Erfolg für junge FilmemacherKölner Abschlussfilm beim Filmfest München nominiert

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Das Team der ifs in Ghana.

Das Team der ifs in Ghana.

Dass Schülerinnen und Schüler der Kölner ifs ihren Abschlussfilm in Afrika drehen, ist schon ungewöhnlich. Noch bemerkenswerter: der Erfolg der Produktion.

Ein bisschen müde hört sich Jan Hendrik Lübbers am frühen Vormittag am Telefon schon an. „Eine Menge Partys“ gibt es derzeit in München beim 41. Filmfest. Zusammen mit drei ehemaligen Kommilitonen, die Bildgestaltung, Produktion und Schnitt studiert haben, ist der 25-jährige Jung-Regisseur gerade an der Isar. Ihr Film „O Chale“ feiert dort Weltpremiere. Und nicht nur das: Die Produktion, mit der sie ihr Studium an der Internationalen Filmschule (ifs) in Köln abgeschlossen haben, ist in vier Kategorien für den Förderpreis Neues Deutsches Kino nominiert.

„Die Nominierung ist eine Riesenehre. Das ist der Wahnsinn“, sagt Lübbers. Er könnte in gleich zwei Kategorien ausgezeichnet werden: Bestes Drehbuch und Beste Regie. Die vier Laien-Darstellenden -Barnabas Kwaku Tinkorang, Atika Jumaih Bashiru, Raphael Kpakpo Allotey und Garvin Ahialey - sind Kandidaten für die Beste schauspielerische Leistung. Produzent Julius Nerlich (24) kann sich Hoffnungen auf die Auszeichnung Beste produzentische Leistung machen. Ob und wenn ja welche Preise „O Chale“ abräumt, stellt sich am Freitag heraus.

Ausschnitt aus "O Chale"

Ausschnitt aus „O Chale“

Sicher ist indes schon jetzt, dass die ifs-Alumnis mit ihrem Film weit über das hinaus gegangen sind, was an der Kölner Filmschule üblich ist. Rund zehn Flugstunden liegen zwischen ihrem ehemaligen Studienort Köln und ihrem Drehort. Denn: Der Film, eine 90-minütige Dokufiktion, spielt in Ghana. Der Inhalt ist eine Art Coming-of-Age-Geschichte, die sich an der Lebenswirklichkeit junger Ghanaer orientiert.

Vier Freunde erleben in den hektischen Straßen der ghanaischen Hauptstadt Accra die Herausforderungen des Erwachsenwerdens: schwankende Zukunftspläne, komplizierte Vater-Sohn-Beziehungen, traditionelle Geschlechterrollen und die Furcht vor dem Verlust der unschuldigen Kindheit bestimmen ihr Leben.

Ausschnitt aus dem Film „O Chale“.

Ausschnitt aus dem Film „O Chale“.

Der Basketballplatz wird für die drei jungen Männer und die junge Frau zum idealen Ort, um sich dem Alltag spielerisch zu entziehen. Gedreht wurde mit Laiendarstellern. Wie kommt ein junger Mann wie Jan Hendrik Lübbers, der in der niedersächsischen Kreisstadt Nordhorn aufgewachsen ist, auf so einen Stoff? Durch ein freiwilliges soziales Jahr. „Nach dem Abi bin ich mit 17 Jahren als Basketballtrainer nach Ghana gegangen“, erzählt Lübbers.

Ausschnitt aus dem Film „O Chale“.

Ausschnitt aus dem Film „O Chale“.

Als er seinem Kommilitonen Julius Nerlich von seiner Zeit in Ghana erzählt, entsteht bei beiden die Idee zu dem ungewöhnlichen Filmprojekt. „Uns verbindet die Faszination für Sport“, sagt Nerlich. 2022 beginnen die  Recherchen. Die jungen Filmleute schaffen es, von der Film- und Medienstiftung NRW 20.000 Euro Förderung zu erhalten. „Ohne die Förderung hätten wir das auf keinen Fall gestemmt bekommen“, sagt Nerlich und gibt zu, dass es eine Herausforderung war, so weit weg zu drehen.

33 Drehtage hatte das Team in Afrika. Unterstützung vor Ort kam von der kommunalen Initiative Developing Unity Nurturing Knowledge und dem National Film and Television Institute (NAFTI) in Accra. „Wir hatten tolle Partner vor Ort“, schwärmt der Regisseur. „Am Set wurden sechs verschiedene Sprachen gesprochen“, erinnert sich Lübbers und gibt zu: „Die Inszenierung war eine Herausforderung.“

Viel wurde improvisiert, nicht nur bei den Texten der Laiendarsteller, die in ihren Dialogen aus ihrer realen Lebenserfahrung und ihrem Lebensgefühl schöpften. Ein Lebensgefühl, das den jungen Europäern Respekt abverlangt. „Junge Leute in Ghana tragen so viel mehr Verantwortung als wir“, findet Lübbers. All das transportiert der Film.

„Wir hoffen, dass der Film bald in Ghana läuft“, sagt Lübbers. Dann möchte er sehen, ob die Authentizität, die hier in Deutschland gelobt wird, auch von den Einheimischen so empfunden wird. „Sicher haben wir eine eurozentrische Perspektive auf das Leben dort, aber ich hoffe, dass sie den Film trotzdem als authentisch empfinden.“

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