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Erster „Frauenort“ in KölnTafel am Kölner Georgsplatz erinnert an Freya von Moltke

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Vier Menschen stehen vor eine Tafel mit Foto und Lebensdaten von Freya von Moltke.

Freuen sich über den Frauenort: (v.l.n.r.) Fabian Selle, Helmuth Caspar von Moltke, Monika Kleinefenn und Ulrich Soénius.

An der Kaiserin-Augusta-Schule hängt jetzt eine Tafel, die an Freya von Moltke erinnert. Der Grund liegt auf der Hand.

„Wir wollen auf starke und mutige Frauen hinweisen, die Großes bewirkt haben“, erläuterte Monika Kleinefenn aus dem Vorstand des Vereins Frauenrat NRW den Zweck sogenannter „Frauenorte“. 23 solcher Orte gibt es bisher landesweit. Seit Mittwoch hat auch Köln einen. An der Fassade der Kaiserin-Augusta-Schule (KAS) am Georgsplatz in der Südstadt erinnert eine Tafel mit Foto und Lebensdaten an Dr. Freya von Moltke.

Wichtige Stationen aus dem Leben der gebürtigen Kölnerin sind aufgelistet. Freya von Moltke wurde am 29. März 1911 im Haus Trankgasse 7, vis-a-vis des Domes und unmittelbar am heutigen Bahnhofsvorplatz, als Tochter des Bankiers Carl Theodor Deichmann geboren. Die Familie zog 1913 zum Georgsplatz 16, dem heutigen Standort der KAS. Freya besuchte zunächst in Köln die Liebfrauenschule, nach der Mittleren Reife eine Hauswirtschaftsschule in Thüringen und bestand 1930 an der Kaiserin-Augusta-Schule die Abiturprüfung.

Freya von Moltke: Ehemann von den Nazis ermordet

1931 heiratete sie Helmuth James Graf von Moltke (1907-1945). Mit ihm und dem befreundeten Ehepaar Peter und Marion Yorck von Wartenburg gründete sie den - nach dem Familiensitz der Moltkes benannten - „Kreisauer Kreis“. Dort planten sie die Umgestaltung der deutschen Gesellschaft nach Ende des nationalsozialistischen Terrorregimes. Der Kreisauer Kreis bestand aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen. Freya von Moltke hatte eine herausragende Rolle und organisierte mehrere Treffen in Kreisau. Ihr Mann wurde im Januar 1944 von den Nazis verhaftet, vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilt und am 23. Januar 1945 in Berlin-Plötzensee ermordet.

Freya von Moltke lebte nach Kriegsende zunächst in Südafrika. Dort wuchsen auch ihre beiden Söhne auf. 1960 siedelte sie in die USA über. Nach 1990 wurde das ehemalige Familiengut in Kreisau, heute Krzyżowa in Polen, mit ihrer Hilfe zu einer internationalen Begegnungsstätte für die deutsch-polnische und europäische Verständigung ausgebaut.

Freya von Moltke starb am 1. Januar 2010 in Norwich, Vermont (USA). Ihr Engagement als aktive Widerstandskämpferin gegen den Nationalsozialismus sowie als Befürworterin von Frieden und Völkerverständigung hat ihr internationale Beachtung und Bewunderung eingebracht. Als Frau hat sie in einer traditionell eher von Männern dominierten Gesellschaft eine aktive Rolle im Widerstand übernommen. Sie steht als Symbolfigur im Kampf gegen Rechtsradikalismus, Terror und staatliche Willkür.

Verkörperung wichtiger demokratischer Werte

„Freya von Moltkes Themen sind heute wichtig. Wir sollten darüber nachdenken, wenn es darum geht, die Demokratie zu verteidigen“, sagte Dr. Ulrich Soénius, Direktor der Stiftung Rheinisch-Westfälisches Wirtschaftsarchiv zu Köln (RWWA). Zusammen mit der Freya von Moltke-Stiftung für das Neue Kreisau hat er sie für einen „FrauenOrt NRW“ vorgeschlagen.

Helmuth Caspar von Moltke, der Sohn der Geehrten, war eigens aus den USA angereist. „Ich freue mich von Herzen“, sagte er bewegt. Obwohl seine Mutter mit 18 Jahren von Köln „weggeheiratet“ hätte, sei sie ihr ganzes Leben „eine stolze Rheinländerin“ geblieben. Mit Blick auf die Begegnungsstätte Krzyżowa sagte von Moltke, Helmut Kohl sei angesichts der Versöhnungsmesse, die dort gefeiert wurde, zwar „der Vater der Versöhnung“ mit Polen. „Ich betrachte meine Mutter aber als Mutter der Versöhnung mit Polen“, sagte von Moltke.

Zu Fabian Selle, Vorsitzender der Fachkonferenz Geschichte an der KAS sagte von Moltke: „Ich würde mich freuen, wenn ihre Schule auch nach Kreisau fährt wie so viele andere.“ Der Lehrer sagte das zwar nicht spontan zu, stellte aber klar: „Freya von Moltke kann als Vorbild für unsere Schülerinnen und Schüler dienen. Wir sprechen über den Kreisauer Kreis.“ Das sei auch wichtig. Denn gerade in der aktuellen Situation in Deutschland sei kritisches Denken essentiell für eine offene Gesellschaft.