AboAbonnieren

Mit dem Dampfer vom alten Köln bis zur LoreleyHermann Rheindorf präsentiert eine historische Filmreise durch das Rheinland in Farbe

Lesezeit 3 Minuten
Kölner Altstadtpanorama

Das Kölner Altstadt-Panorama im Jahr 1925. Szene aus dem neuen Film „Das alte Rheinland in Farbe“ von Hermann Rheindorf.

Hermann Rheindorf ist ein Jäger der verlorenen Filmschätze. Er hat schon mehr als 30 abendfüllende Filme gemacht.

Er ist der Jäger der verlorenen Filmschätze. Tausende Stunden historisches Filmmaterial über Köln und das Rheinland hat Filmemacher Herrmann Rheindorf (58) seit 1997 in Archiven und Privatsammlungen aufgestöbert und daraus mehr als 30 abendfüllende Filme gemacht. Und jedes Mal schafft er es aufs Neue, längst vergangene Zeiten auf überzeugende Weise wieder lebendig werden zu lassen. Sein soeben erschienenes Werk „Das alte Rheinland in Farbe“ widmet sich dem sagenhaften Vater Rhein zu Urgroßmutters Zeiten. Eine Landschaft, „fantastisch wie im Märchen“, betont Sprecher Christian Brückner, den man als deutsche Stimme von Robert die Niro kennt, gleich zu Beginn des Films. Rheindorf nimmt die Zuschauer mit auf eine filmische Reise durch das Mittelrheintal zwischen Köln und Mainz, das mit seinen Ritterburgen und Weinbergen, seinen Sagen und Legenden zum Inbegriff der Rheinromantik wurde.

Die Kamera begleitet Dampfschiffe auf ihrem Weg von Köln bis zur Loreley, dem Sehnsuchtsort am Rhein schlechthin, dem Heinrich Heine 1827 seine berühmten Verse „Ich weiß nicht, was soll es bedeuten“ widmete. Nur 69 Jahre später, im September 1896, kommt der französische Kameramann Constant Girel im Auftrag der Filmpioniere Auguste und Louis Lumière nach Köln und dreht dort die ersten Filmaufnahmen der Stadt überhaupt. Sie zeigen die alte Schiffsbrücke, die damals die Altstadt mit Deutz verbindet, und eine Fahrt entlang des Rheinufers, aufgenommen von Bord eines Dampfers. Diese und andere filmische Raritäten aus der Kaiserzeit, der Weimarer Republik und den 1930er Jahren verbindet Rheindorf zu einer facettenreichen Erzählung über das Rheinland und seine wechselhafte Geschichte.

Rheindampfer nahe der Loreley.

Die aufwendig kolorierten alten Filmsequenzen zeigen zum Beispiel Dampfer nahe der Loreley.

Er zeigt Bilder eines idyllischen Lebens, die man heute kaum glauben mag. Fischer holen Unmengen an Maifischen aus dem Fluss und fangen riesige Lachse, im Winter friert der Rhein über Hunderte von Kilometern zu. Erstmals sind Szenen aus dem Jahr 1929 zu sehen, als in Wiesbaden-Biebrich Scharen von Menschen den zugefrorenen Rhein zu Fuß überqueren. Sogar ein Auto ist dabei. Die Aufnahmen eines Kinobesitzer zeigen den Chauffeur Adolf Beck, er gilt als erster Mensch, der den Rhein mit einem Auto überquert. Auf der Reise durch die romantischen Rheindörfer begegnen wir Raddampfern mit bis zu acht Frachtkähnen im Schlepp und gigantischen Holzflößen, mit denen Baumstämme aus dem Schwarzwald nach Holland exportiert werden. Und die zwischen Köln und Mainz verkehrenden Ausflugsschiffe bringen, wie es im Film heißt, „Millionen von Menschen in die zuvor nahezu unzugänglichen Orte und begründen den ersten Massentourismus weltweit“. Doch auch die Tragik hinter der Idylle wird nicht ausgespart etwa wenn nach dem ersten Weltkrieg britische und französische Soldaten als Besatzungstruppen am Rhein patrouillieren.

Schaulustige auf dem zugefrorenen Rhein

1929 überquerten Menschen in Wiesbaden den zugefrorenen Rhein zu Fuß oder mit dem Auto.

Es ist Rheindorfs dritter Film, bei dem das historische Schwarz-Weiß-Material in einem aufwendigen Verfahren koloriert wurde. Die Spezialisten Rike Schmidt, Georg von Kreisler und Peter Dohr haben dafür mehr als 800 Standbilder aus dem Film in Handarbeit mit Farbe versehen – als Referenz für die weitere Bearbeitung mit Hilfe künstlicher Intelligenz, ehe eine erneute Überarbeitung Szene für Szene für den letzten Schliff sorgte. Das Ergebnis ist frappant. „Die Kolorierung lässt die Zeit zusammenschmelzen. Die Distanz der Schwarz-Weiß-Bilder verfliegt, und man ist mittendrin im Geschehen“, sagt Rheindorf. Besonders berührt hat ihn die Geschichte des Lotsen Anton „Toni“ Goedert, der ab 1920 Schiffe sicher durch die tückischen Riffe an der Loreley navigierte. „Als nach dem Krieg die meisten Rheinschiffe zerstört waren, musste er sich zehn Jahre lang an Land verdingen, ehe er in seinen Beruf zurückkehren konnte.“

Das alte Rheinland in Farbe. DVD, 80 Minuten, 17,80 Euro. Uraufführung am 18. Dezember, 19.30 Uhr , in der Volksbühne Köln (12 Euro). 2024 wird der Film auf einer Kino-Tour in Bonn und anderen Städten im Rheinland gezeigt.www.rheindvd.de