Eine Crack-Welle rollt über viele NRW-Städte im Ruhrgebiet und im Rheinland. Kommt die Droge nun im größeren Ausmaß bald auch nach Köln. Wie schätzen die Polizei und die Stadt die Lage ein?
Crack auf dem VormarschDroht in Köln eine neue Drogenwelle?
Der Rausch setzt innerhalb von ein paar Sekunden ein, wirkt stark euphorisierend und lässt Konsumenten schon nach kurzer Zeit in ein emotionales Loch fallen. Das Verlangen nach dem neuerlichen Kick treibt sie daher in eine extreme Sucht. Mit fatalen Folgen: Am Ende lässt sie Abhängige häufig völlig verwahrlosen. Es geht um Crack — eine gefährliche Modedroge, die im Ruhrgebiet und insbesondere in Düsseldorf bereits vielfach gehandelt wird. Das berichteten zuletzt die Rheinische Post und Spiegel-Online. Droht auch Köln eine Crack-Welle?
Die Kölner Polizei kann das noch nicht bestätigen. Allerdings: „Kokain ist aufgrund der gestiegenen Verfügbarkeit und mittlerweile erschwinglichen Preisen auch in der Kölner Drogenszene deutlich präsenter“, so Polizeisprecher Christoph Gilles auf Nachfrage der Rundschau. Zudem werde immer wieder auch Natron bei Überprüfungen in der Drogenszene gefunden. Beides — Kokain und Natron — sind die Grundlagen für Crack.
Die großen Häfen der Niederlande und Belgien gelten laut der europäischen Polizeibehörde Europol als Hauptumschlagplätze für Kokain in Europa, von wo aus dann die großen europäischen Städte bedient werden. Köln liegt im direkten Einzugsbereich.
Crack wird aus Kokain hergestellt, wird aber nicht als Pulver, sondern in Form von so genannten „Crack-Steinen“ (Szenenamen sind auch Rocks, Baseball, Kristalle, Roxanne, Chunk) verkauft, die man in speziellen kleinen Pfeifen raucht. Der Rausch setzt nach etwa acht bis zehn Sekunden ein, da die Droge über die Lungen schneller ins Blut gelangt als beim Schnupfen von purem Kokain. Crack gilt laut der Landesfachstelle Prävention der Suchtkooperation NRW neben Crystal Meth und Heroin zudem als Droge mit dem am höchsten psychischen Abhängigkeitspotenzial.
Nach Auskunft des Sozialdienstes katholischer Männer (SKM) Köln birgt der Crack-Konsum mehrere Gefahren: „Da es sich meist um kleine Einheiten handelt, die schnell konsumiert werden können und zudem günstiger als die angebotenen Portionen reinen Kokains sind, weisen sie ein erhöhtes Suchtpotenzial auf“, so SKM-Sprecherin Jane van Well. Regelmäßiger Konsum führe darüber hinaus zu stärkeren Aggressionen bei den Abhängigen, weil sie nach dem nur kurz anhaltenden Rausch immer weiter konsumieren möchten. Es bestehe daher ein enorm hoher Beschaffungsdruck, so van Well weiter. „Häufig stellt sich ein extremer körperlicher Abbau ein, verbunden mit mangelnder Hygiene, Gewichtsverlust und Zahnverfall.“
Zahl der Drogenabhängigen könnte sich durch Crack deutlich erhöhen
Die Stadt Köln befürchtet, dass ein Crack-Handel in Köln wie in den aktuellen Hochburgen Frankfurt oder Hamburg auch die Zahl der Drogenkonsumenten in der Domstadt ansteigen lasse. Das könnte die angespannte Lage mit zunehmend verwahrlosten Menschen in der Innenstadt (die Rundschau berichtete) weiter verschlimmern. Auch das SKM befürchtet, dass Crack-Abhängige aufgrund des vielfachen täglichen Konsums nicht mehr die Konsumräume aufsuchen, sondern verstärkt im öffentlichen Raum Crack rauchen würden. In Frankfurt sei dies bereits ein großes Problem, so Jane van Well. Im Mai 2023 habe es dazu einen Fachtag für alle Einrichtungen mit Konsumräumen in NRW gegeben.
Die Polizei bereitet sich auf das Ankommen von Crack in Köln vor. Noch gebe es im Stadtgebiet zwar keine nennenswerten Crack-Szenen oder -Konsumorte. Auch der Verkauf von fertig hergestelltem Crack konnte die Polizei bisher noch nicht feststellen. Dennoch werde das Problem „Kokainkonsum in Form von selbst hergestelltem Crack“ bereits intern thematisiert, so Gilles.
Die Stadt Köln arbeitet aktuell bereits an einem Ausbau weiterer Suchthilfeangebote: Unabhängig von dem möglicherweise größer werdenden Problem mit Crack sollen die Zahl der Streetworker und die Öffnungszeiten des Drogenkonsumraumes erweitert werden.
Modedroge Fentanyl
In den USA hat das Schmerzmittel Fentanyl die dortige Opiate-Drogenkrise der vergangenen 20 Jahre weiter befeuert. In den letzten Jahren ist die Substanz die „Todesdroge“ Nummer eins in den Vereinigten Staaten geworden. Im letzten Jahr sollen laut Angaben von US-Behörden rund 70 000 Menschen durch eine Überdosis Fentanyl gestorben sein.Die Wirkung von Fentanyl ist laut dem Online-Arzneimittelverzeichnis „Gelbe Liste“ euphorisierend, birgt hohes Suchtpotenzial und soll bis zu 100-mal stärker sein als die von Morphium. In Deutschland fällt die Substanz damit unter das Betäubungsmittelgesetz und wird unter Anlage III eingruppiert. Damit gehört Fentanyl zu den verschreibungspflichtigen Betäubungsmitteln. In der Anlage III sind beispielsweise Opium, Methadon, Kokain, Amphetamin oder Cannabis aufgeführt. Eine Verwendung von Substanzen wie Fentanyl ohne ärztliche Verschreibung ist in Deutschland daher illegal.In deutschen Kliniken – auch in Köln – wird Fentanyl weiterhin als starkes Schmerzmittel verabreicht. Aber ist die Droge auch schon auf der Straße angekommen? Laut Polizeisprecher Christoph Gilles spielt die Droge in der Szene der Domstadt noch keine nennenswerte Rolle.