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Kinder aus der UkraineEin Ort ohne Angst

Lesezeit 4 Minuten
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Be­treu­ungs­räume für ge­flüch­tete Kinder aus der Ukraine, mit Roland Siller (DEG) und Gabriele Gérard-Post (Himmel un Äd)

Köln – An diesem Ort gibt es keine Angst, keine Not und keine Flucht. Es gibt nur freundliche Gesichter, genug zu essen und zu trinken und Musik. Also alles, was der Mensch so braucht, vor allem was kleine Menschen so brauchen. Dazu etwas Unterricht am Nachmittag, und jede Menge Kreativität. 35 „Kids“, vorwiegend aus der Ukraine, verbringen aktuell im kunterbunten Gebäude am Großen Griechenmarkt, das der Deutschen Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG) gehört, ihre Ferienfreizeit. Organisiert wird diese vom Jugendhilfe-Verein „Himmel & Ääd“ – er gibt den teils kriegstraumatisierten Kindern ein fröhliches Zuhause und lässt sie in der Ferienzeit nicht alleine.

Auf Finanzierung durch Spenden angewiesen

Himmel & Ääd kümmern sich schon seit Jahren um benachteiligte Pänz in Köln und engagieren sich gegen Kinderarmut. Durch den großen Zuzug von Geflüchteten aus der Ukraine hat sich der Fokus im Jahr 2022 verändert: Die sogenannte „Villa Kunterbunt“ steht geflüchteten ukrainischen Kindern und ihren Müttern offen. Durch die Kölner Freiwilligen-Agentur kam die DEG mit „Himmel & Ääd“-Geschäftsführerin Gabriele Gérard-Post zusammen, stellte die etwa 1000 Quadratmeter kostenfrei zur Verfügung, sorgte für Möblierung und betreibt die Küche. „Himmel & Ääd“ stellte ein Fachkräfte-Team zusammen. An den Sprachkursen, Spielen, Bastel- und Bewegungsangeboten sowie am Frühstücks- und Mittagstisch können bis zu 50 Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre teilnehmen, und die Nachfrage ist groß. Aber es mangelt an Personal, und „Himmel & Ääd“ ist für die Finanzierung auf weitere Spenden angewiesen, sucht zudem Erzieherinnen und Sozialarbeiterinnen in Festanstellung.

Helfen ohne Atempause

„Wir sind aktuell in den gesamten Sommerferien beschäftigt, haben keine Atempause“, betont Gérard -Post, die gemeinsam mit ihrem Sohn Tim Gérard das Gros der organisatorischen und erzieherischen Aufgaben bewältigt. Bei krachend heißen Temperaturen wie in diesem Juli bleibt den beiden gemeinsam mit ihren Helfern oft lediglich ein Besuch im Park oder im Agrippabad, um den Kids Ablenkung zu gewähren.

Ansonsten können die Kinder und Jugendlichen Deutsch und weitere Fächer lernen, Zeichnen, Kicker oder Billard spielen und vor allem Musik machen: Dozenten der Offenen Jazz Haus Schule Köln und prominente Musiker wie JP Weber unterstützen den Verein während der Sommerferien in kostenfreien Musikstunden.

Die sprachliche Verständigung ist dabei nicht immer leicht: „Nur ein paar ältere Jugendliche aus der Ukraine sprechen Englisch, die kleineren Kinder weniger. Dafür lernen einige von ihnen noch fleißig Deutsch. Sie sind noch nicht beschult und nicht registriert, dementsprechend sind sie den ganzen Tag bei uns“, erklärt Tim Gérard.

Die Zeit sinnvoll überbrücken

Der neue Treffpunkt hilft, die Zeit sinnvoll zu überbrücken, in der die Menschen aus der Ukraine darauf warten müssen, als Flüchtlinge anerkannt zu werden. Erst dann erhalten die Kinder und Jugendlichen Plätze an Schulen. Auch die Mütter erhalten kostenfreie Deutschkurse vom Verein.

Was jedoch stets hilft, Sprachbarrieren zu überwinden, ist die Musik. Aus den hellen Räumen der Villa Kunterbunt klingt es funky und cool: „Yeah! Ok!“, rappt ein Knirps, während seine Freunde im passenden Rhythmus ihn an Schlagzeug, Gitarre und Keyboard begleiten. Nick Klapproth von der Offenen Jazz Haus Schule gibt alles, um die Kinder mit Begeisterung zu erreichen – ohne Kommunikation auf Deutsch. Gar nicht so einfach, wenn die Jüngsten ihn nicht immer verstehen: „Die Pänz machen das super und blühen hier total auf. Sie sind sehr musikalisch“, sagt der junge Dozent. Freitags wird vor den Mitarbeitern, Müttern und Besuchern ein kleines Konzert gegeben.

Yurii (15) aus Dnipro freut sich, dass auch seine jüngsten Landsleute hier aufgenommen werden: „Wir alle vermissen unsere Heimat sehr. Aber es ist gut, dass wir hier ein vorübergehendes Zuhause gefunden haben. Wir sind sehr dankbar.“

Jede Spende hilft

Jedes Feedback und jede Spende geben Gérard-Post und ihrem Team aus Pädagogen, Übersetzern und internationalen Helfern Kraft und Mut, weiter zu machen. Tim Gérard erklärt: „Die Sprachbarriere ist extrem. Man stößt hier ganz schnell an seine Kapazitätsgrenzen. Wir brauchen Erzieher*innen, Sozialarbeiter*innen, eigentlich auch Psycholog*innen. Alle die hier den ganzen Tag arbeiten, sind voll eingespannt und gelegentlich zermürbt. Aber dann machen wir doch weiter, weil es sich lohnt und weil wir als Privilegierte in Deutschland etwas zurückgeben müssen.“

www.himmelunaeaed.de