AboAbonnieren

Vor CSD-AuftrittDie queere Kölner Band „Privacy Please“ über Coming-outs und den Weg zu Selbstakzeptanz

Lesezeit 5 Minuten
Emelyn Blanco steht mit Privacy Please auf der Bühne.

Emelyn Blanco ist Frontfrau der Band „Privacy Please“.

Bis Sängerin Emelyn Blanco sich outete, dauerte es Jahre. Jetzt will sie mit ihrer Band für mehr Sichtbarkeit queerer Menschen sorgen, um ihnen Mut zu machen.

Emelyn strahlt. Sie strahlt wie jemand, für den es läuft. Emelyn Blanco liebt Frauen. Und nach vielen Jahren dürfen es alle wissen. Das Strahlen der Kölnerin hat aber noch einen anderen Grund. Denn sie hat einen Traum: Mit ihrer queeren Band „Privacy Please“ will sie nicht einfach irgendwo auftreten, sondern auf dem CSD in Köln. Ein Traum, der am 19. Juli auf der Altermarkt-Bühne des CSD-Fests tatsächlich in Erfüllung geht.

Sich betont als queere Indie-Pop Band zu bezeichnen, ist der Gruppe sehr wichtig. „Wir machen das vor allem für die Repräsentation. Wir wollen mehr Sichtbarkeit für queere Menschen schaffen und damit hoffentlich auch die Akzeptanz fördern“, erklärt Blanco. „Die kleine Emelyn hätte sich früher gewünscht, ein Vorbild zu haben, das vermittelt, dass es völlig in Ordnung ist, queer zu sein.“ Dafür nutzt die Band auch ihre Texte, in denen es oft um queere Lebensrealitäten, Liebe und Sex geht. „Das war alles ein ziemlich großer Prozess über Jahre, mich selbst zu akzeptieren.“

Keren Babuschkin (v.l.), Till Schaarschmidt und Emelyn Blanco stehen an einer grauen Mauer.

Die Bandmitglieder Keren Babuschkin(v.l.), Till Schaarschmidt und Emelyn Blanco vor ihrem Gespräch mit der Rundschau.

Mit der Sonne im Gesicht sitzt die 26-Jährige in einem Café in der Kölner Innenstadt. Ihre Gitarristin Keren Babuschkin und ihr Bassist Till Schaarschmidt sind dabei. Blancos bunter Eyeliner, ihre lockige Mähne mit weißer Strähne und eine große grüne Sonnenbrille strahlen Selbstbewusstsein und Stolz aus.

Je länger man auf dem Instagram-Profil der Kölner Band nach unten scrollt, desto mehr weichen die knalligen Farben aus Blancos Outfits. Pinke und grüne Blazer, bunt lackierte Nägeln und gestreifte Krawatten oder lila Hosen der Sängerin werden zu gedeckten Tönen und unauffälligeren Klamotten. Die Sängerin und ihre Band haben eine Entwicklung hinter sich. Und die hängt maßgeblich mit Blancos Coming-out vor rund zwei Jahren zusammen.

Band aus Köln:Coming-out auf der Bühne

Damals war die Band einfach eine Band, die ihren neuen Song „Abigail“ spielte. Der handelt von der Liebe zu einer Frau. Und dem Gedanken, dass so eine Liebe eine Sünde sein könnte. Ein „Sekundengedanke“ während sie den Song erstmals live spielte, führt letztlich dazu, dass die Sängerin spontan auf der Bühne erklärte, der Song sei über ihr Leben. Ab diesem Moment war alles anders - und bunter.

