Neun Kölner Schulhöfe waren zwei Jahre lang auch nachmittags zugänglich. Doch das ist vorbei. Auch die „Campeones“ dürfen nicht mehr an der Schule Baadenberger Straße kicken.
Aus für Spiel und Sport?Die Stadt hat das Projekt Offene Schulhöfe gestoppt
Gleb hat große Pläne. Das zeigt schon der Name FC Campeones, den er aus einem Spanienurlaub mitgebracht hat: Er bedeutet so viel wie Champions. Der Zwölfjährige hat 13 weitere Kicker aus der fünften und sechsten Klasse um sich geschart, Trikots organisiert und Gegner kontaktiert. Denn der FC Campeones soll ein richtiger Fußballverein werden. Das erste Auswärtsspiel – gegen Vorwärts Blücherpark - war gleich ein voller Erfolg. „Wir haben 10:6 gewonnen, ich habe vier Tore geschossen“, sagt Gleb stolz. „Jetzt wollen wir in eine Liga.“
Nun steht das nächste Spiel an, doch als sich die Jungs am 2. Januar zum Training treffen wollten, war ihr angestammter Trainingsplatz, der Schulhof der Grund- und Hauptschule Baadenberger Straße, verschlossen. Der Grund: Das vor gut drei Jahren gestartete Projekt „Offene Schulhöfe“ wurde zum Ende des Jahres abrupt beendet. Stadtweit neun Schulhöfe standen seit Ende 2021 nach den Unterrichtszeiten sowie an Feiertagen und am Wochenende der Nachbarschaft für Sport und Spiel zur Verfügung. Im Herbst und Winter bis 18 Uhr, im Frühjahr bis 20 Uhr. Das ist erst einmal vorbei, Glebs Bruder Makar sieht schwarz für die Campeones: „Nun stehen wir vor dem Aus.“
Schulhof an der Baadenberger ist auch Treffpunkt für sportliche Eltern
Es könnte schwierig werden für die Jungen, aber nicht nur für sie, das bestätigt Susanna Schürmanns, Mutter eines Campeons: „In der näheren Umgebung gibt es keinen passenden Ersatz, keinen Bolzplatz zum Beispiel. Und in den Blücherpark lassen wir die Kinder abends nicht gehen, der ist zu abgelegen und nicht beleuchtet.“ Die beiden Schulhöfe an der Baadenberger Straße hingegen liegen zentral, sie sind komplett umzäunt, niemand muss Angst haben, dass mal ein Ball auf die Straße rollt. „Nach eine Anlaufphase war der Offene Schulhof hier sehr beliebt, ein echter Treffpunkt“, so Schürmanns. „Wenn ein Kind mal Langeweile hatte, ging es einfach zur Baadenberger Straße. Da war immer jemand.“
Sonst gebe es kaum freie Plätze für die Altersgruppe, die dem Spielplatz schon entwachsen ist, sagt Anja Muet, ebenfalls Mutter eines Hobby-Kickers. Aber auch Eltern seien häufig zur Baadenberger Straße gegangen, um eine Runde Tischtennis oder Basketball mit dem Nachwuchs zu spielen. „Die Schulhöfe zu öffnen, war eine geniale Idee, die sind ja ohnehin da und liegen einen Großteil des Tages ungenutzt da“, so Muet. So habe die Stadt mit dem Schulhof-Projekt nicht nur ein niederschwelliges, weil kostenfreies Sport- und Freizeit-Angebot geschaffen, das die Kinder von Handy und Konsole fernhalte, sondern auch einen Ort der Begegnung für Eltern. Auch für die Integration von Geflüchteten etwa seien solche Orte unverzichtbar, denn es sei hinlänglich bekannt, wie förderlich gemeinsame sportliche Aktivitäten für das Kennenlernen und die gegenseitige Akzeptanz sind.
Zweijähriges Pilotprojekt kostete die Stadt gerade einmal 1,15 Millionen
Daher sei es unverständlich, dass die Stadt ein derart kostengünstiges Projekt einfach beendet: Das zweijährige Pilotprojekt auf den neun Schulhöfen schlug laut Angaben der Stadt mit gerade einmal 1,15 Millionen Euro zu Buche. Damit konnten wohlgemerkt nicht nur die Reinigungs- und Schließkosten gedeckt werden, es reichte auch noch für Aktionstage des Stadtsportbunds. Ein Klacks verglichen mit den Kosten für die Neueinrichtung von Spiel- oder Bolzplätzen. Billiger sei soziale Arbeit kaum zu haben.
Dass die Ergebnisse des Projekts „Offene Schulhöfe“ auch die Verwaltung „überzeugt“ haben, bestätigte kürzlich das Amt für Schulentwicklung, an das sich Anja Muet schriftlich gewandt hatte. Aufgrund der positiven Erfahrungen war die Öffnung nach der zweijährigen Pilotphase bis Ende 2024 verlängert worden. Doch nun ließen die knappen städtischen Kassen „eine kurzfristige Fortführung leider nicht zu“, heißt es im Antwortschreiben des Amts. Aber: „Ziel ist mittelfristig, Wege zur Wiederaufnahme des Projektes zu finden, um die positiven Effekte, die das Projekt in den Nachbarschaften der betroffenen Schulen erkennen ließ, schnellstmöglich wieder aufleben zu lassen.“
Die Neuehrenfelder Eltern wollen aber sofort nach Lösungen suchen. „Viele wären sicher bereit, hier ehrenamtlich Schließ- und Reinigungsdienste zu übernehmen“, meint Susanna Schürmanns. Man werde sich mit den Politikern vor Ort in Verbindung setzen und sondieren, was möglich ist. Christian Weber, Vater eines Campeons, denkt über eine Petition nach. „Dafür müssen wir gezielt die Bewohner in der Nachbarschaft ansprechen, oder die Schulpflegschaft. Aber wir hoffen natürlich auch auf Unterstützung aus anderen Stadtteilen, die einen offenen Schulhof hatten.“
Ehrenfelds Bezirksbürgermeister Volker Spelthann muss man nicht lange überzeugen: „Dass das Pilotprojekt durchgeführt wurde, war schon ein Erfolg. Es ist ja angesichts des Mangels an Spielmöglichkeiten absurd, dass solche Plätze außerhalb der Schulzeiten ungenutzt bleiben“, so der Grünen-Politiker. Angesichts der Schieflage im Haushalt hätten die Ämter aber solche „freiwilligen Leistungen“ der Stadt als Erstes kürzen müssen, „sonst hätte das die Bezirksregierung Köln gemacht.“ Spelthann hat wegen der Schulhöfe schon mit der Verwaltung gesprochen und den Eindruck gewonnen, dass dort eifrig an einem neuen Konzept für die Schulhoföffnung gearbeitet wird, etwa über Patenschaften. „Wenn das Konzept die Bezirksvertretung Ehrenfeld einschließt, werden wir uns selbstverständlich daran beteiligen.“