Rettungsaktion in Köln-VogelsangDas Lotto-Büdchen kann bleiben
Vogelsang – Sie haben es schon wieder getan: Wie schon 2019 haben die Vogelsanger ein „Büdchen“ gerettet. Damals versammelten sich Hunderte vor einem Kiosk am Vogelsanger Markt, jetzt wurde mit mehr als 1000 Unterschriften eine Lotto-Annahmestelle am Goldammerweg vor der Schließung bewahrt. Der Laden ist nicht nur die einzige Lotto-Annahmestelle, sondern auch seit Jahrzehnten eine Institution im Viertel. Jetzt ist klar: Sie darf bleiben – zum Glück.Jeder und jede hat mindestens ein kurzes „Tach“, „Guten Morgen“ oder auch „Moin“ übrig. Wirklich alle Menschen, die am Lottoladen von Melanie Ahlrichs vorbei kommen, grüßen. Mehr Beweis, wie wichtig der Laden am Goldammerweg für den gesamten Stadtteil ist, braucht es eigentlich nicht.
Das Ringen der Anwohner um ihr Büdchen
Vor wenigen Wochen bescheinigten es die Bewohner der Inhaberin sogar schriftlich, dass ihr Geschäft unter allen Umständen im Viertel bleiben müsse. Die spontane Unterschriften-Aktion startete, nachdem bekannt wurde, dass in etwa zwei Jahren allen Mietern im Gebäudekomplex Goldammerweg 24-28 gekündigt werden soll. Die GAG Immobilien AG, die diese Ankündigung den Wohnungsmietern schriftlich und den gewerblichen Mietern mündlich mitteilte, hat beim Geschäft von Melanie Ahlrichs inzwischen eingelenkt. Sie darf bleiben. Während der Sanierung soll sie zunächst in ein anderes Ladenlokal und später wieder zurück an den angestammten Platz.
„Zu einer Übergabe der Unterschriftenlisten kam es daher gar nicht“, berichtet Melanie Ahlrichs. Wohl aber wird es eine kleine Dankeschön-Feier am Samstag, 9.Juli, ab 12 Uhr, geben. Mit Bier und Würstchen soll die Rettung des Ladens gefeiert werden. Gut zwei Monate verbrachte sie mit Unsicherheit und Zukunftsangst, seit ihr Ende April mitgeteilt wurde, dass sie in etwa zwei Jahren den Laden schließen müsse.
Der zweite Coup der Vogelsanger
2024 soll der Komplex leergezogen werden, damit 2025 die Sanierung beginnen kann. Die meisten Ladenlokale im Erdgeschoss sollen danach auch zu Wohnungen werden.
„Da kam ich mir schon ziemlich weggeschmissen vor“, sagt Melanie Ahlrichs. Ihre Lotto-Konzession ist nämlich an die Adresse gebunden. Einfach in ein anderes Ladenlokal umziehen, geht nicht. Doch die Menschen in Vogelsang, die Anfang 2019 schon einmal „ihr“ Büdchen am Vogelsanger Markt vor der Schließung bewahrten, rührten sich auch dieses Mal. Zudem wurde die Vogelsanger SPD während des Wahlkampfs auf das Vorhaben der GAG aufmerksam. Landtagskandidat Jochen Ott – immerhin von 2004 bis September 2021 Aufsichtsratsvorsitzender der GAG – schaltete sich ein. Der daraufhin erzielte Kompromiss sieht den Erhalt des Lottogeschäfts vor.
Noch weitere Sorgen
Weitere Überlegungen zielen darauf ab, auch den beiden sozialen Einrichtungen – einem Jugendtreff der Katholischen Jugendagentur und dem Senioren-Netzwerk Vogelsang – eine Perspektive zu bieten. Konkret ist da aber noch nichts. Tabakwaren, Zeitschriften, Geschenkartikel und eben die Lotto-Annahme bietet Melanie Ahlrichs schon seit mehr als 20 Jahren am Goldammerweg. Bevor sie Pächterin wurde, gab es aber bereits eine Lotto-Annahmestelle unter dieser Adresse. Einst ein Geschäft unter vielen. Über dem Eingang zum gerade mal 28 Quadratmeter großen Lädchen prangt immer noch in riesigen Lettern die Bezeichnung „Einkaufszentrum Vogelsang Goldammerweg“.
Doch viel ist von dem, was in den 1960er Jahren den Mittelpunkt des Veedels bilden sollte, nicht mehr übrig. Eine Gaststätte und ein Eiscafé machten vor Jahren dicht. Die meisten Geschäfte in den Ladenlokalen nach und nach ebenfalls. Den kleinen Wochenmarkt gab die Stadt auch schon vor rund 20 Jahren auf.
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Umso wichtiger ist den Menschen ihre „Lottobude“. Nicht die Hoffnung auf einen Hauptgewinn lockt die Stammkundschaft, sondern die Gewissheit, Bekannte zu treffen und Neuigkeiten auszutauschen. Wenn Melanie Ahlrichs um 7.30 Uhr die Ladentür aufschließt, wartet meist schon der erste Kunde. Außer Zeitungen und Zigaretten ist vor allem der Kaffee beliebt. „Die Investition in eine Kaffeemaschine hat sich wirklich gelohnt“, sagt sie schmunzelnd.
Helfer für alle Fälle
Aber viele kämen auch mit Anliegen – etwa eine Überweisung korrekt auszufüllen – oder bitten darum, das Handy aufladen zu können. Der leuchtend grüne runde Tisch vor dem Laden ist fast immer besetzt. Eine Rentnerrunde kommt jeden Tag vormittags. „Wo sollen wir sonst hin?“ fragt einer. Es gebe sonst kaum eine Möglichkeit, sich derart ungezwungen treffen zu können wie hier. Manchmal, so berichtet ein anderer, bringe jemand auch selbstgebackenen Kuchen mit. Und wieder ein anderer schwärmt, dass eine Nachbarin aus dem Haus sogar einmal Frikadellen spendiert habe.