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Drama in Köln-WorringenNachbarn erstochen – Angreifer muss in Klinik

Lesezeit 3 Minuten
In diesem Haus kam es zu der Tragödie.

In diesem Haus kam es zu der Tragödie.

Weil er sich in wahnhafter Verkennung der Wirklichkeit in einer Notsituation wähnte, erstach ein 31-Jähriger im vergangenen Oktober einen Nachbarn, der nur helfen wollte.

Am Mittwoch ordnete die Erste Große Strafkammer am Landgericht in dem Totschlagprozess die dauerhafte Unterbringung des Angeschuldigten in einer Psychiatrie an. Aufgrund einer akuten psychotischen Episode habe der 31-Jährige die Tat im schuldunfähigen Zustand begangen. Der 31-Jährige bereute die Tat im Prozess sehr. Er habe sehr schwer daran zu tragen, hatte er im letzten Wort des Prozesses gesagt.

Am 11. Oktober 2023 hatte der Beschuldigte in seiner Wohnung in einem Mehrfamilienhaus in Worringen einen schweren psychotischen Schub erlitten. Der Mann randalierte in seiner Wohnung, 60 Stunden sei er dort eingesperrt gewesen, habe er im Wahn damals geglaubt. Vier Peiniger hätten ihn dort aushungern und verdursten lassen wollen. „Der Angeschuldigte hatte Todesangst, war verzweifelt und schrie“, sagte der Vorsitzende Achim Hengstenberg. Wie wirklich die wahnhaft verkannte Realität des Beschuldigten gewesen sein muss, davon habe die völlig zerstörte Wohnungstür gezeugt. Diese sei von innen unter größter Kraftanstrengung aufgebrochen und völlig zerstört worden.

Mit einem Küchenmesser mit 20 Zentimeter langer Klinge sei der 31-Jährige dann in den Hausflur gegangen und habe geschrien: „Ich stech'“ euch alle ab!“

Von dem Radau geweckt, war das Opfer ins Treppenhaus getreten. „Er wollte deeskalieren, fragte: ,Was ist denn los?'“, beschrieb Hengstenberg die Situation. Und weiter: „Der Angeschuldigte befand sich aber in einer anderen Wahrheit und in einer anderen Realität und glaubte, einer seiner vier Peiniger komme auf ihn zu.“ Der 31-Jährige habe mit dem Messer zugestochen und das Herz seines Nachbarn getroffen, woraufhin dieser zusammengebrochen und die Treppe hinabgestürzt sei. Noch am Tatort war der Mann verstorben.

Angeklagter nahm häufig Drogen

„Es ist im Prozess viel um Realität und Wahrheit gegangen“, sagte der Vorsitzende. Der Richter zeigte sich aber überzeugt, dass im Zentrum des Falls der Begriff „Tragödie“ stehe. „Sie wussten nicht, dass Sie Unrecht tun, da Sie dachten, sich zu verteidigen“, sagte der Vorsitzende an den 31-Jährigen gewandt. Tragisch sei sicherlich auch gewesen, dass es am Abend zuvor noch einen Polizeieinsatz bei dem 31-Jährigen gegeben hatte, nachdem dieser mit einem Suizid gedroht haben soll. Ein Notarzt hatte aber keine einstweilige Unterbringung angeordnet.

„Sie sind an dieser Tat nicht schuld“, sagte Hengstenberg. Und weiter: „Es sind aber auch nicht andere schuld.“ Für eine Unterbringung zur Bewährung sah das Gericht keinen Raum. Zwar sei der 31-Jährige krankheitseinsichtig und bereit zu einer Therapie. Auch habe er sich in der Vergangenheit selbst wiederholt um Hilfe bemüht und gelte unter Ärzten als „Musterpatient“. Das „feste Hilfekorsett“, das der 31-Jährige brauche, um seine paranoide Schizophrenie und seinen problematischen Drogenkonsum in den Griff zu bekommen, gebe es nur in einer Psychiatrie. Der 31-Jährige hatte im Prozess gesagt, seit Jahren täglich Cannabis und Amphetamin konsumiert zu haben.

Ein Sachverständiger hatte festgestellt, dass die Psychose des 31-Jährigen nicht auf die Drogen zurückzuführen sei. Dennoch zeigte sich das Gericht überzeugt, dass sie eine Rolle spielten in der Tragödie. Cannabis wirke dämpfend auf das Gehirn, Amphetamin hingegen stimulierend: „Damit fühlen sich viele Gehirne überfordert.“