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Nachruf auf Kölner KinderarztEr war Kümmerer, Institution und Ratgeber für drei Generationen

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Kinderarzt Detlev Geiß in seinem Arbeitszimmer.

Detlev Geiß in seinem Arbeitszimmer: Als Kinderarzt stellte er über Jahrzehnte eine gute Seele Chorweilers dar.

Weit über drei Jahrzehnte war Detlev Geiß in Chorweiler als Kinderarzt tätig und hat Generationen beim Aufwachsen begleitet. Ein Nachruf

Für die Menschen im Stadtteil Chorweiler ist es ein ganz besonders schmerzhafter Verlust: Detlev Geiß, der über Jahrzehnte als Kinderarzt in Chorweiler tätig war, ist am 9. Juli gestorben.

Gut 35 Jahre lang war seine Praxis in der Florenzer Straße für die Familien des Viertels die erste Anlaufstelle, wenn es um die Gesundheit ihrer Kinder ging. Nach einer Anstellung an der Kölner Uni-Klinik hatte der in Köln-Deutz aufgewachsene Kinderarzt die Praxis 1983 übernommen.

Engagement des Kinderarztes über medizinische Behandlung hinaus

Über die Jahre hinweg hat er sich durch seine freundliche, offene Art und hingebungsvolle Einsatzbereitschaft das Vertrauen der aus vielen Nationen und Kulturen stammenden Menschen Chorweilers erworben. In manchen Familien soll er so bis zu drei Generationen behandelt und bis ins Erwachsenenalter begleitet haben.

Sein Engagement für die Kinder des Stadtteils reichte über seine Arbeit hinaus: 1996 gehörte er zu den Gründungsmitgliedern des Vereins Kindernöte, der sich für die Verbesserung der Lebensumstände Chorweiler Kinder einsetzt, und blieb bis zuletzt in dessen Vorstand tätig.

Von 2008 bis zu seinem Ruhestand war er gemeinsam mit seiner Praxispartnerin Ute Stolle der einzige in Chorweiler praktizierende Kinderarzt. 2017 zog er sich vom Berufsleben zurück, nachdem er lange Zeit nach einem Nachfolger hatte suchen müssen.

Bernd Meyer, Vater eines früheren Patienten, erinnert sich an Geiß als „ganz hervorragenden Arzt, der immer ein offenes Ohr für alle Familien hier im Kölner Norden hatte“, sagt er. Da sein Sohn schwerbehindert ist und regelmäßig bei Geiß in Behandlung war, hatte sich über die Jahre ein vertrauensvolles Verhältnis entwickeln können.

Unermüdlicher Einsatz für die Impfbereitschaft

„Geiß war jemand, der auch samstagabends um 22 Uhr noch anrief, wenn es etwa darum ging, neue Blutwerte bekannt zu geben“, sagt er. Als Berater der Ständigen Impfkommission habe ihm besonders das Impfgeschehen in Chorweiler am Herzen gelegen, weiß Meyer. „Er hat immer wieder Impfungen durchgeführt und unermüdlich für sie geworben, um die Impfbereitschaft zu fördern“, sagt er.

„Allein damit hat er sehr viel für die Gesellschaft geleistet.“ Privat sei er ein genügsamer Mensch gewesen. „Im Urlaub ist er nie weggefahren, sondern ist stattdessen im Kanu über den Fühlinger See gepaddelt.“

Sein Tod hat große Anteilnahme ausgelöst – nicht nur in den sozialen Medien, sondern auch bei vielen Institutionen, wie beim Sportverein DJK Wiking Köln, für den er 20 Jahre lang ambulante Herzsportgruppen betreut hatte. „Er war Kümmerer und Institution, Ratgeber und Anlaufstelle für drei Generationen“, heißt es im Nachruf auf der Homepage von Kindernöte. „Wir trauern um einen Menschen mit einem überaus großen Herz“, sagt Ingrid Hack, Geschäftsführerin des Vereins.

Detlev Geiß wurde 75 Jahre alt. Er hinterlässt seine Ehefrau, fünf Kinder und sechs Enkelkinder.