AboAbonnieren

NaturschutzgebieteNutzung der Seen verboten – Kölnerin beklagt fehlende Naherholung in Bocklemünd

Lesezeit 3 Minuten
Kein Ausblick auf den See: Ein „legaler“ Weg an der Baadenberger Senke mit Verbotsschildern.

Kein Ausblick auf den See: Ein legaler Weg an der Baadenberger Senke mit Verbotsschildern.

Obwohl vier Seen im Norden von Bocklemünd mit dem Rad zu erreichen sind, können sie für die Naherholung nicht genutzt werden.

Na klar, sie sei „absolut für Naturschutz und Frösche“, betont Kerstin Ingerfeld, bevor sie ihrem Ärger Luft macht. Im September vergangenen Jahres hatte die Lehrerin an einer Förderschule, die seit zwölf Jahren mit ihrer Familie in Bocklemünd lebt, nach dem Unterricht eine Dreiviertelstunde Zeit und fuhr zur Baadenberger Senke, um sich an einer malerischen Stelle mit Blick auf den See kurz auszuruhen. Prompt kamen Mitarbeiter des Ordnungsamts vorbei: „Naturschutzgebiet, betreten verboten.“ Sie nahmen Ingerfelds Personalien auf, vor ein paar Wochen wurde die Rechnung präsentiert: 55 Euro Strafe.

„Das ist nicht unerheblich, aber das könnte ich noch verschmerzen“, sagt Kerstin Ingerfeld. „Aber was mich wirklich ärgert, ist der Umgang der Stadt mit ihren Bürgern und deren Erholungsbedürfnis.“ Sie halte sich gern in der Natur auf, ihr Garten allerdings sei klein, deshalb fahre sie gern zu den Seen hinaus: Nicht weniger als vier sind im Norden von Bocklemünd nach zehnminütiger Fahrt mit dem Rad zu erreichen: Baadenberger Senke, Stöckheimer See, Große Laache und Pescher See.

Seen im Norden von Bocklemünd sind Naturschutzgebiete

Aber die Umgebung dieser Seen ist weiträumig als Natur- oder Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen, ihre Ufer dürfen nicht betreten werden, das Wasser ist von den wenigen „legalen“ Wegen aus an vielen Stellen nicht mal zu erahnen.

„Die Stadt hat kein Naherholungskonzept, es gibt nur Verbote“, meint Ingerfeld. Der Unmut in ihrem Bocklemünder Bekanntenkreis sei groß, gerade jetzt, in den heißen Monaten, sei doch deutlich erkennbar, dass es die Menschen aus der Stadt hinaus an die Gewässer in der Umgebung ziehe. Das könne die Stadt doch nicht einfach ignorieren. Stattdessen Streit und Gerangel um Bademöglichkeiten am Escher See, mit viel Diskussion wurde das Baden im Fühlinger See wieder erlaubt – an zwei eng begrenzten Stellen.

Rund 300 Verstöße im Jahr im Bocklemünder Naturschutzgebiet

„Naturschutz ist mir auch wichtig, aber man könnte doch wenigstens einen kleinen Teil der Seen für die Bevölkerung freigeben, auch wenn das mit Gefahren verbunden ist“, sagt sie. „Schwimmen im Meer ist auch gefährlich, aber die Italiener würden sich totlachen, wenn man es dort verbieten würde.“

Stattdessen habe sie den Eindruck, dass die Bocklemünder Seen seit zwei Jahren verstärkt kontrolliert würden. „Kürzlich wurden sogar Bekannte vom Ordnungsdienst verwarnt, als sie auf einem der ‚legalen‘ Wege standen und Brombeeren pflückten.“

Dass die Seen in letzter Zeit stärker überwacht werden, bestreitet die Stadt allerdings: „Eine höhere Kontrollfrequenz oder eine striktere Ahndung ist nicht feststellbar“, schreibt eine Sprecherin auf Anfrage. Allgemein handele es sich bei dem „Naturschutzgebiet N22 ‚Baadenberger Senke, Stöckheimer See und Große Laache‘“ um ein beliebtes Ausflugsziel, die Zahl der Verstöße sei „daher von jeher groß“, verzeichnet würden rund 300 geahndete Fälle pro Jahr: „Für das Jahr 2023 wurden 272 Verstöße geahndet und für das Jahr 2024 bislang 72 Verstöße.“

Hinsichtlich eines Naherholungskonzepts für die Seen hat sich die Stadt aber schon Gedanken gemacht, das lässt die Auskunft der Sprecherin erkennen: Für alle wichtigen Naturschutzgebiete würden derzeit Informationstafeln erarbeitet, die „über die Besonderheiten des Gebietes informieren.“ Und Ende Juli hatte das Amt für Landschaftspflege und Grünflächen gemeinsam mit der Nabu Naturschutzstation Leverkusen-Köln eine zweistündige Führung durch das Naturschutzgebiet N22 durchgeführt, 14 Personen hatten teilgenommen.

Das sei noch nicht ganz das, was sich Bürger wie Kerstin Ingerfeld unter einem Naherholungskonzept vorstellen: „Eigentlich müssten wir in Bocklemünd mal eine Initiative starten, aber damit hat man im Stadtteil leider noch wenig Erfahrung.“