Bickendorfer Bürger klagen über Umweltschutzversäumnisse der Stadt. Besonders stoßen Kiesbeete und der geplante Schulneubau am Lindweiler Hof auf Unmut.
Köln-BickendorfBürger fordern stärkere Berücksichtigung ihrer Ideen beim Hochwasserschutz
Die beiden Beete vor dem Haus in der Subbelrather Straße haben für einige Bürger Bickendorfs eine geradezu symbolische Bedeutung. Früher mal waren sie grün, doch das zuständige Liegenschaftsamt sehe eine weitere Begrünung und die damit verbundene Unterhaltung und Pflege als „nicht wirtschaftlich“ an, wie ein Mitarbeiter der Stadtentwässerungsbetriebe Köln (Steb) auf Anfrage eines Mitglieds der Interessengemeinschaft Künstler in Bickendorf (IG) mitteilte. Deshalb wurden die Beete mit Kies aufgefüllt.
Kritik: Stadt geht nicht mit gutem Vorbild voran
Die Beete sind klein, aber sie liegen nahe an der Einmündung der Teichstraße in die Subbelrather Straße. Dort, wo bei der Hochwasserkatastrophe am 14. Juli 2021 das Wasser am höchsten stand. Den damaligen Pegel von 1,25 Meter hat Michael Schmitz von der IG am Eckhaus markiert. Ihn ärgern die Kiesbeete: „Angesichts des Klimawandels und der Zunahme von Starkregenereignissen hält die Stadt ihre Bürger dazu an, Dächer, Vorgärten und Fassaden zu begrünen und stellt stolz das ‚Konzept Schwammstadt‘ vor. Aber wenn sie, wie hier, mit gutem Vorbild vorangehen könnte, dann tut sie es nicht.“
Das betreffe nicht zuletzt die Planungen für das Gelände am Lindweiler Hof an der Ecke Subbelrather Straße/Rochusstraße ein paar Meter weiter. Vor dem Juli 2021 war dort eine Förderschule beheimatet, doch die musste aufgrund der Hochwasserschäden umziehen. Die Gebäude wurden abgerissen, bis 2027 soll dort ein Schulneubau entstehen. Die IG hat „berechtigte Bedenken, dass im Zuge zu rascher Planung Fehler begangen werden, die dem Umfeld des Lindweiler Hofes und ganzer anliegender Straßenzüge unkorrigierbar schaden werden“, wie es auf ihrer Homepage heißt. Auch ein Wertverfall der Immobilien sei zu befürchten, ein Gebäude mit acht Wohneinheiten steht seit 2021 leer.
Grünes Theatrium für Schüler vor und nach dem Unterricht
Besonders ärgerlich sei es, dass die Stadt offensichtlich nicht willens sei, die Vorschläge der IG ernsthaft zu berücksichtigen. Sie hatte angeregt, auf dem Schulgelände, wo bis etwa 1910 der zugeschüttete „Kradepohl“ lag, wieder einen Teich anzulegen oder zumindest eine terrassenartig abgestufte und mit Bäumen bepflanzte Retentionsmulde. In diesem „grünen Theatrium“ könnten sich Schüler vor und nach dem Unterricht aufhalten, aber auch den Bürgern sollte es außerhalb der Schulzeit zur Verfügung stehen.
Auch die SPD-Fraktion in der Ehrenfelder Bezirksvertretung bemängelt, dass diese Planungen „derzeit weitestgehend ohne öffentliche Beteiligung geführt“ werden. Die Genossen beantragen daher ein Beteiligungsverfahren. Dazu ist die Stadt offensichtlich bereit. Zwar sei für die Umsetzung des Schulbaumaßnahmenpakets, zu dem der Neubau am Lindweiler Hof gehört, „grundsätzlich keine weitere Vorstellung in den Bezirksvertretungen vorgesehen“, teilt eine Sprecherin der Stadt mit. „Die Verwaltung wird jedoch aufgrund des hohen öffentlichen Interesses eine Vorstellungsrunde vorsehen.“
Barrierefreiheit, Denkmalschutz, Betreibersicherheit
Die findet frühestens im zweiten Quartal 2025 statt, derzeit läuft das „europaweite öffentliche Totalunternehmer (TU)-Vergabeverfahren“ für den Schulneubau noch. Was den Vorschlag der Künstler angehe, würden „die Möglichkeiten der Umsetzung im weiteren TU-Vergabeverfahren geprüft.“ Das Konzept zum Hochwasserschutz müsse der Totalunternehmer erstellen, die Vorschläge würden „hinsichtlich der Wirksamkeit durch die Steb geprüft.“
Die Unternehmen müssen außer den Belangen etwa von Barrierefreiheit, Denkmalschutz und Betreibersicherheit auch die vorgegebene Größe beachten: Auf dem Areal sollen eine weiterführende Schule für rund 1000 Schüler sowie eine Kindertagesstätte für 85 Pänz entstehen. Die IG hatte vorgeschlagen, die Schule für maximal 600 Schüler auszulegen, dann bliebe Platz für das „Theatrium“. Deshalb sollte die Kindertagesstätte in das leerstehende Gebäude der Kita Teichstraße verlegt werden. Doch das „befindet sich nicht im Eigentum der Stadt Köln“, so die Sprecherin. „Der Vorschlag wird zurzeit geprüft.“
Steb: Hochwasserschutz-Maßnahmen sollen umgesetzt werden
Eine Sprecherin der Steb bestätigte, dass die bisher angedachten Maßnahmen zum Hochwasserschutz für Bickendorf umgesetzt werden sollen. Dazu gehören etwa die Optimierung eines Pumpwerks und eine veränderte Steuerung der Kanalisation, damit sie die aus dem Westen ankommenden Wassermassen bewältigen kann. Teil des Plans ist auch ein etwa 500 bis 1000 Kubikmeter fassendes unterirdisches Retentionsbecken unter dem Schulgelände.
Schmitz glaubt nicht, dass das ausreicht: „Meine Berechnungen haben ergeben, dass hier beim Hochwasser etwa 10.000 Kubikmeter standen.“ Das bestreiten die Steb nicht: „Auch wenn alle Maßnahmen umgesetzt werden, können bei einem extremen Starkregenereignis wie am 14. Juli 2021 die Wassermassen nicht vollständig von der Kanalisation aufgenommen werden. Daher sind unbedingt auch Vorsorgemaßnahmen des privaten Objektschutzes erforderlich.“