Die einzige queere Person der Gruppe ist Blanco nicht. Auch die Bassistin der Band ist queer. Die restlichen drei Mitglieder sind hetero und nennen sich „straight allies“, Englisch für heterosexuelle Verbündete. Diese Bezeichnung soll offen Solidarität mit queeren Menschen bekunden. „Ich hatte nur positive Erfahrungen“, erzählt Babuschkin von ihrem Coming-out. Sie sei in Köln aufgewachsen und dort werde queer sein nicht nur akzeptiert, sondern gefeiert. „Das ist ein großes Privileg“, sagt sie. „Köln ist im Vergleich zu anderen Städten in Deutschland noch mal toleranter. Uns geht es sehr gut, aber das ist natürlich auch nicht auf der ganzen Welt die Realität und das ist uns auf schmerzhafte Weise sehr bewusst.“

Für Blanco, die aus Kuba kommt, war das Coming-out in mancher Hinsicht nicht so einfach. „Ich war mir nicht sicher, wie meine Familie reagieren würde, wenn reagieren werden, wenn ich auf einmal sage, dass ich eine Lesbe bin. Dadurch, dass die Menschen dort sehr katholisch sind, wächst man dort komplett anders auf.“

In diesem Jahr ist sie mit ihrer Partnerin zu ihrer Familie nach Kuba geflogen. Die habe erst ganz am Ende des Urlaubs erfahren, dass ihre Begleitung nicht nur eine, sondern ihre Freundin ist. „Meine Familie hat überraschend gut reagiert, alle waren total respektvoll und tolerant. Einige meinten auch, dass das ja nichts Schlimmes ist, da sich ja meine Person nicht verändert, nur weil ich eine Frau liebe.“

Das Konzept Band ist musikkulturell einfach immer noch ein Feld, dass von weißen Hetero-Männern dominiert wird.
Till Schaarschmidt, Bassist „Privacy Please“

Ein leuchtendes Vorbild einer queeren Band hat „Privacy Please“ nicht. „Ich habe das Gefühl, dass es relativ wenige Bands in der queeren Community gibt. Das Konzept Band ist musikkulturell einfach immer noch ein Feld, dass von weißen Hetero-Männern dominiert wird“, findet Schaarschmidt. „Der Klassiker sind drei bis fünf Männer, die Rock ’n’ Roll Musik machen und von Groupies angehimmelt werden.“ Diese Klischees wolle die Gruppe aufbrechen.

Angestrengt sucht Schaarschmidt in seinem Handy nach einer ganz bestimmten Sprachnachricht, die er seiner Band geschickt hat, als er die Bestätigung für den CSD-Auftritt bekam. „Wir hatten uns auf einen Open-Call hin einfach per Mail beworben“, erklärt er, während er scrollt. Monatelang ließ man die Band zappeln, bevor die Zusage kam. „Ja, ja, ja, jaaaaaa!“, dröhnt es plötzlich euphorisch aus dem Handy, der Musiker hat die Aufnahme gefunden. „Es ist eine riesengroße Ehre“, erklärt Babuschkin lachend den Gefühlsausbruch. „Ich nehme mir jedes Jahr extra frei für den CSD und jetzt aktiv etwas dazu beizutragen, ist unfassbar schön.“


Über die Band und den Begriff queer

„Privacy Please“ ist eine queere Kölner Indie-Pop-Band. Ihre neusten Singles heißt „Bad Times On Replay“ und „Won't bite“. Die Band besteht aus Sängerin Emelyn Blanco, Gitarristin und Keyboarderin Keren Babuschkin, Drummerin Valerie Jannasch, Bassist Till Schaarschmidt und Gitarrist Thomas Steiner. In ihrer aktuellen Besetzung existiert sie seit 2023. Alle Infos zur Band gibt es auf ihrer Website.

Queer ist ein Sammelbegriff. Er schließt alle sexuellen Orientierungen ein, die nicht heterosexuell sind und alle geschlechtlichen Identitäten, die nicht cis-geschlechtlich sind. Cis zu sein, bedeutet sich dem Geschlecht zugehörig zu fühlen, das einem nach der Geburt zugewiesen wurde. Dazu gehören auch nichtbinäre oder Trans-Personen.