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Live Music HallPhillip Boa und der Zauber der Klangirritationen

Lesezeit 2 Minuten
Phillip Boa and the Voodooclub.

Mit großer Geste: Phillip Boa and the Voodooclub.

Seit 40 Jahren ist Boa mit seinem Vodooclub unterwegs.

Auch wieder da? Konzerte früherer Größen haben etwas von einer Geburtstagsparty, auf der sich stets die gleichen Gäste treffen. Phillip Boa zündet die Zusammenkunft mit „Get terminated“ und „Life after being a zombie“. Die prall gefüllte Live Music Hall feiert mit.

Schlichter schwarzer Anzug, wenig Worte und der Scheitel nicht mehr so lang wie in vergangenen Tagen: Boa pflegt auch im fortgeschrittenen Alter den reduzierten Auftritt. Er macht keine großen Worte. Die aktuelle Tour ist mit „Singles + Songs From Their Catalogue“ überschrieben. Das klingt arg retrospektiv, doch der Abend ist frisch komponiert. In der Mitte der Bühne steht ein stählernes Fass.

Vor 40 Jahren gründete der Dortmunder (bürgerlich: Ernst Ulrich Figgen) mit seiner damaligen Partnerin Pia Lund die Band Phillip Boa and the Vodooclub. Im selben Jahr veröffentlichten sie die LP „Philister“ und setzten dabei die Tonart für experimentelle Indie-Rockmusik, die sich über Brüche und schräge Klangkurven definierte. Ohne dabei Harmonie zu vernachlässigen – das bescherte zumindest zeitweise gute Chartplatzierungen und internationale Anerkennung. Die Musik war oft eigenwillig und hob sich damit wohltuend ab vom Garagen-geprägten Rock der Kollegen. Pia Lund ging irgendwann, kam zurück, ging wieder. 17 Alben brachte der heute 62-jährige Phillip Boa mit wechselnden Begleitmusikern hervor. Ab Mitte der 90er Jahre schien die beste kreative Schaffensphase vorbei.

Wen juckt‘s heute? Der Zeremonienmeister Boa schreitet über die Bühne und schüttelt den Takt aus dem Handgelenk. Soundschleifen und viel Gitarren, Perkussionselemente sind weniger präsent. Die Band setzt jüngere Songs zu  Klassikern wie „Albert is a headbanger“ oder dem altehrwürdigen „Diana“. Vanessa Anne Redd übernimmt den Gesangspart von Pia Lund – und ersetzt sie überaus dynamisch und gut.

Die ganz großen Erfolge wie „Container Love“ und „This is Michael“ gibt es in Ehrenfeld erst am späteren Abend. „And then she kissed her“ ist pure Euphorie. Erst nach „Kill your ideals“ legt Boa das Sakko ab, noch ein Kuss in die Luft. War wieder schön gewesen.