Bei der Bürgerversammlung in Bickendorf zum aktuellen Stand des ehemaligen Fabrikgeländes an der Wilhelm-Mauser-Straße waren die Forderungen eindeutig.
Stadt hat andere PläneBickendorf Bürger wünschen sich Wohnquartier auf dem ehemaligen Coty-Gelände
Es kommt selten genug vor, dass sich ein SPD-Ortsverein, gut 100 Bürgerinnen und Bürger und ein Investor-Unternehmen derart einig sind: Ein neues Wohnquartier soll auf einem ehemaligen Fabrik-Areal entstehen.
Im Bickendorfer Friedrich-Ebert-Saal stand die Frage „Was soll auf dem Coty-Gelände passieren?“ im Mittelpunkt eines Informationsabends. Der Ortsverein Bickendorf/Ossendorf der SPD hatte eingeladen. Als Vorsitzender Thomas Breustedt den Abend eröffnete, waren alle Stühle im Saal besetzt. Hoch war das Interesse wohl vor allem, weil mit Anna Rzymelka die Niederlassungsleiterin der heutigen Eigentümer Instone Real Estate ausführlich darlegte, was der auf Wohnungsbau spezialisierte Immobilienentwickler plant.
Auf dem Bickendorfer Gelände wurde einst der „4711“-Duft hergestellt
Das Gelände, um das es geht, ist im Stadtteil ein Begriff. Dass zwischen der Wilhelm-Mauser- und der Venloer Straße einst die Kölner Weltmarke „4711 echt Kölnisch Wasser“ hergestellt wurde, erfüllt manche immer noch mit Stolz. Die Fabrik hatte in den 1980er Jahren das Unternehmen Mülhens errichten lassen. Zuletzt produzierte der französische Kosmetikkonzern Coty hier Duftwässer.
Das 17 Hektar große Grundstück ist aktuell noch als Gewerbe- und Industriegebiet ausgewiesen. Das ist zurzeit das größte Hindernis, das dem im Ebert-Saal vielfach geäußerten Wunsch nach einem vielfältig gemischten Wohngebiet im Weg steht. Die Stadtverwaltung möchte nämlich, dass es so bleibt und hat dies auch bei der Bezirksregierung so angezeigt. Im derzeit neu aufzustellenden Regionalplan sollen Gewerbe und Industrie weiterhin als Zielvorgabe für die Entwicklung des Gebiets an der Wilhelm-Mauser-Straße für die nächsten 15 Jahre festgelegt werden.
Die Bickendorfer SPD will eine politische Mehrheit bilden, um die Umwandlung in ein Mischgebiet zu erreichen. Die Bürgerversammlung war dazu ein erster Schritt. Welche Möglichkeiten sich dann bieten könnten, zeigt der Vergleich mit dem 17,3 Hektar großen Max-Becker-Areal am westlichen Rand von Ehrenfeld. Dort sollen in den kommenden Jahren Wohnen, Gewerbe, Kultur, Kindergärten, eine Grundschule, Nahversorgung, Gastronomie, öffentliche Grün-, Spiel- und Sportflächen und moderne Anlagen zur Energieversorgung entstehen.
Bürgerinnen und Bürgern aus Bickendorf mangelt es nicht an Ideen
So etwas wollen die Menschen in Bickendorf auch. Fast schon euphorisch wurden Ideen skizziert – vom Altenheim über eine Gesamtschule und Grünflächen bis zum Kulturzentrum. Hauptsächlich soll jedoch ein gut gemischtes Quartier mit möglichst viel an bezahlbaren Wohnungen entstehen. „Das ist eine Jahrhundertchance für Bickendorf“, fasste ein Teilnehmer zusammen. Auch Instone-Vertreterin Anna Szymelka zeigte sich zuversichtlich: „Am Ende wird es das geben, was die Bürger wünschen.“
Indes mangelte es nicht an Hinweisen, dass sich all das mit dem schon vorhandenen Gewerbe entlang der Wilhelm-Mauser-Straße vertragen müsse. Hier spielen Lärm- und Verkehrsbelastung eine Rolle. Und Skeptiker befürchteten einen langen Prozess, bis endlich Baurecht geschaffen wäre. Mehrere Politiker, die an der Versammlung teilnahmen, bremsten die Euphorie. Einen Beschluss zum Regionalplan erwartet SPD-Stadtentwicklungsexperte Michael Frenzel erst 2025. Auch FDP-Bezirksvertreterin Marlis Pöttgen sprach von einem schwierigen Prozess.
Man stehe schon im engen Kontakt, sagte Szymelka. Sowohl mit der Stadtverwaltung, als auch mit der lokalen Politik und mit Anrainern in der unmittelbaren Umgebung. Langwierige Prozesse kenne sie schon von anderen Projekten, die Instone in Bonn, Düsseldorf oder Essen realisiert habe.
Erst seit Anfang des Jahres habe man die Möglichkeit, sich auf dem Bickendorfer Areal ein Bild zu machen, erklärte die Niederlassungsleiterin. Ausgelotet werden Zwischennutzungen, um Leerstand zu vermeiden. Die Zukunftspläne für das Ende 2021 erworbene Areal wurden schon Anfang 2022 in Form einen Machbarkeitsstudie skizziert. Darin ist schon viel von dem zu finden, was jetzt auch in der Bürgerversammlung genannt wurde.