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Venloer Straße in KölnSo läuft es mit der neuen Einbahnstraße in Ehrenfeld

Lesezeit 4 Minuten
Die Zufahrt zu Venloer gegen die Fahrtrichtung wurde gesperrt, nachdem es morgens zu größeren Irritationen kam.

Die Zufahrt zur Venloer gegen die Fahrtrichtung wurde gesperrt, nachdem es morgens zu größeren Irritationen kam.

Zeitenwende auf der Venloer Straße: Nun gilt zwischen Piusstraße und Gürtel eine Einbahnstraßenregelung. Das soll den dortigen Verkehrsversuch auf eine neue Ebene heben.

Der Gesichtsausdruck der Autofahrerin spricht für sich: aufgerissene Augen, offenstehender Mund. Das kurze Wort, das sie danach offensichtlich ausstößt, wird von der Windschutzscheibe geschluckt - und wäre wahrscheinlich eh nicht zum Wiedergeben geeignet. Es ist die neue Einbahnstraßenregelung auf der Venloer Straße, die der jungen Frau gerade in die Parade gefahren ist. Wer in das östliche Ende der Ehrenfelder Verkehrsachse, also von der Inneren Kanalstraße aus, einbiegen will, kommt nur noch wenige Meter weit, bis zur Piusstraße. Von der Kreuzung mit dem Gürtel ausgehend, darf die Venloer in diesem Abschnitt mit einem motorisierten Gefährt nur in Fahrtrichtung Innenstadt befahren werden. Damit ist die zweite Phase des Verkehrsversuchs auf der Venloer Straße eingeläutet.

„Das muss sich noch finden“

Es war zu erwarten, dass am ersten Tag noch nicht alles rund läuft. Und die Erwartung wird nicht enttäuscht. Tag 1 beginnt mit Blaulicht. Anfänglich standen nicht mehr als die Durchfahrt-verboten-Schilder hinter der Kreuzung mit der Pius- und der Franz-Geuer-Straße. Das war zum Start der neuen Regelung zu wenig, um mit alten Gewohnheiten zu brechen. Zu viele Autofahrer fuhren dennoch flott die Venloer Straße in Richtung Westen hoch, gegen die Fahrtrichtung. Die Polizei griff ein und versperrte mit einem Streifenwagen die Zufahrt. Bis die Stadt die Beamten ablöste und eine Absperrung aufstellten ließ. 

Leidtragende sind zunächst vor allem die Anwohner der Piusstraße. Über sie flüchtet, wer von der neuen Einbahnstraßenregelung erst vor Ort erfährt.

Leidtragende sind zunächst vor allem die Anwohner der Piusstraße. Über sie flüchtet, wer von der neuen Einbahnstraßenregelung erst vor Ort erfährt.

Wer es macht, wie die junge Autofahrerin - die mit den aufgerissenen Augen und dem offenstehendem Mund - dem bleibt wenig anderes über, als die Flucht über die Piusstraße anzutreten. Über die können die Überraschten die Vogelsanger Straße erreichen und ihr eigentliches Ziel erneut anpeilen. Wer sich ohne Ortskenntnis für cleverer hält, wählt die wenig frequentierte Franz-Geuer-Straße - und erkennt sogleich, warum die meisten die Piusstraße bevorzugen. Ist der vermeintlich Clevere doch in die Falle einer Sackgasse getappt.

Viel Verwirrung an der Sperrung

Den Anwohnern an der Kreuzung am westlichen Ende der neuen Einbahnstraße wird also etwas geboten am Tag 1. „Das muss sich noch einspielen“, sagt eine Kioskbetreiberin gelassen. So wird es auch gegenüber, in einem Café, gesehen. „Ich hoffe sehr, dass das jetzt funktioniert“, sagt dort die Chefin. Die erste Phase des Verkehrsversuches sei ja „nicht so gut“ gewesen. Ein Jahr lang war der Abschnitt auf der Venloer Straße ein sogenannter „geschäftsberuhigter Bereich“ mit Tempo 20, Zweirichtungsverkehr und wenig übersichtlichen Regelungen. Die Hoffnung vieler Anwohner liegt seitdem auf der Einbahnstraße. Von der erwarten sich die Ehrenfelder mehr Ruhe, mehr Klarheit, mehr Lebensqualität. Oder, wie es die Café-Chefin zusammenfasst: „mehr Fußgänger und mehr Radfahrer.“ 

