Die Rundschau stellt kreative Menschen der Film- und Fernsehlandschaft in Köln vor. Diesmal: Ina Timmerberg entwirft das Bühnenset für aufwändige und ausgefallene Film-Produktionen.
Rheinische FilmlandschaftWie in Köln das Setup für Tatort und Kinohits entsteht
Ein präparierter Ochse am Spieß wird mitten im Wohnzimmer einer noblen Villa in Köln-Braunsfeld überm offenen Feuer gegrillt. Der tote Bulle ist Mittelpunkt einer dekadenten Römer-Mottoparty – eine vermeintlich „Herrliche Welt“ der Reichen, die in der Filmsatire von Regisseur Oskar Roehler bitterböse inszeniert wird. Schnitt. Im ausgebrannten Restaurant „Wunderlampe“ liegt eine Leiche, ein Fall für die Kölner Tatort-Kommissare Ballauf und Schenk, die in verkohlten Resten der täuschend echt wirkenden Location nach Spuren suchen.
Schnitt. In den Studio-Kulissen einer großen Altbauwohnung durchleiden Christoph Maria Herbst und Christiane Paul in ihren Rollen als spätpubertierendes Paar mit drei Kindern die Irrungen und Wirrungen ihrer alten Ehe; die Ausstattung des Kinohits „Es ist nur eine Phase, Hase“ spiegelt bis ins Detail einer integrierten alten Küche das (Seelen)-Leben wider.
Eine Bühne für die Schauspieler
Drei Beispiele aus Film-Produktionen der letzten Jahre, die eines gemeinsam haben: Szenenbild – Ina Timmerberg. Großes Kino und TV-Filme gehören zu den vielfältigen Projekten der Architektin. Sie entschied sich nach dem Studium, lieber fiktive Filmwelten zu erschaffen statt echte Häuser zu bauen, nur auf der Leinwand für die Ewigkeit. „Es gibt verschiedenste Herausforderungen, die dabei zu bewältigen sind“, erklärt die Fachfrau für die Psychologie der Räume, in denen sich die Figuren vor laufender Kamera entfalten. „Ich möchte letztlich für die Schauspieler eine Bühne bauen, je nach Drehbuch und Geschichte die passende Atmosphäre und Lebenswelten für die Darsteller erzeugen“, sagt die 51-Jährige.
Das funktioniert meist mit einer Mischung aus Drehorten vor Ort sowie gebauten Sets, immer aufwendig gestaltet. „Im Grunde bleibt nichts, wie es ist.“ Dafür sind Objekte mit Patina gefragt, Gegenstände mit Geschichte, die authentisch wirken, zeigt Ina Timmerberg bei einem Termin im Fundus der FTA Film- und Theaterausstattung GmbH auf dem WDR-Produktionsgelände in Bocklemünd – eine riesige Fundgrube für Requisiten, die dort auszuleihen sind. Ob Vintageteppich oder Designerlampe, bunt oder düster, schrill oder schlicht, auch Stil und Farben am Set erzeugen verschiedene Stimmungen.
Nicht alles lässt sich kopieren
Der Anfang 2023 gesendete Tatort „Schutzmaßnahmen“ mit dem abgebrannten Lokal war eine der besonders speziellen Herausforderungen fürs Szenenbild. Mit Tischlern und Theatermalern wurde in Köln das Interieur gebaut, um es mit dem Bunsenbrenner wieder anzuflämmen. Verkohlte Tapeten wurden an Wände getackert und mit schwarzem Kreidespray nachgearbeitet. „Aber es lässt sich nicht alles malerisch kopieren“, weiß die Architektin.
Während der Corona-Zeit wurden für die Komödie „Es ist nur eine Phase, Hase“ Kulissen für eine 170-Quadratmeter-Wohnung in den MMC-Studios nachgebaut und bis zu den Steckdosen detailliert gestaltet. Durch Zufall entdeckte Ina Timmerberg, die in der Südstadt wohnt, im Nachlass einer Nachbarin eine Küche aus den 70er Jahren. Die Küche kam als authentische Requisite im Kino groß raus. Sie wurde ins Szenenbild eingepasst, inklusive Inventar, von Einmachgläsern bis zu alten Putzmitteln. Als Szenenbildnerin verantwortet Timmerberg die gesamte Set-Gestaltung. „Das ist Teamarbeit“, betont sie.
Mit dem Lesen des Drehbuchs fange alles an. Es entstehen erste Bilder im Kopf. In Absprache mit Regie, Kamera- und Kostümbild-Crew nehmen die Ideen Gestalt an. Es müssen Konzepte gemacht, Drehorte gesucht, Studio-Kulissen mit der Baubühne gefertigt und nicht zuletzt das Gesamtbudget für den Szenenbild-Bereich von ihr verantwortet werden.
Selbst die freie Natur ist ein Ort, der zu formen ist: „Auch da muss alles zum Konzept passen, von der Auswahl der Baumstruktur bis zum Moos.“ Aktuell ist sie für einen ZDF-Film über Väter auf dem Selbsterfahrungstrip unterwegs: In einem privaten Wald in der Nordeifel konnten wir ein Achtsamkeits-Camp aufbauen.“ Und wenn demnächst „Lassie – Ein neues Abenteuer“ in den Kinos startet, wird am Ende wieder im Abspann stehen: Szenenbild – Ina Timmerberg.