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Nord-Süd-Fahrt in KölnSo lief das Festival „Strassenland“ am Wochenende

Lesezeit 3 Minuten
Strassenland

Die Verkehrsachse gehörte am Sonntag den Passanten.

Einen Tag lang ruhte der Autoverkehr auf der Nord-Süd-Fahrt. Viele Initiativen und Start-ups zeigten ihre Ideen.

Mit Kreide auf der Nord-Süd-Fahrt zu malen, ist in der Regel keine gute Idee. Im tosenden Verkehr gerät man allzu leicht unter die Räder. Doch an diesem Sonntag — beim „Strassenland“-Festival — war die Verkehrsachse im Zentrum den Fußgängern vorbehalten. Aus dem Asphalt sprossen Ideen für eine nachhaltige Stadtentwicklung. Viele Startups, Unternehmen und Vereinen stellten ihre Konzepte vor. Zwar regnete es während der Dauer des Festivals nicht, doch blieb der ein oder andere Interessierte angesichts der grauen Wolkendecke und der kühlen Temperaturen wohl doch lieber zu Hause.

STRAßENLAND 2024

Fußgänger und Radler eroberten die Straße.

Richtig voll war es also nicht, doch sichtbar wurde gerade dadurch: Wie viel Stadtfläche im öffentlichen Raum dem Auto zugestanden wird. Wie eine urbane Stadtgestaltung aussehen kann, in der das Auto nicht der wichtigste Verkehrsträger ist, zeigten diverse Stände südlich des Tunnels auf der Nord-Süd-Fahrt. Unter anderem stellte Architekt Paul Böhm sein Konzept „Neue Mitte Köln“ mithilfe eines 3D-Modells vor. Sein Plan sieht beispielsweise vor, den Hauptbahnhof nach Kalk zu verlegen und einen Park zwischen Hohenzollernbrücke und Hansaring zu etablieren. Laut Böhm reagierten die Passanten auf sein Konzept „nur positiv und neugierig. Aber es gibt auch viel Skepsis, dass sowas in Köln überhaupt realisierbar sein kann.“ Für die Verwirklichung seiner Vision hält Böhm Festivals wie das „Strassenland“ aber für unerlässlich: „Für uns ist es wichtig, die Stadtgesellschaft zu integrieren. Das ist ein Grundprinzip unseres Vorgehens.“

Uns ist es ganz wichtig, zu zeigen, dass Lebensmittel wertvoll sind, auch wenn sie nicht der Norm aus dem Supermarkt entsprechen.
Anna Krekeler vom Verein Umweltbildungsort Gertrudenhof

Einige Meter weiter hatte der Hürther Gertrudenhof einen Hofladen mit einem besonderen Konzept aufgebaut: „Zahl was es dir wert ist“, stand dort auf einem Schild. „Uns ist es ganz wichtig, zu zeigen, dass Lebensmittel wertvoll sind, auch wenn sie nicht der Norm aus dem Supermarkt entsprechen“, erklärt Anna Krekeler vom Verein Umweltbildungsort Gertrudenhof e.V. Beispielsweise seien die verkauften Erdbeeren zu klein oder die Gurken zu krumm.

Was bis hierher mehr wie eine Messe wirkte, wurde zwischendrin trotzdem dem Ausdruck „Festival“ gerecht. Sei es durch Tanzdarbietungen — von ukrainischer Tradition über Breakdance bis hin zu Choreographien in Gebärdensprache — durch Mitmach-Malereien auf dem Asphalt oder durch die Musik, die durch die Straße schallte. Ein Höhepunkt: die verschiedenen Chöre, die in der hallenden Akustik im Tunnel unter der Schildergasse im Stundentakt sangen. Als ein Chor am frühen Nachmittag dort Udo Jürgens' Klassiker „Griechischer Wein“ darbot, stieg das Publikum spontan mit ein.

Nördlich vom Tunnel wurden die Besucher von einem Meer aus roten Zelten der Supermarkt-Kette Rewe empfangen. Die stellte mit regionalen Partnern wie beispielsweise Imkereien besonders nachhaltige Lebensmittel vor. Außerdem konnten Besucher im Korb eines Ballons, der von einem Kran auf etwa 40 Meter Höhe gehoben wurde, einen ganz besonderen Ausblick über die Stadt erlangen. Die angrenzende Streetfood-Meile bot außerdem eine Vielzahl an vegetarischen und veganen Speisen — die längste Schlange fand sich allerdings ausgerechnet vor dem nicht-vegetarischen Bratwurststand.

Strassenland

Die Kölner Stadtbezirke malte ein Mann auf die Straße.

Garten der Demokratie

1,5 Kilometer lang war das Festivalgelände von „Strassenland“. Ganz am Ende, zwischen WDR und Offenbachplatz, lag der „Garten der Demokratie“. Dort bot eine Bühne Raum für politische Diskussionen zum Thema nachhaltige Stadtentwicklung. So gab es unter anderem Themenblöcke wie „Energieeffizienz und erneuerbare Energien in städtischen Gebäuden“, „Kreislaufwirtschaft und Ressourcenmanagement“ oder „Nachhaltige Stadtplanung und Flächennutzung“.

Daneben stand der „Garten der Demokratie“ — wobei das Versprechen vom „Garten“ einzig durch eine grüne Matte aus Kunstrasen unter dem Diskussionszelt eingelöst wurde — ganz im Zeichen der anstehenden Europawahl. An typischen Wahlkampfständen warben Grüne, SPD, FDP, Linke und Volt um Wähler. Nicht vertreten waren unter anderem CDU und AfD. Auf dem Asphalt auf der Kreuzung Breite Straße/Tunisstraße malte ein Künstler eine Karte von Köln. Der Verein Kölner Freiwilligen Agentur e. V. warb mit Slogans wie „Misch dich ein!“ für ehrenamtliches Engagement. (nhi)

Strassenland

Blick aus dem Ballon auf die Nord-Süd-Fahrt.