Den Preis für diese Hoffnung zahlen zumindest zu Beginn die Bewohner der Piusstraße. Einst verschlafene Nebenstraße, nun durchfluteter Bypass. Stoßstange an Stoßstange schieben sich zurzeit die Autos dort durch. „Ja, das ist schon nervig“, sagt eine Anwohnerin, die sich den Treck gen Süden von ihrer Haustür aus anschaut. Doch auch sie nimmt es gelassen, hat das große Ganze im Blick: „Meine Wohnung liegt nach hinten raus, und ich bin froh, dass die Einbahnstraße nun da ist.“

Gegen den Strom schwimmen immer noch einzelne Autofahrer an. Nicht alle treibt dabei böser Wille.

Gegen den Strom schwimmen immer noch einzelne Autofahrer an. Nicht alle treibt dabei böser Wille.

Immerhin sind die, die über die Piusstraße fahren, noch die Guten. Andere verfahren nach der Methode: Augen zu und durch. Übersehen sie wirklich die Absperrung? Hoffen sie am ersten Tag noch auf Gnade vor Recht? Warum auch immer, einige ziehen durch, gegen die Einbahnstraße. Die Breite der Venloer gibt es noch her. Die Fahrradstreifen sind noch nicht vergrößert, so wie von Kölns Mobilitätsdezernent Ascan Egerer in Aussicht gestellt.  

Nicht alle nötigen Schilder vorhanden

Es gibt auch diejenigen, die gegen die Einbahnstraße fahren und denen kaum ein Vorwurf gemacht werden kann. Wer beispielsweise über die Keplerstraße seitlich in die Venloer vorstößt, der wird am Montagvormittag nicht darauf hingewiesen, dass er nicht nach links abbiegen darf. Auch beim Auffahren auf die Venloer hält ihn kein Durchfahrt-Verboten-Schild von seinem Tun ab. „In Vorbereitung auf die neue Einbahnstraßenregelung wurden rund 200 Schilder neu installiert und vorerst verhangen. Im Laufe des Montagvormittags sollen sie frei gemacht werden“, sagt ein Stadtsprecher dazu und ergänzt: „Die Beschilderung mit Abbiegepfeilen aus den Seitenstraßen ist derzeit nicht vorgesehen. An allen Einmündungen stehen grundsätzlich Einbahnstraßenschilder, die die Fahrtrichtung vorgeben.“ Doch an der Keplerstraße muss wohl noch nachgebessert werden.

Tempo 30 auf der Venloer Straße.

Tempo 30 ist nun ausreichend ausgeschildert auf der Venloer.

Was am Tag 1 aber schon gut funktioniert, ist die Geschwindigkeitskontrolle. Die erlaubte Höchstgeschwindigkeit beträgt nun 30 Stundenkilometer auf dem Abschnitt der Venloer Straße. Als der noch ein „geschäftsberuhigter Bereich“ war, galt Tempo 20. Und die Eigenwilligkeit eines solchen Bereiches sah es vor, dass diese Höchstgeschwindigkeit nur zu Beginn der Zone ausgeschildert werden darf. Das geriet bei vielen auf die Strecke gesehen wieder in Vergessenheit und wurde auch kaum kontrolliert. Schnee von gestern. Nun ist auf breiter Front Tempo 30 ausgeschildert und ein städtischer Blitzer wurde auch schon platziert. 

Das Resümee des ersten Tages liefern zwei Fahrradfahrerinnen, die Richtung Innenstadt unterwegs sind: „Fühlt sich doch gut an“, ruft die Vorfahrende ihrer Freundin über die Schulter zu.