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Ehrenamtspreis KölnDie „Essensretter“ kämpfen gegen Lebensmittelverschwendung

Lesezeit 3 Minuten
Essensretter

Thomas Kittlaus, Sonia Carusa, Claudia Lehsten. Petra Kittlaus (v. l.)   

Was heute ein wachsender Verein von derzeit über 80 Mitgliedern ist, begann mit einem Neujahrsvorsatz des Ehepaares Petra und Thomas Kittlaus. „Auf jeden Fall wollten wir etwas für die Umwelt tun, ein Zufall brachte uns auf die Idee, Essensretter zu werden“, erinnert sich Petra Kittlaus. Sie hörte von einer Initiative in Porz, die aus Märkten und Einzelhandelsgeschäften Lebensmittel abholt, die nicht mehr verkauft werden, und damit einen Schrank befüllt, aus dem sich jeder bedienen darf. In einer Mittagspause fuhr sie mit einer Kollegin hin. „Zufällig gab es so viel Kuchen, dass wir damit die ganze Belegschaft versorgen konnten, und die war begeistert“, erzählt sie.

Ein Nachweis wird bei den Essensrettern nicht verlangt

Aus dem Neujahrsvorsatz wurde Handeln, zunächst durch Mitarbeit bei der Porzer Initiative, dann nach eigenem Konzept in Worringen, dem Wohnort des Ehepaares. Petra und Thomas Kittlaus sprachen Märkte und Betriebe an, ihnen aussortierte Ware zu überlassen, statt sie zu entsorgen. Das klappte, und vor der eigenen Haustür entstand bald ein kleiner Umschlagplatz für noch genießbare, aber nach den Regeln des Handels nicht mehr verkäufliche Lebensmittel. Die Vorlage eines Bedürftigkeitsnachweises verlangen die Essensretter bis heute nicht. Ob an Gutverdiener oder Hartz-IV-Empfänger, an alle wird verteilt, was da ist.

Irgendwann kam Claudia Lehsten vorbei und sah Petra Kisten voller Spargel stapeln. Aus Verwunderung über die Qualität der Ware und Bewunderung für das Ehepaar, das nicht hinnehmen will, dass jährlich Millionen Tonnen von Lebensmitteln im Müll landen, wurde Mitwirkung. Und eine Freundschaft zwischen Worringer Familien, die sich bisher nicht kannten. Schnell wuchs der Kreis der Unterstützerinnen und Unterstützer. Um die Organisation der Essensrettung auf ein rechtliches Fundament zu stellen, wurde 2020 eine Vereinsgründung unumgänglich. Nicht zuletzt, weil Haftungsfragen ein kritischer Punkt bei der Übernahme von Lebensmitteln aus Märkten sind. Als eingetragener Verein sind die Essensretter e.V. in der Lage, Betrieben einen Haftungsausschluss zu geben ab dem Zeitpunkt der Warenübernahme.

Nicht jeder zeigt nur Dankbarkeit

Logistik-Kenntnisse brachte der Disponent Ranjan Mehra ein. Er arbeitet jetzt die Fahrer ein, ist das Bindeglied zu Betrieben und greift bei Meinungsverschiedenheiten am Depot vermittelnd ein. „Früher hörten wir öfter ,bitte’ und ,danke’, leider kommt es auch vor, dass uns ausgegebene Lebensmittel vor die Füße geworfen werden, zum Beispiel wenn aus Sicht der Empfänger zu viele Erdbeeren im Körbchen weiche Stellen haben“, erzählt Petra Kittlaus. „Die man ja wegschneiden könnte“, ergänzt Lehsten. Dennoch bleibt es bei der Bezeichnung „Retter“ für die Empfänger.

An manchen Tagen ist die Ausgabestelle so überlaufen, dass sich Nachbarn in der Wohnstraße belästigt fühlen. Dringend sucht der Vorstand deshalb nach einem Raum, der aus hygienischen Gründen auch abschließbar sein sollte. Was die Essensretter trotz aller Herausforderungen bei der Stange hält? „Unser Idealismus“, sagen sie.

Tafel und Essensretter achten darauf, sich keine Konkurrenz zu machen. „Wir stellen uns hinten an bei der Abholung, da wir anders als die Tafel auch Lebensmittel annehmen, deren Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen ist, allerdings nicht mehr als drei Tage, und wir springen ein, wenn die Tafel eine Abholstelle mal nicht anfahren kann“, erklärt Petra Kittlaus. Außer in Worringen gibt es noch ein Depot am Bruder-Klaus-Platz in Mülheim und einen Schrank in Weiler.

Inzwischen müssen die Essensretter nicht mehr beim Handel für ihr Anliegen werben, die Betriebe kommen auf sie zu. Auch sie haben es satt, Lebensmittel wegwerfen zu müssen.