Die katholische Gemeinde in Bickendorf lud zum Singen für Vielfalt und gegen rechtsextreme Strömungen ein – und rief dazu auf, bei der Europawahl die Stimme abzugeben.
„Dem Papst würde diese Aktion gefallen“Gemeinde in Bickendorf singt gegen Rechtsextremismus
In ungewohnter Rolle, als Troubadour mit der Gitarre in der Hand, stimmte Regionalkantor Wilfried Kaets an der Rochuskapelle „Die Gedanken sind frei“ an. Rund 50 Passanten und Bekannte hatten sich ein wenig abseits des Wochenmarkt-Trubels unter einem Banner mit der Aufschrift „Auf dich kommt’s an: Geh wählen! 9.6.24“ versammelt und sangen mit. Danach gleich noch „Freude schöner Götterfunke“ auf Kölsch: „Kumm sing met uns dat Leed, Vun Fredde un vun Minschlichkeit … “
Alle Nationalitäten sollen gemeinsam an der Theke stehen können
Im Anschluss wandte sich Stephan Matthey an die Sängerinnen und Sänger: „Wunderbar, dass ihr eure Stimmen eingebracht habt, denn jede Stimme ist eine Stimme gegen rechts“, so der Gemeindereferent der Katholischen Kirchengemeinde Zu den Heiligen Rochus, Dreikönigen und Bartholomäus. „Wir müssen uns dafür einsetzen, dass hier auch in Zukunft alle Nationalitäten gemeinsam an der Theke stehen können.“ Der „Stammbaum“ wurde auch angestimmt, Ehrensache.
Vor allem, so Matthey, müsse man entschieden Parteien wie der „Alternative für Deutschland“ (AfD) entgegentreten, der die Deutsche Bischofskonferenz eine „völkisch-nationale Gesinnung“ attestiert hatte. „Rechtsextreme Parteien und solche, die am Rand dieser Ideologie wuchern, können für Christinnen und Christen kein Ort ihrer politischen Betätigung sein und sind auch nicht wählbar“, heißt es im Beschluss der Bischofskonferenz vom Februar. Zwar sei es in Bickendorf bislang nicht zu größeren Zwischenfällen mit rechtsextremem Hintergrund gekommen, erzählte Matthey, „aber wir müssen davon ausgehen, dass auch in unseren Kirchenbänken Wähler solcher Parteien sitzen.“
Gemeinde engagiert sich erstmals im Rahmen eines Wahlkampfs
Deshalb engagiere sich die Gemeinde erstmals im Rahmen eines Wahlkampfs. Von den Markt-Besuchern, die zum Gespräch und zum Mitsingen eingeladen waren, habe es „nur positive Reaktionen gegeben“, sagte Matthey. „Auch Vertreter von SPD, Grünen und Die Linke, die nebenan Wahlkampfstände aufgebaut hatten, sind zum Singen vorbeigekommen.“ Nach den Messen der Gemeinde am vergangenen Sonntag wurden außerdem identische Banner am Bios-Inn in der Rochusstraße und an St. Dreikönigen im Weißdornweg aufgehängt.
Von den Nachrichten über Angriffe auf Plakatkleber und Lokalpolitiker in den vergangenen Wochen habe man sich nicht abschrecken lassen, erzählte Susanne Goßmann, Vorsitzende des Pfarrgemeinderats: „Als ich auf dem Fahrrad hierhergefahren bin, habe ich kurz darüber nachgedacht, aber als ich erst mal an der Rochuskapelle stand, war das vergessen.“
Initiator der Aktion war Mario Rusack-van Rossum, der die Idee vor knapp sechs Wochen hatte: „Es gehört zum Auftrag von Christen, für unsere Demokratie einzutreten und das Gespräch mit den Menschen darüber zu suchen. Wir können etwas verändern“, sagte er. Als Mitglied der deutschen Sektion der päpstlichen Stiftung Centesimus Annus pro Pontifice hat Rusack-van Rossum des Öfteren im Vatikan zu tun: „Papst Franziskus würde diese Aktion gefallen, da bin ich sicher.“