Schulexpress statt Eltern-TaxisAnna-Langohr-Schule will Kinder zum Gehen motivieren
Köln-Chorweiler – Seit kurzem finden sich an mehreren Stellen in Volkhoven/Weiler ungewohnte blaue Haltestellenschilder, auf denen bunte Lettern auf den „Schulexpress“ zur Anna-Langohr-Schule hinweisen, so etwa auch an der Kreuzung von Donatusweg und Weilerweg. Doch mit „Schulexpress“ ist weder Bus noch Bahn, noch sonst ein motorisiertes Gefährt gemeint – es handelt sich dabei um einen sogenannten „Laufbus“.
Treffpunkte für Kinder auf dem Schulweg
Die Haltestellen sind Treffpunkte an denen sich die Schüler der Anna-Langohr-Schule aus der jeweiligen Umgebung sammeln können, um gemeinsam zu Fuß zur Schule zu gehen. Die Idee, den Schulexpress an der Anna-Langohr-Schule einzuführen, geht auf Lena Bahr zurück, die als Sozialarbeiterin der Katholischen Jugendagentur an der Schule tätig ist.
„Wir sind vor gut einem Jahr in den Schulneubau in Volkhoven/Weiler gezogen, nachdem die Schule 60 Jahre lang im Lebensbaumweg in Heimersdorf ansässig war“, sagt sie. „Damals gab es einen Schulbus, der die Kinder ins Nachbarviertel brachte. Jetzt liegt die Schule in der Nachbarschaft, aber auch an einer Straße, weswegen viele Eltern jetzt aus Sorge um die Sicherheit ihrer Kinder dazu übergegangen sind, sie mit dem Auto bis vors Schultor zu bringen.“
„Elterntaxi“-Problematik besteht an vielen Schulen
Die an vielen Schulen zu beobachtende „Elterntaxi“-Problematik ist somit nun auch an der Anna-Langohr-Schule ein Thema. „Um Zeit zu sparen halten die Eltern gleich am Drängelgitter, um ihre Kinder abzusetzen. Weil aber genau da die übrigen Schüler morgens vor Schulbeginn auf das Gelände kommen, entstehen so unübersichtliche, chaotische Situationen, dass wir uns ernsthaft Sorgen um die Sicherheit machen“, so Meike Welschoff, die Leiterin der Anna-Langohr-Schule.
Das Attentat und Anna Langohr
Die Anna-Langohr-Schule zog im Herbst 2021 in ihr neues Gebäude am Fühlinger Weg in Volkhoven/Weiler - 57 Jahre nach dem Attentat im Jahr 1964, als ein geistig verwirrter Mann acht Kinder und zwei Lehrerinnen mit einem Flammenwerfer an der damaligen Volksschule in Volkhoven/Weiler tötete. Die Schule zog daraufhin nach Heimersdorf. Bei der furchtbaren Tat hatte sich die Lehrerin Anna Langohr schützend vor Kinder gestellt. Sie wurde dabei lebensgefährlich verletzt und musste vier Monate im Krankenhaus behandelt werden. In den Schuldienst kehrte sie nie mehr zurück. Nach ihrem Tod im Jahr 1990 wurde die Grundschule nach ihr benannt.
Die Haltestellen des Schulexpresses sollen den Eltern der Schüler nun alternative Anlaufpunkte zum Absetzen bieten, oder diese ermutigen, ihre Kinder gleich zu Fuß zur Schule gehen zu lassen. „Wenn Kinder ihren Schulweg allein zurücklegen, fördert das das Selbstbewusstsein und verschafft ihnen praktische Erfahrungen mit dem Straßenverkehr“, sagt Bahr.
Elterininitative aus Bremen erfand walking bus
Übernommen hat die Schule das Modell des Schulexpresses von einer Elterninitiative aus Bremen, die vor 18 Jahren von Verena Nölle ins Leben gerufen worden war. „ Als damals unsere älteste Tochter eingeschult wurde, herrschte morgens so ein Chaos vor der Schule, dass wir uns überlegt haben, wie wir dieses Problem beheben können“, erinnert sich Nölle, die zur Einweihung des neuen Schulexpresses nach Weiler/Volkhoven gekommen war. „Dabei kamen wir auf das Modell des „Walking Bus“, wie es ihn damals schon in englischsprachigen Ländern gab.“
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Nachdem sich der erste Schulexpress an der Schule ihrer Tochter bewährt hatte, machte das Konzept schnell Schule: Zunächst übernahmen 20 Schulen im Raum Bremen das Modell, inzwischen sind es bundesweit 160 Schulen – vor allem in Niedersachsen und Schleswig-Holstein, aber auch in Brandenburg, Berlin und seit kurzem in Hessen. In NRW ist die Anna-Langohr-Schule die erste Schule mit Schulexpress. Nölle, die für ihr Engagement für den Schulexpress mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet wurde, weiß inzwischen viel darüber, warum das Phänomen der „Eltern-Taxis“ so ein Gefahrenpotenzial hat: „Es ist ja immer nur eine Minderheit der Eltern, die ihre Kinder mit dem Auto bringen. Aber wenn 75 Autos in diesen zehn Minuten vor acht Uhr eine Schule gleichzeitig ansteuern, dann entsteht eine Situation wie auf der Autobahn.“