Corona-Krise für GeistlicheKölner Pfarrer Dominik Meiering zieht Bilanz
Köln – „Es kam plötzlich und es war fordernd in vielerlei Hinsicht.“ Das sagt Innenstadtpfarrer Dominik Meiering über die ersten Monate der Corona-Krise. Gerade auch für Geistliche gab es ab Anfang März viel zu organisieren. Die Folgen der Pandemie betrafen unterschiedliche Bereiche – von Kirchen über Kindergärten in konfessioneller Trägerschaft bis hin zu Altenheimen. Gottesdienste, die Erstkommunion, Hochzeiten, Beerdigungen, die Karwoche und das Osterfest – sie alle konnten nicht wie gewohnt gestaltet werden. Fantasie, Umdenken, Improvisation war gefragt.
„Von nix kommt nix“
„Von nix kommt nix“ - nach diesem Motto handelte Meiering. Zusammen mit Gemeindemitgliedern setzte er neue Ideen um – wie österliche Geschenktüten in den City-Kirchen. Über Ostern holten sich dort Tausende Kölner Tüten mit Osterkerze, Gebeten und einem Osterei. Denn: Auch wenn Gottesdienste wochenlang ausfielen, die Kirchen waren immer offen. „Dadurch, dass die Menschen nicht wie gewohnt zur Messe kommen konnten, haben wir begonnen, mehr auf sie zuzugehen“, sagt Pfarrer Meiering. Einmal wöchentlich sandte er über die Sozialen Netzwerke ein kleines Video mit einer Botschaft aus, zudem gab es einen wöchentlichen Newsletter.
„Die Resonanz auf diese Angebote, aber auch auf die Übertragung der Pfingstmesse aus St. Kolumba, hat mich bewegt“, hat der 50-Jährige festgestellt. Die vielfältigen Reaktionen hätten ihm vor Augen geführt, wie elementar wichtig es sei, dass Kommunikation auch in der Kirche in zwei Richtungen erfolge. „Normalerweise funktioniert Kirche ja häufig eher in eine Richtung“, sagt Meiering.
„Ich habe erlebt, wie dankbar die Menschen waren, wenn wir ihnen etwas gegeben und uns in ihren Dienst gestellt haben.“ Hofkonzerte oder -gottesdienste in Seniorenheimen beispielsweise gehörten zu den Angeboten, bei denen die Menschen Solidarität spürten.
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Beerdigungen dagegen seien trostlos gewesen, solange Umarmungen untersagt waren und die Trauergemeinde ganz klein bleiben musste. „Da merkt man, wie wichtig Menschen sind. Bei Wendepunkten im Leben braucht man andere Menschen“, sagt Meiering – und nimmt sich dabei nicht aus. Bei seinem ersten Gottesdienst mit Gemeindemitgliedern Anfang Mai rief er in St. Agnes spontan aus: „Schön, dass wir alle miteinander sind.“ Die Gemeinde applaudierte.
Auf existenzielle Fragen zurückgeworfen
„Die Pandemie hat mich existenziell und kirchlich auf die Frage zurückgeworfen: Was ist wichtig?“, stellt der Geistliche fest. Durch die eingeschränkten Kontakte und die weggefallenen Termine war auch der umtriebige Kunst - und Kulturfreund „mit sich selbst konfrontiert“.
Er begann Dinge in seiner Wohnung zu sortieren, ging in sich. Für ihn stellte sich diese Zeit „wie unfreiwillige Exerzitien, ein Anhalten und ein Neu-Draufschauen“ dar. Gerade am Karsamstag, dem Tag zwischen Tod und Auferstehung Jesu, habe er die bange Frage „Was wird jetzt kommen?“ besonders stark wahrgenommen.
Und noch etwas belastete den Pfarrer, der in Kunstgeschichte promoviert hat: „Die Kultur hat mir sehr gefehlt.“ Das Echte, das Wahrnehmen mit allen Sinnen, die Aura, die Feierlichkeit, Rituale – all das sei etwas, das Menschen als Ankerpunkte im Leben mit anderen teilen möchten. „Gott kommt mir im konkreten Menschen entgegen“, sagt Dominik Meiering – und freut sich sichtlich, dass die Zeit der strengen Kontaktbeschränkungen vorbei ist. Der Innenstadtpfarrer ist nach den ersten Corona-Monaten mehr denn je überzeugt: „Was man nicht teilt, das ist nix.“