Mit dem Tod des Mannes, der als Nebenkläger im Prozess auftrat, könnte die Anklage von versuchtem Mord auf vollendeten Mord erweitert werden.
Prozess in KölnGeldbote nach Drach-Überfall gestorben
Im Prozess gegen den früheren Reemtsma-Entführer Thomas Drach (62) hat das Landgericht die Verfahrensbeteiligten über den Tod eines Nebenklägers informiert. Bei dem Verstorbenen handelt es sich demnach um jenen Geldboten, der März 2019 bei einem Drach zur Last gelegten Raubüberfall am Flughafen Köln/Bonn angeschossen worden war. Durch den Tod ist der Mann nun als Nebenkläger aus dem Verfahren ausgeschieden. „Die Witwe des Nebenklägers prüft derzeit, ob sie an Stelle ihres verstorbenen Ehemanns die Nebenklage weiter betreibt“, erklärte Nebenklagevertreter Alexander Cormann auf Nachfrage der Rundschau.
Zuständige Ärzte von Schweigepflicht entbinden ?
Sollte es einen kausalen Zusammenhang zwischen dem Ableben des Nebenklägers und der bei dem Überfall erlittenen Schussverletzung geben, wäre sie als Hinterbliebene zur Nebenklage berechtigt, so Cormann weiter. Für den Prozess, der seit über 20 Monaten läuft, würde das eine weitere Verzögerung bedeuten. Zwar hatte der Vorsitzende Dr. Jörg Michael Bern am Montag keinen Zusammenhang zwischen dem Tod des Nebenklägers und der Tat vom Flughafen erkennen können. Bei Gericht sei bislang lediglich ein Totenschein eingegangen, so Bern. Sollte die Witwe jedoch eine Stellung als Nebenklägerin anstreben, würde an einer Untersuchung der Todesursache des früheren Geldboten kein Weg vorbeiführen. Hierzu müssten dann womöglich die Ärzte des Nebenklägers von der Schweigepflicht entbunden werden, vor Gericht erscheinen und als sachverständige Zeugen vernommen werden, wie es aus Justizkreisen hieß. Sollte ein kausaler Zusammenhang zwischen Tod und Raubüberfall festgestellt werden, wäre wohl auch eine Nachtragsanklage gegen Drach wegen vollendetem Mord fällig.
Bislang ist Drach wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung bezüglich der Schussabgabe am Flughafen angeklagt. Bei seiner Zeugenaussage im Mai 2022 hatte der Nebenkläger einen gesundheitlich angeschlagenen Eindruck gemacht. Auf einen Gehstock gestützt war er in den Saal gekommen und hatte die Erlebnisse vom März 2019 geschildert. Demnach sei plötzlich ein maskierter und bewaffneter Mann erschienen, als er mit einem Kollegen einen Automaten für Gepäckwagen mit Wechselgeld habe bestücken wollen. Der Räuber habe verlangt, dass er und sein Kollege sich auf den Boden legen. Da der Zeuge 2018 an beiden Hüften operiert worden war, habe er sich nicht einfach auf den Boden werfen können. Dann sei auch schon der Schuss gefallen: „Mein Oberschenkelknochen ist quasi explodiert“, hatte der Mann vor Gericht gesagt. Als Grund für den Schuss vermutete der Zeuge, dass er dem Räuber wohl zu langsam gewesen sei.
Mitangeklagter stürzte in JVA
Weiter in den Sternen steht auch, ob und wann Drachs ehemaliger Mitangeklagter (55) als Zeuge aussagen wird. Wie Verteidiger Sebastian Dobritzsch mitteilte, wurde der 55-Jährige ins Justizkrankenhaus Fröndenberg eingeliefert. Der 55-Jährige soll am vergangenen Sonntag in der JVA Köln gestürzt sein und sich verletzt haben. Drach-Verteidiger Andreas Kerkhof hatte in der Verhandlung am Montag insistiert, den 55-Jährigen als Zeugen zu befragen. Der Niederländer könne bestätigen, dass Drach einen später bei einem Raub als Fluchtwagen genutzten Audi, zuvor genutzt habe, was der Zeuge bestätigen könne. Hierdurch könne eine DNA-Spur am Fahrzeug gelegt worden sein. Die Anklage geht hingegen davon aus, dass die DNA-Spur von Drach gelegt wurde, als er Kennzeichen an dem Fluchtwagen gewechselt habe.