbeiter von Kirche, Stadtmuseum und Römisch-Germanischem Museum (RGM). Für diese Neubauten sollen das Kurienhaus der Kirche und das Studienhaus des RGM abgerissen werden.

Die Visualisierung zeigt in der Mitte das neue Stadtmuseum, rechts das neue Bürohaus.

Die Visualisierung zeigt in der Mitte das neue Stadtmuseum, rechts das neue Bürohaus, links das Römisch-Germanische Museum.

Ursprünglich war geplant, dass der Rat noch dieses Jahr entscheidet. Im Bündnisvertrag von Grünen, CDU und Volt von 2021 steht: „Wir bekräftigen unseren Plan, den Baubeschluss für die Historische Mitte auf der Grundlage der Wettbewerbsergebnisse bis 2023 zu fassen.“ Doch die Politik hat noch viel Beratungsbedarf. Im Rathaus gilt es inzwischen als ausgeschlossen, dass der Stadtrat das sogenannte Jahrhundertprojekt bei seiner letzten Sitzung in diesem Jahr am 7. Dezember final beschließt. Kulturdezernent Stefan Charles stellt diese Woche die Pläne der Politik vor. Die Verwaltung hat dazu eine umfangreiche Beschlussvorlage erstellt, die bisher noch nicht veröffentlicht wurde.

Kritik an Siegerentwurf für Historische Mitte

Im Dezember 2021 hatte der Stadtrat Änderungen an den Plänen zur HMK verlangt und ein Konzept gefordert, wie die vier historischen Museen Kölns – das RGM, das MiQua (Jüdisches Museum/Archäologische Zone), das Stadtmuseum und das NS-Dokumentationszentrum – zu integralen Bestandteilen der Präsentation und Vermittlung von 2000 Jahren Kölner Geschichte werden und „damit ein überregional strahlendes Alleinstellungsmerkmal entstehen kann“.

Der Siegerentwurf aus dem Wettbewerbsverfahren von Staab Architekten war zuvor in der Politik teils scharf kritisiert worden, von einer „Betonwüste“ war die Rede. Volt verlangte eine Dach- und Fassadenbegrünung, der Rat forderte auch Photovoltaik-Anlagen und wollte geprüft haben, inwieweit eine Holzhybridbauweise möglich sei und ob sich auf dem Dach des RGM ein Museumscafé realisieren lasse.

Die Verwaltung lehnte eine Fassadenbegrünung ab, weil dann eine komplette Neuplanung und Neuausschreibung erforderlich sei. Gleiches gelte für alle größeren Änderungswünsche an den beiden Gebäuden. Das Dach des Stadtmuseums werde aber begrünt. Man prüfe das auch für das Dach des Bürohauses und des RGM, ein Café sei dort aber nicht möglich. Die einst geplanten Holzhybriddecken hält die Verwaltung aus Brandschutzgründen für nicht machbar.

Bauten der Historischen Mitte

Bauten der Historischen Mitte

Seit dem Beschluss von Dezember 2021 wurden die Pläne leicht überarbeitet, unter anderem wurde mehr Fensterfläche eingeplant (siehe Visualisierung). Die Kosten für das Projekt sind im Vergleich zur letzten Kalkulation aus 2021 in Höhe von 183 Millionen Euro eher moderat gestiegen. Nach Rundschau-Informationen soll der städtische Anteil jetzt 167 Millionen Euro betragen. Da geplant ist, dass sich Stadt und Kirche die Flächen und Kosten im Verhältnis 80 zu 20 teilen, läge der kirchliche Anteil bei rund 42 Millionen Euro und die Gesamtsumme bei etwa 209 Millionen Euro. Das entspräche einer Kostensteigerung um rund 26 Millionen (plus 14 Prozent).

167 Millionen Euro sind kein Pappenstiel in einer Zeit, in der die Stadt viele Schulen und Brücken sanieren muss und Kulturbauten von Oper über MiQua bis RGM gewaltige Summen verschlingen. Doch kann es sich Köln leisten, auf so ein zentrales Projekt zu verzichten? Die Mitte sei „ein Quantensprung für Köln und seine Museumslandschaft“ – „eine einmalige Chance“, die sich die Stadt nicht entgehen lassen sollte, hatte der neue Direktor des Stadtmuseums, Matthias Hamann, im Rundschau-Interview betont.

Derweil nimmt das Kulturkonzept für die Historische Mitte konkrete Formen an. Mit ihr bekomme das Stadtmuseum „einen würdigen Ausstellungsort, der zugleich Schatzhaus und Diskussionsforum, Kreativareal und Bildungsstätte, Tagungsort und Meeting Point sein wird“, legte das Kulturdezernat bereits im April dar. Diese Multifunktionalität übertreffe „die Möglichkeiten anderer Stadtmuseen um ein Vielfaches“.

Neben den flexiblen Ausstellungs- und Veranstaltungsflächen im Museum würde direkt am Dom ein weiterer spektakulärer archäologischer Rundgang entstehen – als Pendant zu Praetorium und MiQua. Neben bekannten Highlights wie dem Poblicius-Grabmal, dem Dionysos-Mosaik und der römischen Hafenstraße würde dieser Parcours auch den erzbischöflichen Palast umfassen, dessen Überreste hier im Untergrund liegen. Auch könnte dann erstmals das 2007/08 beim U-Bahn-Bau freigelegte römische Hafentor unter dem Kurt-Hackenberg-Platz besichtigt werden, das bisher nicht öffentlich zugänglich ist. Die Mitte wäre also weit mehr als nur ein Gebäudeensemble, sie ermöglicht eine Neudefinition der Kölner Geschichte. Köln erhalte damit „einen Ort, der seiner glanzvollen Vergangenheit und seiner chancenreichen Zukunft würdig ist“, so die Verwaltung.

Eine sehr gute städtebauliche Lösung für Kölns bedeutendstes Kulturareal am Roncalliplatz.
Bernd Portz, GbR Historische Mitte

Bernd Portz, Geschäftsführer der GbR Historische Mitte, also der Projektgesellschaft von Stadt und Kirche, hofft, dass der Stadtrat für den Bau der Mitte stimmt. „Wir haben die Planungen bis dato konsequent vorangetrieben. Nun stehen die Investitionsentscheidungen der beiden Partner an. Danach können wir die Umsetzung starten.“ Man habe den Siegerentwurf des Wettbewerbs weiter optimiert. „Er stellt eine sehr gute städtebauliche Lösung für Kölns bedeutendstes Kulturareal am Roncalliplatz dar und bietet zugleich hohe Synergiepotenziale. Von daher wäre es folgerichtig, diese Vorteile zu nutzen“, so Portz.

Unklar ist weiterhin, was aus dem maroden Zeughaus, der ehemaligen Heimat des Stadtmuseums, wird. Oberbürgermeisterin Henriette Reker hatte angeregt, das Stadtmuseum könne das Zeughaus künftig zusätzlich zur Mitte nutzen. Die Kosten der erforderlichen Generalsanierung waren in der Vergangenheit auf mehr als 90 Millionen Euro geschätzt worden.